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Veranstaltungstipps
Tipps für Genuss-Events in der Pfalz: Das VielPfalz-Team recherchiert für Sie empfehlenswerte Veranstaltungen in der Pfalz, die vielfältigen Genuss versprechen – von der Weinprobe über die Städteführung bis zum Fest, Markt oder Konzert. Welches Event Sie auch immer anspricht, wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!
Betrachtungen von Janina Huber, die sich um jene Momente drehen, in denen wir mit Achtsamkeit dem Lärm der Welt entfliehen.
Foto: Richard Stachmann/Unsplash
Die Welt um uns herum ist aktuell ganz schön laut. Eine Nachricht über Krisen und Katastrophen jagt die nächste. Selbst in unserer eigentlich heilen Pfalz dröhnt dieser Lärm. Also am besten den Kopf in den Sand stecken oder – Pfälzisch alternativ – die Nase tief in den Duft eines Rieslings versenken? Hört sich verlockend an, ist aber vermutlich auch nicht die einzig richtige Lösung. Wie kann man also gut umgehen mit dem Lärm, der rund um uns ertönt?
Den Moment bewusst erleben
Achtsamkeit kann ein Schlüssel sein. Das klingt erstmal nach fernöstlicher Lehre, ist aber eigentlich etwas ganz Bodenständiges: Den Moment bewusst erleben, statt gedanklich ständig in Zukunft zu entfliehen oder in der Vergangenheit festzuhängen. Praktisch heißt es: Mit allen Sinnen wahrnehmen, was gerade ist, ohne es direkt zu bewerten. Das kraftvolle Rauschen der Blätter im Wald, das satte Grün der Weinberge, der Blütenduft des Sommers – einfach mal genau hinhören, sehen, riechen.
Einfach da sein
Wissenschaftlich ist belegt, dass Achtsamkeit Stress reduziert und das psychische Wohlbefinden stärkt. Man wird gelassener, ausgeglichener. Oft bemerkt man erst mit achtsamem Blick, wie viel Schönes einem zu Füßen liegt. Ganz besonders in der Pfalz! Hier fällt es leicht, seine Achtsamkeit auf die Umgebung zu lenken und kleine Fluchten aus dem Trubel der Welt zu finden. Und zwar nicht nur im Naturerlebnis: Gehen Sie mal achtsam aufs Weinfest. Jeden Schluck Schorle genießen. Zufriedene, vertraute Gesichter studieren. Sich voll und ganz auf ein Gespräch einlassen. Einfach da sein.
Einen kühlen Kopf bewahren
Alles Momente, in denen wir mit Achtsamkeit den Lärm der Welt hinter uns lassen können. Sie bieten sich uns in der Pfalz genug. Zum Glück! Und trotzdem kreist im Hinterkopf die Frage weiter, ob es eigentlich in Ordnung ist, die Welt und ihre Probleme einfach auszublenden. Ob es richtig ist, den tosenden Lärm im bewusstem Hier und Jetzt schlicht zu überhören. Ich sage: ja. Mehr noch, wir müssen das hin und wieder tun. Denn Achtsamkeit ist kein dauerhafter Rückzug aus der Welt, sondern eine Stärkung der eigenen Seele. Wer innerlich gefestigt ist, kann auch anderen besser beistehen und sich engagiert einbringen. Gerade jetzt, wo es um uns herum ungemütlicher wird, sollten wir die Stärken unserer Region für uns nutzen, sie achtsam genießen und so einen kühlen Kopf bewahren – mit einem zuversichtlichen Blick auf die Zukunft.
Die Autorin
Janina Huber, 1989 in Bad Dürkheim geboren, hat Geschichte, Latein und Philosophie studiert. Ihre Leidenschaft für Wein machte die pfälzische Weinkönigin 2013/2014 und Deutsche Weinkönigin 2014/2015 längst zum Beruf. 2018 startete sie als selbstständige Weinfachfrau mit den Schwerpunkten Moderation und Kommunikation. Weinkurse und Workshops für Profis und Liebhaber bei der Weinschule „Grape skills“ in Heidelberg sind jetzt ihre Hauptbeschäftigung.
Monji El Beji, Sänger der Bands „Fine R.I.P.“ und „Woifeschdkänisch“ und für ein Jahr zum Markenbotschafter der „Pfälzer Grumbeer“ gekürt, hat sich zur Kartoffel einen …
Tipps für Genuss-Events in der Pfalz: Das VielPfalz-Team recherchiert für Sie empfehlenswerte Veranstaltungen in der Pfalz, die vielfältigen Genuss versprechen – von der Weinprobe über die Städteführung bis zum Fest, Markt oder Konzert. Welches Event Sie auch immer anspricht, wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!
Wie werden aus neugierigen Pfälzern echte Forscher? Durch Citizen Science: Ob im Wald, im Garten, Zuhause oder mit Forschern im Labor – wir zeigen interessante Bürgerforschungsprojekte, bei denen alle mitmachen können. Denn wenn Laien und Profis gemeinsam loslegen, wird es spannend – für sie und für die Pfalz.
Foto: Erik Karits/Unsplash
Citizen Science? Wie bitte? Bürgerforschung? Immer noch wissen nur wenige damit etwas anzufangen. Doch wenn Menschen begeistert davon berichten, wie sie Tiersichtungen und Pflanzenarten melden oder wie sie mitten in der Pfalz medizinische Geräte mitentwickeln, steigt das Interesse schnell. Alle diese Projekte der Bürgerforschung, wie Citizen Science auch heißt, haben eines gemeinsam: Sie sind mittendrin in der Wissenschaft statt nur hobbymäßig an der Seitenlinie dabei.
Zusammenarbeit auf Augenhöhe
Wofür steht Citizen Science denn nun genau? Der Kern ist einfach: Bürger beteiligen sich aktiv an der Forschung, idealerweise von Anfang bis Ende. Bei manchen Vorhaben bestimmen sie sogar, woran geforscht werden soll. Viele Projekte setzen auf Natur- und Tierbeobachtung. Wissenschaftler prüfen anschließend Daten, werten sie aus und kommen so zu neuen Erkenntnissen – die die Bürgerforscher natürlich erfahren. Sie bringen ihre Erkenntnisse, Ideen und Wissen mit ein. Die Zusammenarbeit von Forschern und Bürgern erfolgt auf Augenhöhe. Das ist das zentrale Prinzip.
PROJEKTVIELFALT Bürgerforscher sind in vielen wissenschaftlichen Bereichen aktiv – Schwerpunkte sind häufig Fauna und Flora. Fotos: Pascal Bullan/Unsplash / PfalzTouristik e.V./Fachenbach Medienagentur (2)
Denkblockaden überwinden
„Ohne fundierte akademische Ausbildung ist doch seriöse Wissenschaft gar nicht möglich!“ Immer noch zweifeln Experten die zusammen mit Bürgerforschern erzielten Ergebnisse an, beklagen die Autoren des „Weißbuch Citizen-Science-Strategie 2030 für Deutschland“. Und das, obwohl bewiesen wurde, dass Citizen Science valide Daten hervorbringt. Doch wenn die Skeptiker ihre Denkblockaden überwinden, dann sehen sie das riesige Potenzial und die gesellschaftliche Relevanz. Wenn Bürgerforscher und Wissenschaftler zusammen Projekte auf die Beine stellen, wirkt die Schwarmintelligenz.
Science braucht Bürgerforschung
Im Grunde gab es Citizen Science schon immer, denn der Mensch ist neugierig. Forschende Laien legten den Grundstein für die modernen Wissenschaften. Sie organisierten sich in naturkundlichen Vereinigungen wie der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung, die bereits im frühen 19. Jahrhundert gegründet wurde und bis heute existiert. Bürgerforschung hat ganz aktuell sogar eine wichtige soziokulturelle Komponente. Es wächst das Bewusstsein im wissenschaftlichen Elfenbeinturm, dass die Bürger ein Anrecht auf die Erkenntnisse haben. Und zwar so, dass sie sie auch verstehen. Denn schließlich fließt viel Steuergeld in die Forschungseinrichtungen. Hätten sich Wissenschaftler das früher zu Herzen genommen, gäbe es heute womöglich weniger Raum für Klimaleugner oder Verschwörungsmythen.
Vertrauen in Wissenschaft stärken
Einer der engagiertesten Verfechter von Citizen Science ist Professor Dr. Johannes Vogel, Generaldirektor des Museums für Naturkunde Berlin. Er warnt: Es sei fünf vor zwölf für die Wissenschaft. Die Demokratisierung der Wissenschaft wurde, mit den bekannten Folgen, Jahrzehnte lang vernachlässigt. Derzeit nehmen die Angriffe auf die Wissenschaft zu. Citizen Science ist ein Weg, das Vertrauen in Wissenschaft zu stärken, ihre Relevanz sichtbar zu machen und vor allem: Erkenntnisse in der Gesellschaft zu verankern. Dank Internet und vor allem dem Smartphone erlebt Citizen Science einen rasanten Aufschwung. Weit mehr als 200 Projekte gibt es allein in Deutschland. Das ständig verfügbare Smartphone dient als Forschungsinstrument und Datensammler, liefert Bilder, Videos und Ortsbestimmungen. Apps und Webseiten kommen dazu, um die Daten hochzuladen oder um Mitteilungen zu schicken. Und die sozialen Medien sorgen mit ihrer Reichweite dafür, dass Citizen-Science-Projekte bekannter werden.
Pfälzer forschen für die Pfalz
Um den Menschen das Bürgerforschen schmackhaft zu machen, muss das Projekt Spaß und Sinn machen und der Aufwand sich in Grenzen halten. Denn schließlich machen das alle ehrenamtlich. Die spannendsten und interessantesten Projekte, an denen Pfälzer teilnehmen können und die der Pfalz nützen, stellen wir hier vor. Alle Projekte sind aktuell und offen für neue Bürgerforscher.
Arten auf der Spur: Das Citizen-Science-Projekt „ArtenFinder“ aus Rheinland-Pfalz startete schon 2011. Über ein Meldeportal oder über eine Handy-App können Bürger nach Registrierung Tier-, Pflanzen- und Pilzsichtungen melden. Warum sollten sie das tun? Weil alle Sichtungen, die aus unserem Bundesland kommen, von entsprechend qualifizierten Bürgerforschern und von Wissenschaftlern geprüft werden und in den amtlichen Naturschutz einfließen. Dadurch leisten Bürger einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Natur in der Pfalz. Die Daten stehen allen angemeldeten Nutzern im „ArtenFinder“ zur Verfügung, sowohl in der Arten-Analyse als auch bei Lanis, dem Geoportal der Naturschutzverwaltung Rheinland-Pfalz. Langfristig soll „ArtenFinder“ helfen, dem Schwund der Arten entgegenzuwirken.
Mit Meldeaufrufen widmet sich „Artenfinder“ besonderen Tierarten, dieses Jahr unter anderem dem Gartenrotschwanz (links). Das hängt mit dem Vogel des Jahres zusammen, dem Hausrotschwanz. Per Handy-App melden Pfälzer ihre Tiersichtungen, die dann von Experten überprüft und in amtliche Datenportale eingebettet werden. Fotos: Stiftung Natur und Umwelt RLP (2)
Mit sogenannten Meldeaufrufen setzt Susanne Müller von der Stiftung Natur und Umwelt RLP, dem Projektträger, Schwerpunkte für „ArtenFinder“. Zum Beispiel ergab der Aufruf zur seit 2022 eingeschleppten asiatischen Hornisse (Vespa Velutina) rund 2800 akzeptierte Meldungen von Bürgerforschern über Sichtungen und Nester. Aus diesen Daten kommen Erkenntnisse zu Verbreitung und Aufkommen. Ein aktueller Meldeaufruf bezieht sich auf Sichtungen des bedrohten Gartenrotschwanzes.
Die „ArtenFinder“-Leiter Susanne Müller und Henrik Geyer aus Mainz machen zudem Bildungsangebote mit Veranstaltungen und Exkursionen und haben „Kinder-Artenfinder“ ins Leben gerufen. Um selbst Artenfinder zu werden, melden Sie sich auf der Webseite an, laden Sie ein Foto von Tier, Pflanze oder Pilz mit Angabe von Fundort und Fundtag hoch, wählen den Artnamen aus einer Liste aus – und schon sind Sie Bürgerforscher und Teil der Gemeinschaft. Schritt für Schritt erklärt das rheinland-pfälzische Citizen-Science-Projekt, wie man vorgeht.
Vögel finden: Zur gemeinsamen Vogel-Beobachtung für die Wissenschaft ruft die Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (Gnor) auf. Ziel ist hier, verlässliche Daten darüber zu bekommen, wie sich die Vogelbestände entwickeln. Zudem soll mit Hilfe der Bürgerforscher herausgefunden werden, ob und wie die Schutzmaßnahmen greifen. Aktuell interessiert sich die Gnor für das Monitoring häufiger, seltener und rastender Brutvögel. Das Beobachten und Melden häufiger Brutvögel ist mit über 20 Jahren Laufzeit eines der älteren noch aktuellen Citizen-Science-Projekte. Dabei geht Martin von Roeder von der Projektleitung so vor, dass in Rheinland-Pfalz rund 150 Probeflächen ausgewiesen sind. Die Bürgerforscher beobachten dort vor allem in der Brutzeit von März bis Juni die Vögel. Sie müssen dafür entsprechend geschult sein und sollten bereits Vögel beobachtet haben. Für das Projekt häufiger Brutvögel muss man zum Beispiel in der Lage sein, in den Probeflächen Vögel zu erkennen, optisch wie akustisch. Bei seltenen Brutvögeln wie Rebhuhn oder Specht gehen die Citizen Scientists mit Lautsprechern los, um sie anzulocken. Das ist Aufwand. Martin von Roeder wünscht sich deshalb, dass sich mehr Pfälzer am Vogelmonitoring beteiligen. Er freut sich über eine Mail (martin.vonroeder@gnor.de oder vogelmonitoring@gnor.de).
Die Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz interessiert sich für Sichtungen von Brut- und Wasservögeln, hier ein Buchfink. Foto: Lothar Lenz
Die Daten kommen nicht nur dem Land zugute, die Gnor stellt auch als Karte dar, wo welche Vögel beobachtet wurden. Im jüngsten Jahresbericht von 2023 steht, dass besonders viele Beobachtungen im Rheingraben gemacht wurden, deutlich weniger im Pfälzerwald. Eine Bürgerforscherin, die im Pfälzerwald aktiv war, ist Anja A. „Im Wald hatte ich den Zilpzalp schon häufig wahrgenommen, bisher jedoch immer nur akustisch. Deshalb war es eine schöne Überraschung, dass ich ihn bei meiner zweiten Begehung im April zum ersten Mal zu Gesicht bekam“, heißt es in den Erlebnisberichten. Gibt es eine schönere Motivation, um Bürgerforscherin zu werden?
In Workshops schulen Experten von „Gnor“ die zukünftigen Bürgerforscher, denn diese sollen bestimmte Vogelarten erkennen. Dazu ist Vorwissen nötig. Foto: Heide Weibel
Bürger entwickeln Orthesen: In Kaiserslautern startete 2024 ein Projekt, das Citizen Science konsequent umsetzt: Es sollen medizinische Alltagshilfen entwickelt werden. Und wer weiß das besser als Betroffene, Angehörige oder Helfer? „Bewegungsforscher“ heißt das Projekt, eine Kooperation von der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) und dem Leibniz-Institut für Verbundwerkstoffe (IVW). In Workshops, zu denen jeder Zugang hat, fragten Wissenschaftler, bei welchen medizinischen Hilfen die Teilnehmer das größte Verbesserungspotenzial sehen. Das waren Orthesen. Die Bürger bestimmten also das Forschungsobjekt.
Ziel ist nun, zusammen mit den sogenannten Bewegungsforschern, eine smarte Fußhebe-Orthese bis zum fertigen Produkt zu entwickeln. Etliche Workshops sind dazu notwendig, wobei sich eine Kerngruppe gebildet hat, zusätzlich beteiligen sich je nach Interesse immer wieder auch andere Bürger, erläutert Chantal Momber von der RPTU. Etwa 15 bis 20 Personen nehmen an den Workshops teil, der nächste findet am 18. September 2025 statt. In diesem Workshop soll das Projekt den Schritt von der Konzeptphase zur konkreten Designentwicklung machen. Vorkenntnisse braucht man nicht. Wer Interesse hat, in Kaiserslautern live mitzuforschen oder einfach Citizen Science in Aktion zu erleben, meldet sich mit einem Webformular an.
Hier zeigt Citizen Science vorbildlich, was Wissenschaft und Bürger leisten können, wenn sie zusammenarbeiten. Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt im Zuge der Bund-Länder-Initiative „Innovative Hochschule“ gefördert. Das Projekt wird in der Offenen Digitalisierungsallianz Pfalz umgesetzt. So konsequent handelt kaum ein anderes Citizen-Science-Projekt: In allen Phasen nehmen „Bewegungsforscher“ aktiv teil.
Die Technische Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) hat Bürger eingeladen, zu entscheiden, welche medizinische Alltagshilfe entwickelt werden soll. Die Wahl fiel auf eine smarte Fußhebe- Orthese (unten). Fotos: Referat Transfer, Innovation und Nachhaltigkeit der RPTU (3)
Kulturelles Erbe erlebbar machen: Wissenschaftler lieben Abkürzungen: „KuLaDig“ steht für Kultur. Landschaft. Digital. – ein Informationssystem des Landschaftsverbands Rheinland (LVR) über die historische Kulturlandschaft und das landschaftliche kulturelle Erbe. Beheimatet in Nordrhein-Westfalen, macht der rheinland-pfälzische Ableger mit viel Aktion auf sich aufmerksam. Ziel ist es, die kulturelle Vielfalt in Rheinland-Pfalz systematisch digital zu erfassen und so für die Öffentlichkeit aufzubereiten. In Rheinland-Pfalz gibt es das Landesprojekt „Digitale Erfassung und Präsentation von Kulturlandschaften in Rheinland-Pfalz – KuLaDig-RLP“ sowie seit 2022 das „KuLaDig-Kompetenzzentrum“ an der SGD Süd. Das Landesprojekt fördert ausgewählte Modellkommunen, das Kompetenzzentrum ist Ansprechpartner für alle Interessenten.
Bürger können dem Kompetenzzentrum Texte und Fotos zu Objekten liefern, die es in „KuLaDig“ noch nicht gibt. Seit 2002 kamen in Rheinland-Pfalz rund 4000 Objekte zusammen. Die Online-Karte offenbart, dass die Klosterkirche Eußerthal mit dabei ist, die historische Walddusche bei Gleisweiler oder etliche Rittersteine im Pfälzerwald. Das wissenschaftliche Team um Professor Dr. Michael Klemm von der Universität Koblenz erstellt seit 2019 zusammen mit den Kommunen nach deren Bewerbungen Konzepte für Rahmenthemen und Geschichten rund um die Objekte, unter anderem mit historischen Fotos, Audio- und Videoclips, 360-Grad-Räumen, Storymaps, Online-Stories und 3D-Rekonstruktionen.
Citizen Science kommt hier vor allem in Zusammenarbeit mit Kommunen ins Spiel, die unter Anleitung von „KuLaDig-RLP“ Beiträge in Rheinland-Pfalz zusammen mit den Bürgern selbst erstellen. Besonders wertvoll dafür sind Menschen, die sich bereits für die Erhaltung des kulturellen Erbes einsetzen, Orts-Chroniken schreiben oder Stadtführungen anbieten. In zwölf Schritten führt das Projekt-Team die Kommunen an das Projekt heran.
Eine „KuLaDig“-Gruppe wandelt hoch über Neustadt an der Weinstraße auf den Spuren von Robert Schuman. Auch Biografien sind wie kulturell wertvolle Objekte interessant. Fotos: Kai Mehn
Projektleiter Klemm brennt für „KuLaDig Rheinland-Pfalz“: „Mich beeindruckt immer wieder, dass in jedem Ort Menschen wohnen, die sich seit Jahren, teilweise Jahrzehnten, mit der Ortsgeschichte beschäftigen. Und zwar unfassbar engagiert im Ehrenamt. Es ist uns ein großes Anliegen, das zu fördern und somit die tolle Arbeit dieser Menschen sichtbar zu machen.“ Für das Jahr 2025 hat sich das „KuLaDig“-Team in Rheinland-Pfalz etwas Besonderes ausgedacht. Sie forschen nach Spuren, die außergewöhnliche Menschen in Kommunen hinterlassen haben. „Lebenswege der Geschichte – Biografische Spurensuche“ heißt das Projekt. Alle ausgewählten Objekte einer Kommune müssen diesen biografischen Bezug haben.
Neustadt an der Weinstraße hat sich dafür mit der historischen Person Robert Schuman erfolgreich beworben. Schuman war im Zweiten Weltkrieg bei der Résistance und ab 1941 unter anderem in Neustadt in Gestapo-Haft. Anfang Juni fand in Neustadt eine erste Begehung mit dem „KuLaDig-RLP“-Team statt. Es setzt sich aus Studierenden der Universität Koblenz, dem kommunalen Team und Bürgerforschern zusammen. Auf den Spuren von Robert Schuman schaute man, wie diese historische Person im Stadtbild präsenter werden kann. Vieles weiß man noch nicht, zum Beispiel wie und auf welchem Weg Schuman 1942 die Flucht gelang. Später, als französischer Außenminister, war er Europäer der ersten Stunde und trieb die Aussöhnung mit Deutschland voran. Gesichertes historisches Wissen und Dokumente aus Archiven sind die erste Quelle, dann kommt Citizen Science ins Spiel: Wer weiß etwas davon oder kennt jemanden, der jemanden kennt?
Weitere Projekte – Aus der Welt für die Pfalz: Die meisten Citizen-Science-Projekte kommen nicht aus der Pfalz, doch Pfälzer können mitmachen und die Erkenntnisse kommen der Pfalz zugute. Das konsequenteste Bürgerforschungsprojekt hat das Museum für Naturkunde Berlin angestoßen. Jeder ist aufgefordert, mit eigenen Objekten plus damit verbundener persönlicher Geschichte eine digitale Sammlung zu Umweltveränderungen zu erweitern. „Natur der Dinge. Eine partizipative Sammlung des Anthropozäns“ heißt das Projekt. Zusammen mit dem Muséum national d’Histoire naturelle Paris entsteht eine digitale Sammlung. Es gibt eine Kachel- und eine Kartenansicht. Man findet etwa Bilder von einer alten Kutsche, einer Sense, einem Bluetooth-Lautsprecher als Plüschtier oder eine Halskette.
Jeder kann bei „Natur der Dinge“ Bilder von Objekten hochladen, die ihm etwas bedeuten und ihre Geschichte dazu erzählen. Screenshot: changing-nature.org/de
Die Objekte der Bürger erfüllen drei Vorgaben: Sie müssen aus der Vergangenheit stammen, einen persönlichen Bezug zu ihnen haben und etwas über die Veränderungen unserer Umwelt erzählen. Wobei Elisabeth Heyne vom Museum für Naturkunde Berlin betont, dass sie kein Objekt ablehnt: „Wir haben bewusst keinen Ausschlussmechanismus, weil wir ganz offen erfahren wollen, was Bürgerforscher unter Natur verstehen. Ein 15-jähriger Junge schickt beispielsweise einen Screenshot aus einem Videospiel. Für ihn sagt das etwas über Natur aus.“ Hier lernen Wissenschaftler von den Bürgern statt umgekehrt. Es macht großen Spaß, in der Digitalsammlung von Bürgern für Bürger zu stöbern. Übrigens: Pfälzer sind bisher noch nicht vertreten – wer möchte anfangen?
Gewässer erforschen: Mehr als 90 Prozent der untersuchten Fließgewässer in Deutschland geht es laut Umweltbundesamt schlecht. Trotzdem fehlen noch ausführliche Daten darüber und damit ist das ein Thema für Citizen Science. So wundert es nicht, dass sich einige Bürgerforschungs-Projekte dieser Problematik annahmen.
„CrowdWater“ kommt aus der Schweiz und hat das Ziel, zusammen mit den Bürgerforschern die Vorhersage von Trockenheit oder Überschwemmung zu verbessern. Herzstück von „CrowdWater“ ist eine App für die Dateneingabe. Tatsächlich hilft sie dabei, Wasserstände zu ermitteln, Bodenfeuchte oder Plastikverschmutzung zu dokumentieren und andere Daten von Fließgewässern zu ermitteln – mit Hilfe der Anleitungen schafft das so gut wie jeder. „CrowdWater“ geht bei der Prüfung der Daten einen anderen Weg als üblich: Es wurde ein Online-Spiel entwickelt, um die Qualität der Messungen zu kontrollieren und zu verbessern. Die Bürgerforscher schauen sich sozusagen per Gamification gegenseitig über die Schulter. Die Daten stehen übrigens allen zur Verfügung, es existiert sogar eine Möglichkeit, sie sich vom Server herunterzuladen. Seit dem Start 2017 gab es rund 60.000 Meldungen für 10.000 Orte. Und die Pfalz? Arian W. hat im Mai 2025 den Eisbach bei Eisenberg untersucht. Der Rest der Pfalz ist Diaspora. Liebe Pfälzer: Da ist noch Luft nach oben.
Für „Crowd-Water“ messen und dokumentieren Bürgerforscher den Zustand von Gewässern. Vorkenntnisse sind keine nötig, die Handy-App zeigt, wie es geht. Foto: CrowdWater
Um Fließgewässer geht es bei „Flow“. Ziel ist es, den Zustand kleiner Bäche zu untersuchen und zu bewerten. Dafür werden Gewässerverlauf, Uferstruktur, Strömungsbild, Nährstoffbelastung durch Nitrit und Phosphat sowie das Vorkommen von Fliegenlarven und Schnecken dokumentiert. Den wissenschaftlichen Anspruch löst „Flow“ anders als weitere Projekte: Nicht durch einzelne Bürgerforscher, sondern mit lokalen Gruppen von Menschen, die sich zusammenfinden und geschult werden. Die Gruppe lernt, was eine Gewässerstrukturgüte ausmacht, wie chemische Parameter gemessen und wie wirbellose Tierchen gefunden und bestimmt werden. Sie werten auch selbst aus – diesen Bürgerforschern kommt also viel mehr Verantwortung zu.
Deshalb finden Online-Schulungen sowie Präsenzschulungen statt. Geschulte „Flow“-Gruppen waren unter anderem schon in Holler/Montabaur aktiv. Wer sich einer geschulten Gruppe anschließen oder ein eigenes Team anmelden möchte, schreibt eine Mail an info@flow-projekt.de. Weitere Infos liefert die Web-App. Roland Bischof vom Deutschen Angelfischerverband, der das Projekt mitkoordiniert, berichtet stolz: „Dieses Jahr haben wir mehr als 80 Gruppen an über 100 Standorten, die ,Flow‘ zuarbeiten. In den vergangenen fünf Jahren haben mehr als 150 Gruppen über 380 Bachabschnitte untersucht.“ Das Projekt wird als Leuchtturmprojekt durch das Nationale Monitoringzentrum für Biodiversität (NMZB) am Bundesamt für Naturschutz (BfN) Jahre gefördert. Mit dem „Flow“-Projekt wurde bereits festgestellt, dass Pflanzenschutzmittel die Makrozoobenthos-Gemeinschaften belasten, das sind Lebensgemeinschaften wirbelloser Tiere, die auf dem oder im Gewässergrund leben. „Flow“ zeigt, dass anspruchsvolle Projekte auch für Bürgerforscher Sinn machen. Bekannt wurde „Flow“ durch die ARD-Mitmachaktion #unsereFlüsse.
Bei „Flow“ untersuchen Bürger den Zustand kleiner Bäche. Foto: Flow
Auch bei den „Plastikpiraten“ spielen Gewässer eine Rolle, dabei vor allem die Ufer. Diese europäische Citizen-Science-Initiative richtet sich an Schulklassen und Jugendgruppen. Während einer Exkursion sammeln die Gruppen Plastikmüll an Ufern, identifizieren und kategorisieren ihn. Bereits seit 2016 dokumentieren die Plastikpiraten Müll an deutschen Flüssen und bis 2022 haben rund 23.000 Kinder und Jugendliche an mehr als 1300 Standorten Daten zur lokalen Müllverschmutzung erhoben. Da der Übergangsbereich zwischen Flüssen und Küsten besonders relevant für die Verschmutzung der Meere ist, untersucht die Gruppe seit 2024 auch Küsten. Aber auch die Pfalz nahm schon an Aktionen teil, wie die interaktive Karte zeigt. Die Integrierte Gesamtschule (IGS) Eisenberg (im Juni 2019) oder das St. Franziskus Gymnasium und Realschule in Kaiserslautern (2018) waren dabei. Wie nimmt eine Schulklasse teil? Ein Aktionsheft sowie das zugehörige Lehr- und Arbeitsmaterial gibt es kostenlos. Die gesammelten Forschungsdaten werden auf einer zentralen Webplattform erfasst und Wissenschaftler der Kieler Forschungswerkstatt und des Ecologic Institutes werten sie aus.
Im Projekt „Plastikpiraten“ sammeln Schulklassen und Jugendgruppen Plastikmüll an Ufern. Dies wird dokumentiert. Dabei wird häufig auch Glas gefunden. Fotos: BMBF/Gesine Born
Natur pur für die Pfalz: Hobbygärtner, die Bohnen mögen, aufgepasst: „Increase“ ist ein europaweites Experiment, um Bohnen mit Hilfe von Bürgerforschern zu erhalten und zu erforschen. Dafür erhalten sie ein Päckchen mit verschiedenen Bohnensamen, die aus einer Genbank mit über 1100 Sorten kommen. Neben seltenen Sorten gehört zum Päckchen auch eine Kontrollsorte als Referenz dazu. Die Bürgerforscher vervielfältigen durch den Anbau die Sorten und dokumentieren mit App und Messmaterial, das sie bekommen. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse dabei: Statistiken zu Blühdatum, das tageslängenabhängig ist, unter welchen Bedingungen eine Sorte optimal wächst und wie sich der Klimawandel auswirkt. Die fünfte Runde läuft bereits, aber die sechste Pflanzrunde, bei der man noch mitmachen kann, steht demnächst an. Dieses Citizen-Science-Projekt dient auch dazu, die Vielfalt der Pflanzenwelt zu erhalten. Kerstin Neumann koordiniert zusammen mit anderen „Increase“: „Wir haben hier eine ,Erhaltungscommunity‘, denn die Gemeinschaft hält die womöglich dauerhaft in Vergessenheit geratenen Bohnensorten lebendig. Die Menschen tauschen sogar das Saatgut unabhängig vom Projekt untereinander – und mehr als 1300 Bürgerforscher engagieren sich inzwischen dauerhaft in der Community.“
Bei „Increase“ wird das Wachstum von Bohnensorten beobachtet und aufgezeichnet. Foto: Neumann Hülsen
Stechmücken im Eisfach: Von der Bohne zu Plagegeistern: Was machen Sie mit einer fiesen Stechmücke? Statt der Fliegenklatsche nehmen Sie doch mal ein kleines Gefäß und legen es mit der Mücke für einen Tag ins Gefrierfach. Dann schicken Sie es ans Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg für das Projekt „Mückenatlas“. Bisher haben über 37.000 Menschen mehr als 207.000 Stechmücken für die Forschung eingefangen, eingefroren und zusammen mit dem Formular auf der Webseite eingesendet. Doreen Werner vom ZALF interessiert von den rund 50 Stechmückenarten in Deutschland vor allem die eingeschleppte asiatische Tigermücke, weil sie weltweit zu den gefährlichsten Arten gehört. Sie kann über 20 Krankheitserreger übertragen, mit dabei das Chikungunya- oder das Dengue-Virus. Bislang kam das in Deutschland zwar noch nicht vor, dennoch hat Doreen Werner ein besonderes Augenmerk auf diese Stechmücke.
Kommt Post mit einer Tigermücke darin, macht sich das Team manchmal auf den Weg, um vor Ort zu forschen: „Im Sommer passiert es schon mal, dass wir 80 bis 100 Einsendungen bekommen mit allen möglichen Stechmücken – wir bearbeiten jede Einsendung!“ Das Team wertet die Daten aus und leitet sie an Behörden und Expertenkommissionen weiter. Werner sieht in diesem Citizen-Science-Projekt noch eine ganz andere Funktion: „Der Mückenatlas ist aktive Gesundheitsfürsorge, wenn uns die Bürgerforscher Stechmücken schicken, von denen sie umgeben sind.“ Und sie ergänzt: „Jede Mücke zählt!“
Tigermücken interessieren, weil sie potenzielle Überträger von Krankheiten sind. Jede (Stech-)Mücke zählt für den „Mückenatlas“. Bürgerforscher fangen und frieren sie ein. Per Post gehen sie an das Forschungsteam. Fotos: Dr. Doreen Werner / ZALF/Mückenatlas / ZALF/Jarno Müller
Tierbeobachtung mit GPS-Daten: Wussten Sie, dass es weltweit Tiere – vom Vogel bis zum Elefanten – gibt, die GPS-Tracker tragen? Und Sie können als Bürgerforscher an diesem einzigartigen Citizen-Science-Projekt mit Namen „Icarus“ teilnehmen. Ein eigener Satellit, der seit 2023 um den Planeten kreist, sendet die GPS-Daten der Tiere an die Forschenden. Dafür gibt es ein Gerät in der ISS, aber durch den russischen Angriffskrieg verzichten die Forscher auf diese Option. Nach der Ortung sind die Bürgerforscher gefragt, denn man kennt ja nur den Ort, weiß aber nicht, was die Tiere machen. Fressen sie, gibt es Nachwuchs, sind sie allein? Jeder kann über die Animal Tracker-App fürs Handy aktiv mitmachen. Man sieht dort, welches Tier sich in der Umgebung befindet und kann es suchen. Tausende von Sichtungsmeldungen kamen seit 2020 zusammen. 2025 zeigt die Karte in der App unter anderem Weißstörche bei Zweibrücken, Speyer und Haßloch. Den Wissenschaftlern ist auch wichtig, dass ein Bürgerforscher zu einem getrackten Tier kommt, das nicht mehr lebt. Er kann dann vielleicht feststellen, woran das Tier gestorben ist. Vor allem kann er den Tracker entfernen und zur Wiederverwendung einschicken.
Im weltweiten Projekt „Icarus“ werden Tiere, hier eine Amsel, mit Positionssendern ausgestattet. Bürgerforscher überprüfen die Position der Tiere und dokumentieren sie. Foto: MPI für Verhaltensbiologie/MaxCine
Tagfalter im Blick: Menschen mögen Schmetterlinge, deshalb wundert es nicht, dass das „Tagfalter-Monitoring Deutschland“ (TMD) beliebt ist. Das Besondere an diesem Bürgerforschungsprojekt sind die Vorgaben: Man sucht sich einen bestimmten Bereich aus, genannt Transekte. In diesem Bereich zählt man dann zwischen April bis September die Falter, möglichst mehrere Jahre nacheinander. Der Zeitaufwand beträgt pro Woche ein bis zwei Stunden. Warum die Transekte? Weil im Unterschied zu anderen Projekten auch das Nichtfinden eines Falters interessiert. Eine spezielle Ausstattung braucht man nicht, doch ein gutes Bestimmungsbuch – es gibt rund 140 Arten – und einen Kescher empfehlen die Experten. Seit 20 Jahren existiert das Projekt schon. Ziel ist es, über einen langen Zeitraum viel über Tagfalter zu erfahren. Welche Arten nehmen ab, welche breiten sich aus und wie ändert sich die Artenvielfalt? Das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) als Koordinator stellt eine ausführliche Anleitung zur Verfügung und hilft bei der Einrichtung der Zählstrecken, steht bei Fragen zur Verfügung und unterstützt die Citizen Scientists per E-Mail oder Telefon. Das UFZ bietet auch Aktionen und Webangebote an. Die Kartenansicht zeigt, dass auch Pfälzer eigene Transekte beobachten und melden. Wer mitmachen möchte, schickt eine Nachricht an: tagfalter-monitoring@ufz.de
Beim Projekt „Tagfalter-Monitoring Deutschland“ suchen sich Bürgerforscher einen kleinen Bereich aus und schauen über einen sehr langen Zeitraum, welche Schmetterlingsarten vor- oder auch nicht mehr vorkommen. Fotos: André Künzelmann / Gabrielle Hensch/Unsplash / Erik Karits/Unsplash
Invasiven Arten auf der Spur: Was haben Waschbären, Marderhunde und Minke (amerikanische Nerze) gemeinsam? Sie sind erstens invasiv und zweitens Teil des Citizen-Science-Projekts „Zowiac“. Über eine App muss man sich registrieren, dann geht es los. Über die Webseite kann jeder Tiersichtungen auch ohne Anmeldung eingeben. Derzeit fehlt dem Projekt die finanzielle Förderung, doch die Forscher machen weiter. Einer davon ist Dorian Dörge. Ihm liegt viel daran, dass nicht nur die Bürgerforscher beim Projekt mitarbeiten, sondern dass die Bevölkerung über die invasiven Karnivoren (Fleischfresser) verlässlich informiert wird. Deshalb hat er mit anderen vom „Zowiac“-Team Anfang Juli einen Faktencheck zum Waschbären veröffentlicht, um mit Mythen rund um das Tier aufzuräumen. Die Ergebnisse erleichtern Ministerien und Behörden die Maßnahmen im Umgang mit invasiven und gebietsfremden Raubsäugetieren in Deutschland und Europa. Auch die Pfalz ist dabei, wie die interaktive Karte auf der Website zeigt.
Beim Projekt „Zowiac“ werden gesichtete invasive Arten, etwa Waschbären, über eine App oder die Website gemeldet. Foto: Guillaume Bourdages/Unsplash / Screenshot: Website Zowiac
Künstliche Intelligenz unterstützt: Ein weiteres Beobachten-und-Melden-Projekt ist das Erkennen von Feuersalamandern und Gelbbauchunken mit dem „Amphibian and Reptile Wildbook“. Liest sich sperrig, ist es aber nicht: Sichtungen von Unke und Salamander plus Fotos geben die Bürgerforscher ganz einfach ein. Wildbook ist ein kostenloses, weltweites Online-Projekt für die Erhaltung aller Arten von Tieren und steht allen offen. KI-Methoden helfen, die Tiere in den hochgeladenen Bildern sofort zu bestimmen. Projektleiterin Barbara Caspers von der Universität Bielefeld: „Früher hat jeder Wissenschaftler an seinem Projekt gearbeitet und Daten gingen verloren. Mit Wildbook haben wir weltweit eine offene Plattform für alle. Dadurch kommen die Daten und Fotos raus aus dem Elfenbeinturm. Und wir begeistern Bürgerforscher für die Schönheit der Feuersalamander.“
Viele Daten von Bürgerforschungsprojekten, bei denen es um Sichtungen von Tieren geht, fließen in „Land“ ein – die Abkürzung steht für „Lebendiger Atlas der Natur Deutschlands“. Die Karte dort zeigt für die Pfalz sehr viele Sichtungen unterschiedlicher Tierarten.
Bürgerforscher melden für das „Amphibian and Reptile Wildbook“ Sichtungen, zum Beispiel von Feuersalamandern. Eine KI erkennt den Salamander an dem individuellen Rückenmuster. Wildbook-Daten von vielen Projekten weltweit sind offen für alle nutzbar. Foto: Zdenek Machacec/Unsplash
Zum Schluss: Citizen Science oder Bürgerforschung gibt es also häufiger als man das vielleicht erwarten würde. Die Vielfalt der Projekte erstaunt und geht weit über die üblichen Tiersichtungen hinaus. Allein der Besuch der Webseiten lohnt sich, viele sind liebevoll und eingängig gestaltet und machen so schon Lust darauf, selbst Citizen Scientist zu werden. Es macht Spaß, in den hier vorgestellten Projekten zu stöbern, bis man „sein“ Citizen Science gefunden hat.
Bürgerforschungsprojekte finden
Die Anlaufstelle für Citizen Science in Deutschland ist „mit:forschen“. Hunderte von Projekten listet das Portal auf, dazu Infos, Termine, Workshop-Angebote. Eine Liste von Natur-Projekten mit Bürgerforschung hat auch GoNature. Europaweit gibt es noch die European Citizen Science Association, die Projekte listet. Allerdings fehlen dort die deutschen Bürgerforschungsprojekte. Deutschland hat seit 2022 eine eigene Citizen-Science-Strategie, ausgearbeitet von Wissenschaftlern. Das „Weißbuch. Citizen-Science-Strategie 2030 für Deutschland“ gibt es als kostenlosen PDF-Download. Es enthält Strategien mit Handlungsempfehlungen, wie Citizen Science sich in Wissenschaft, Gesellschaft und Politik entfalten kann.
Link-Sammlung
Für alle, die intensiver in das Thema Citizen Science eintauchen möchten, haben wir eine Link-Sammlung zusammengestellt. Sie führt – geordnet nach den in der Titelstory aufgeführten Projekten – direkt zu den Informationen auf den Websites.
Vom Feierabendmarkt über Open-Air-Kino und Livekonzert bis hin zum Krimidinner – auch wenn der Tag allmählich zu Ende geht, gibt es in der Pfalz einiges …
Tipps für Genuss-Events in der Pfalz: Das VielPfalz-Team recherchiert für Sie empfehlenswerte Veranstaltungen in der Pfalz, die vielfältigen Genuss versprechen – von der Weinprobe über die Städteführung bis zum Fest, Markt oder Konzert. Welches Event Sie auch immer anspricht, wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!
Lustwandeln zwischen Blüten: Anno 2025 wird das 100-jährige Bestehen des Ebertparks in Ludwigshafen 100 Tage lang gefeiert. Für VielPfalz Anlass, der Anlage einen Besuch abzustatten und eine Reise in die „grüne Pfalz“ zu starten. Wir nehmen Sie mit in elegante Schloss- und Kurparks, in Arznei-, Kräuter- und Klostergärten und zu Gartenfreunden, die Einblicke in private Refugien möglich machen.
Foto: Dirk Nitzschke
Im Jahr des 100. Geburtstages hat man das Privileg, bei der Präsentation von Parks und Gärten in der Pfalz ganz vorne zu stehen. Doch der Ebertpark in Ludwigshafen, dessen Jubiläum seit Mai mit dem Veranstaltungsreigen „100 Jahre – 100 Tage“ gefeiert wird, ist auch so einen Besuch wert. Er stellt ein Symbol für Lebensqualität, Erholung und Gemeinschaft in einer Stadt dar, die auf den ersten Blick immer von Industrie geprägt ist. Im Mai des Jahres 1925 wurde der Park eröffnet – der Namensgeber Reichspräsident Friedrich Ebert aus Heidelberg war im Februar desselben Jahres verstorben. Die Stadtgesellschaft und vor allem die Industriearbeiter aus Ludwigshafen erhielten damit ein attraktives Naherholungsgebiet.
Festplatz für Schnaken
Anfang des 20. Jahrhunderts als Schutthalde und sumpfiger Festplatz für Schnaken noch eine Schmuddelecke, wurde die „grüne Lunge der Stadt“ schnell und anhaltend beliebt. Inzwischen umschließt das Park eine Fläche von 24 Hektar. Neben der üppigen Pflanzenwelt und verschiedenen Themenbereichen beherbergt das Grün auch die Friedrich-Ebert-Halle, deren 60. Geburtstag gefeiert wird, sowie das jüngst wiedereröffnete Turmrestaurant, das unter neuer Regie ein breites Publikum ansprechen möchte. Zu den Besonderheiten des Parks zählen auch der Rosengarten im nördlichen Bereich, in dem Stauden und Gräser dominieren. Der sogenannte „Quellgarten“ steht sogar unter Denkmalschutz. Seit den 1960-er Jahren wertet er als Wassergarten mit mehreren Quellbecken, Wasserspielen und Pflanzen den Außenbereich der Friedrich-Ebert-Halle auf.
GRÜNE LUNGE Der Ebertpark in Ludwigshafen feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Er entstand auf einer Schutthalde und einem sumpfigen Festplatz für Schnaken. Fotos: Stadtarchiv Ludwigshafen / Ilona Schäfer
Eine kurze Gartengeschichte
Ein Blick in die Geschichte der Gärten: Das germanische „gardaz“ und das althochdeutsche „garto“ bezeichneten einen eingezäunten Bereich, sagen aber noch nichts über die Verwendung dieses Bereichs aus. Also „Hauptsache abgegrenzt!“ Und die Schöpfungsgeschichte beschreibt den „Garten Eden“ als ersten von Gott für die Menschen geschaffenen Ort zum Nutzen und zur Freude. Die von Menschenhand betriebene Gartengestaltung ist durch erhaltene Felsmalereien für die Pharaonen (ab etwa 3000 v. Chr. bis 395 n. Chr.) erstmals dokumentiert. Bereits im 5. Jahrhundert v. Chr. wurden die „Hängenden Gärten von Babylon“ als antikes Weltwunder beschrieben. Sie sollen in der kargen Wüsten- und Steppenlandschaft des heutigen Irak in Form einer intelligent bewässerten Terrassenanlage geblüht haben.
Auf den Spuren der Römer
Mehr als die Griechen, die sich eher mit dem Meer verbunden fühlten, entwickelten die Römer eine hochstehende Agro- und Gartenkultur. Die Stadt Rom wurde in der Kaiserzeit (27 v. Chr. bis 284 n. Chr.) mit ihren öffentlichen und privaten Grünanlagen als wahre Gartenstadt beschrieben. Auch in der Pfalz legten die Römer Weingärten an. Mit der Neueröffnung des Weinmuseums im Historischen Museum der Pfalz in Speyer soll dies ab 2026 anschaulich dargestellt werden. Wissenswertes dazu vermittelt auch die Tour „Villen, Wein, gebrochener Stein: Römer-Rundwanderweg“ in Bad Dürkheim.
Heil- und Nutzpflanzen im Blick
Ein anderes Konzept verfolgten die mittelalterlichen Klöster mit ihren Gärten: Benedictus und der von ihm 529 gegründete Benediktiner-Orden kreierten das Motto „bete und arbeite“. Was sich insbesondere auf die Landarbeit in den Klostergärten und auf den klosternahen Landstücken bezog. Dabei wurden vor allem Nutz- und Heilpflanzen angebaut. So beschreibt das „Lorscher Arzneibuch“, um 785 n. Chr. als klösterliche Handschrift verfasst, mehr als 70 Heilpflanzen. Es gilt als älteste medizinische Schrift Deutschlands. Klostergärten waren also dazu da, der Klosterküche Gemüse, Obst und Würzkräuter zu liefern, Kranke mit Heilkräutern zu versorgen; und für die kirchlichen Feste gab es in diesen Gärten die Schmuckkräuter, Ziersträucher und Blumen.
Der Genuss der Stille
Mit der Klosteranlage Hornbach, inzwischen ein Hotel in der Nähe von Zweibrücken, und der Klosterruine Limburg bei Bad Dürkheim gibt es zwei Adressen, die in ihrer Geschichte namhafte Gärten vorweisen. Viel davon ist dort aber heute nicht mehr sichtbar. So bleibt es dem Kreuzgarten in Landau vorbehalten, das eindrucksvollste Beispiel für Klostergärten in der Pfalz zu sein. Er gehörte zu einer Klosteranalage der Augustiner-Eremiten. Dies gilt auch für die an das Kleinod angrenzende Heilig-Kreuz-Kirche, die zu Beginn des 15. Jahrhunderts erbaut wurde. Umrahmt von einem Kreuzgang aus spätgotischen Spitzbögen, präsentiert sich der Kreuzgarten als idealer Ort zum Genuss von Stille mitten in der Stadt. Die nach historischen Vorbildern realisierte Neugestaltung im Jahr 2003 hat die Rasenfläche mit einem Wegekreuz gegliedert. Buchsreihen, Hochstammrosen und Stauden sorgen für die Randbepflanzung. Der Brunnen im Zentrum war ehemals ein Taufstein.
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RÜCKZUGSORTE Gärten mit Historie gab und gibt es vielerorts in der Pfalz. Von oben links im Uhrzeigersinn: die Klosterruine Limburg bei Bad Dürkheim, der Adenauerpark in Speyer, der Schlossgarten in Kirchheimbolanden und der Kreuzgarten in Landau. Fotos: PfalzTouristik e.V./Heimatlichter GmbH / Klaus Landry / Förderkreis Schlossgarten Kirchheimbolanden e.V./ Stadt Landau
Vom Friedhof zum Park
In religiöser Tradition steht auch der Adenauerpark in Speyer. Der idyllische kleine Stadtpark in Nachbarschaft des Bahnhofs war 1502 als „Friedhof für Arme und Fremde“ eingerichtet und bis 1881 als solcher genutzt worden. Aus dem 16. Jahrhundert stammt auch die kleine „Gotische Kapelle“, inzwischen ein beliebter Ort für Konzerte oder Vorträge. Auch Trauungen sind in der Kapelle möglich. Die angrenzende St.-Bernhard-Kirche wurde 1953/54 errichtet. Der ehemalige Friedhof wurde ab 1958 als Park entwickelt und 1967 nach dem Tod von Kanzler Adenauer nach ihm benannt. Es gibt im Park noch vereinzelt Gedenksteine sowie die Grabstätte von Kanzler Helmut Kohl, während sich ein kleiner Friedhof des Speyerer Domkapitels als Kirchhof der St.-Bernhard-Kirche an den Park anschließt. Zu den Besonderheiten der etwa eineinhalb Hektar großen Anlage gehören ein Seerosenteich und vor allem ein ungewöhnlich vielfältiger Baumbestand. Für besondere Momente sorgen stimmungsvolle „Picknickkonzerte“.
Streng und prachtvoll zugleich
Das sinnenfreudige Barock löste das karge und düstere Mittelalter auch in puncto Garten- und Landschaftsgestaltung ab. Insbesondere die Schloss- und Adelsgärten repräsentierten die Prinzipien der strengen Ordnung und gleichzeitig der prachtvollen Inszenierung durch Blütenfülle, Farbspiel, Brunnen und Kaskaden. Der vordere Bereich des Schlossgartens in Schwetzingen gibt heute noch ein schönes Beispiel dafür ab. In der Pfalz hingegen wurde eine Reihe ehemaliger Barockgärten dem Zeitgeist angepasst und zu Landschaftsgärten umgestaltet. So zum Beispiel der Schlossgarten von Kirchheimbolanden.
Exotische Bäume beim Schloss
So ist der Schlossgarten in Kirchheimbolanden mit wertvollem Baumbestand einer der schönsten Landschaftsgärten der Region. Er war im frühen 18. Jahrhundert unter Fürst Carl August von Nassau-Weilburg in strenger Geometrie als barocker Residenzgarten angelegt worden. Die Bepflanzung mit vielen exotischen Bäumen übernahm im 19. Jahrhundert der damals als Gartenarchitekt sehr nachgefragte Philipp Siesmayer. Er schuf unter anderem die Kurparkanlagen von Wiesbaden, Bad Homburg und Bad Ems. Der Schlossgarten ist ganzjährig rund um die Uhr kostenfrei zu besuchen.
Barocke Gartenarchitektur
Die Fasanerie mit der ehemaligen Parkanlage Tschifflick in Zweibrücken bildet in der Pfalz das wohl einzige größere übriggebliebene Beispiel barocker Gartenarchitektur. Die etwa 30 Hektar große Gartenanlage war hinsichtlich Architektur und Gartenanlage „vorbildlich für barocke Landschaftsarchitektur“. Blumenbeete, Wasserspiele und Skulpturen schmückten die gesamte Anlage. Nachdem das Areal 1897 in den Besitz der Stadt Zweibrücken übergegangen war, blieb die Grundform der ursprünglichen Gartenanlage weitgehend erhalten. Zwei der ehemaligen Pavillons sind noch in Teilen erhalten. Ein ehemaliges Wirtschaftsgebäude ist als „Landhaus“ ins heutige „Hotel Landschloss Fasanerie“ integriert. Hier befindet sich ein Wildrosengarten, die salische Ruine der Ehrwoogburg aus dem frühen 12. Jahrhundert sowie der große Landschaftsgarten mit vielen Spazierwegen. Eine Art „Nachbau“ gibt es mit dem Barockgarten in Freinsheim. Dort war ein wiederaufgebautes barockes Gartenhäuschen Anlass, drum herum einen passenden Garten anzulegen.
BAROCKJUWEL Blumenbeete, Wasserspiele und Skulpturen schmücken die Fasanerie mit der ehemaligen Parkanlage Tschifflick in Zweibrücken. Fotos: ZukunftsRegion Westpfalz/Harald Kröher / ZukunftsRegion Westpfalz/Gürel Sahin
Inszenierte Landschaften
„Die Natur verabscheut gerade Linien.“ Dieses Zitat eines englischen Landschaftsarchitekten steht für die Ablösung von barocken Adelsgärten durch große Landschaftsparks in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Großartige Beispiele für die Ablösung kunstvoll gezirkelter Blumenrabatte durch großflächiges Belassen von Natur und gewachsener Landschaft sind Wörlitz in Sachsen-Anhalt und der Englische Garten in München. Auch in der Pfalz gibt es sehenswerte Parkanlagen im Stil Englischer Gärten. Der Kurpark in Bad Dürkheim und der Goethepark in Landau sind gute Beispiele für den Wandel von Adels- zu Bürgergärten und von Barockgärten zu Landschaftsparks.
Nach englischem Vorbild
Ursprünglich war der Kurpark in Bad Dürkheim im frühen 18. Jahrhundert ein Schlosspark der Leininger Residenz. Mit der Zerstörung von Schloss und Garten durch die Franzosen im Jahr 1794 verkam die Fläche zunächst zu einem Acker. Erst mit der Anerkennung Dürkheims als Solbad wurde im Jahr 1847 der Kurpark im Stil englischer Landschaftsparks gestaltet und in den 1930-er Jahren erheblich ausgeweitet. Etwa zeitgleich mit dem Aufbau des Kurparks wurde Mitte des 19. Jahrhunderts auch der 333 Meter lange Gradierbau zur Gewinnung von Salz errichtet. Zwischen 2011 und 2013 wurde die Isenach im Kurpark offengelegt und sorgt nun als Flusslauf für zusätzliche Attraktivität des Parks, der 2015 im östlichen Bereich um eine Fläche von 11.000 Quadratmetern erweitert wurde. Auch die naturnahe Parkgestaltung des Goetheparks in Landau erfolgte nach englischen Vorbildern. Die größte Grünfläche Landaus wurde als „Westpark“ geschaffen und 1932 anlässlich des 100. Todestages des großen Dichterfürsten nach diesem umbenannt.
ANZIEHUNGSPUNKT Aus einem früheren Schlossgarten wurde der im englischen Stil gestaltete Kurpark in Bad Dürkheim. Die heute offengelegte Isenach sorgt für zusätzliche Attraktivität. Foto: PfalzTouristik e.V.
Nachhaltige Areale als Ziel
Dass Kommunen für ihre Bewohner Parks einrichteten, diente dem bürgerlichen Flanier- und Repräsentierbedürfnis ebenso wie dem Bedarf der Industriearbeiter nach gut erreichbarer Natur. Zudem verbreiteten sich in den Städten auch die Schrebergärten. Als Parzellen in Stadtrandgebieten ermöglichten sie weniger betuchten Schichten den kostengünstigen Anbau von Obst und Gemüse. Vor dem Hintergrund entwickelten sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vielerorts Gartenbauvereine und Gartenausstellungen. Bei den Bundes- und Landesgartenschauen ging es über Jahrzehnte in erster Linie um die Präsentation floraler Pracht. Mittlerweile verstehen es die Gartenschauen – siehe Kaiserslautern, Landau und Neustadt an der Weinstraße – als Auftrag, Areale nachhaltig zu gestalten. Überregional wollen Initiativen wie das Projekt „Gärten für die Artenvielfalt“ des Biosphärenreservats Pfälzerwald-Nordvogesen die Bevölkerung anregen. Wachsender Beliebtheit erfreuen sich Gärten von Kirchen, Stiftungen oder Vereinen. Dazu zählen die Biblischen Gärten (St. Martin, Billigheim-Ingenheim), Kräutergärten (Freckenfeld, Kirrweiler, Kloster Hornbach) oder der Apothekergarten (Freinsheim). Gleiches gilt für die wachsende Zahl an Natur- und Waldkindergärten.
PARADIESE Private Ziergärten gibt es seit dem 19. Jahrhundert. Sehenswerte Beispiele sind der Palatinum-Garten in Schweigen-Rechtenbach (unten), die Anlage der Stiftung Rücker in Zweibrücken (oben rechts) und der Park des Weinguts Fitz-Ritter in Bad Dürkheim (oben links). Fotos: Familie Burg, Schweigen-Rechtenbach/Privat / Alice Englisch / Fitz-Ritter – Weingut & Vinothek Sektkellerei Fitz KG
Kleine Paradiese im Verborgenen
Private Wohnräume mit Ziergärten zu umgeben, gehörte schon im Altertum zum Lebensstil. Es dauerte allerdings bis ins 19. Jahrhundert, um dieses Privileg auch breiteren Schichten zu ermöglichen. Wie populär das private Gärtnern geworden ist, kann man jährlich beim „Tag der offenen Gartentür“ bestaunen, an dem in der Pfalz bis zu 200 Anwesen ihre Pforten öffnen. Drei Beispiele stehen hier für liebevoll gepflegte Privatgärten: Mit mehr als 140 Pflanzenarten, einer Fläche von über 10.000 Quadratmetern, verschiedenen Gartenräumen und knapp 40 Jahren Entwicklungsgeschichte begeistert zum Beispiel der Garten der Stiftung Rücker in Zweibrücken. Das Ehepaar Ursula und Kurt Rücker hat aus Altersgründen die Zukunft des Gartens in die Hände einer Stiftung gelegt. Von Mai bis September ist der Garten donnerstags von 10 bis 18 Uhr kosten- und barrierefrei zugänglich. Einen Besuch wert ist auch der Palatinum-Garten von Monika und Peter Burg in Schweigen-Rechtenbach. Möglich ist dies für kleine Gruppen nach Anmeldung. Der Burggarten wurde seit 1992 immer weiter zu einem wahren Kleinod entwickelt. Parkähnlich präsentiert sich ebenfalls der Garten des Weinguts Fitz-Ritter in Bad Dürkheim. Alte Bäume, Rosenpfad, Teich, verträumte Ecken und Nischen laden auf 5000 Quadratmetern zum Lustwandeln ein.
Vom Feierabendmarkt über Open-Air-Kino und Livekonzert bis hin zum Krimidinner – auch wenn der Tag allmählich zu Ende geht, gibt es in der Pfalz einiges …
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Sie ist viel mehr als eine Blümchen-Schau. Eine Landesgartenschau (LGS) hat sowohl in Kaiserslautern als auch in Landau Akzente gesetzt, die bis heute nachwirken. Auch in Neustadt an der Weinstraße soll die LGS 2027 Wegbereiter für eine zukunftsweisende Stadtentwicklung sein. Ein Interview mit Christian Ranck, dem leitenden Pflanzplaner.
ERLEBNISRAUM Wie in der Visualisierung soll sich mit der Landesgartenschau der renaturierte Speyerbach präsentieren. Foto: Atelier Loidl Berlin
Worin liegen die großen Unterschiede zwischen aktuellen Gartenschauen und denen der 1960er und 70er Jahre?
Christian Ranck: Aktuelle Gartenschauen legen deutlich mehr Wert auf ökologische und soziale Themen. Wir haben in den vergangenen Jahren ein anderes Natur- und Gartenverständnis entwickelt. Einen anderen, eher naturhaften Stil. Auch die Nutzung von grünen Freiräumen hat sich grundlegend geändert. Weniger Menschen laufen noch ehrfürchtig von Themengarten zu Themengarten, um einzelne Pflanzen oder Beete zu bewundern. Es geht insgesamt mehr um das Gesamterlebnis in einem gut gestalteten Freiraum.
Christian Ranck. Foto: Privat
Welche Mission lässt sich der LGS Neustadt 2027 zuschreiben?
Neustadt bekommt durch die LGS eine siedlungsnahe, sehr abwechslungsreiche und ökologisch wertvolle neue grüne Infrastruktur. Genauer gesagt gleich drei Parkbereiche: In Waldpark, Wiesenpark und Panoramapark lassen sich auf kurzer Distanz sehr unterschiedliche und für die Stadt typische Landschaftselemente erleben. Vorher waren diese Flächen nur informell oder gar nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Hier gibt es viele Möglichkeiten, sich von der dicht bebauten und im Sommer sehr heißen Innenstadt auszuruhen, zu spielen und die Parknatur zu genießen.
Welche Elemente finden Sie persönlich bei der LGS Neustadt 2027 besonders reizvoll?
Ich bin begeistert von Pflanzen und Pflanzen-Bildern. Da wird es einiges zu sehen geben: den renaturierten Flusslauf des Speyerbaches mit Inseln, Stauden und Wiesen, einen liebevoll weiter entwickelten Kleingarten einer alten Dame, die Neubachwiesen mit ihren aufgewerteten Feuchtwiesen und regionalen Obstsorten, die Blumenhalle mit einer sehr stimmungsvollen und trockenheitsverträglichen, mediterranen Pflanzung und schließlich den Panoramapark – Ausblick in den Sonnenuntergang mit blühenden Wiesen und einem Glas guten Pfälzer Wein aus der Region Neustadt.
Stichwort Klimawandel und Bepflanzung/Gartenbau. Welche wesentlichen Konsequenzen hat der Klimawandel für die Bepflanzung in öffentlichen Parks und Privatgärten?
Das ist ein sehr umfangreiches und folgenschweres Thema. Besonders in einer der bereits historisch wärmsten Regionen Deutschlands wie der Pfalz. Knapp zusammengefasst bedeutet es ein starkes Umdenken bei der Pflanzenauswahl und -kombination. Wir sollten auf Vielfalt statt nur auf wenige Arten setzen. Dazu nehmen wir zukunftsfähige Arten aus Süddeutschland und mischen das mit Arten aus Regionen, die jetzt schon ein Klima aufweisen, das analog zu unserem Klima in 50 Jahren ist. Besonders bei Gehölzen ist das der beste Weg. Die sollen schließlich 100 Jahre und länger leben und ein Habitat und Nahrung für Tiere sein, unsere Luft filtern, das Klima kühlen und uns auch einfach nur erfreuen, weil sie schön sind. Die dabei entstehenden Bilder werden aber von den uns vertrauten Landschaften abweichen. Es wird eine wichtige Aufgabe sein, diese neuen Bilder mit dem Alten zu verbinden. Die Region Neustadt war so etwas gegenüber aber schon immer offen: Wein, Mandelbäume und Feigen sind positiv aufgeladene Vorbilder auch für anderen Regionen in Deutschland.
Vom Feierabendmarkt über Open-Air-Kino und Livekonzert bis hin zum Krimidinner – auch wenn der Tag allmählich zu Ende geht, gibt es in der Pfalz einiges …
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Sie rüttelt wach, provoziert, regt zum Nachdenken an, setzt Akzente, verzaubert oder schafft neue Perspektiven. Kunst im öffentlichen Raum ist enorm vielfältig. Von steinernen Denkmälern über bemalte Hauswände, von Bronzebrunnen bis hin zu aufwendig gestalteten Mosaikwerken – ein Blick auf die lebendige Pfälzer Kunstszene.
Foto: Herbert Pauser
Einmal Platz genommen, eröffnet sich ein prächtiger Ausblick in die Rheinebene. Vor Sonne, Wind und Wetter geschützt, lässt es sich hier nach Herzenslust verweilen. „To see beyond“, was auf Deutsch „über etwas hinausblicken“ bedeutet, hat Künstler Tim Norris sein Kunstwerk genannt. Inspiration für die überdachte Sitzgelegenheit war die umliegende Pfälzer Landschaft. So verwendete er nach Möglichkeit einheimische Naturmaterialien wie Rebknorzen für die äußere Schicht. Die innere Schicht ist aus gespanntem Segeltuch. Für die Konstruktion kam der Künstler 2023 für sechs Wochen aus London ins pfälzische St. Martin. Seither lädt sein öffentliches Kunstwerk nicht nur Touristen zum Innehalten ein. „Auch Einheimische genießen bewusster den herrlichen Blick. Was für sie vorher selbstverständlich war, nehmen sie heute dank der Bank deutlicher wahr“, erzählt Herbert Pauser. Er ist der Initiator des Kunstpfades, zu dem auch Norris‘ Werk zählt.
Herbert Pauser. Foto: Friederike Krauß
Kunst als Bereicherung
Der Kunstpfad erstreckt sich seit 2021 über eine Länge von 13 Kilometern und verbindet die Gemeinden Kirrweiler, Maikammer und St. Martin miteinander. Auf verschieden langen Rundwegen können Skulpturen und Kunstwerke von regionalen sowie internationalen Künstlern betrachtet werden. Auch Galerien und Ateliers in den drei Ortschaften sind eingebunden und ermöglichen einen Blick hinter die Kulissen und in die Arbeit der Künstler. „Als wir mit unserer Idee vor einigen Jahren um die Ecke kamen, war die Skepsis zunächst groß“, gibt Pauser preis. Doch der Gegenwind wich nach und nach der Wertschätzung und Offenheit der Gemeinden. Heute hat sich der Kunstpfad über die Grenzen der Pfalz hinaus einen Namen gemacht, wird von vielen Einheimischen als Bereicherung gesehen. Für den gelernten Industriedesigner Pauser, der selbst in St. Martin lebt, eine Bestätigung, dass Kunst im öffentlichen Raum beleben und Nähe schaffen kann.
Kunstwerke zugänglich machen
Er selbst wurde als Zugezogener offen in der Pfalz empfangen und hatte den Wunsch, etwas zurückzugeben. Verheiratet mit der Künstlerin Anja Roth und jahrelang Dozent für Industriedesign an der Hochschule der Künste in Zürich, lag es für ihn nahe, Kunst und Kultur in der Pfalz zu fördern. Mit großem Engagement wächst der Kunstpfad nun Jahr für Jahr um weitere Skulpturen. Wer eine geführte Tour entlang des Pfades unternehmen möchte, kann sich neben Wandern und Radeln neuerdings auch mit einem Golfcart fahren lassen – um Kunst für jeden zugänglich zu machen. „Für mich war von Anfang an wichtig, neben regionalen Künstlern auch internationale Künstler einzuladen“, erklärt der 66-Jährige. So installierte der dänische Künstler Gleb Dusavitskiy 2023 sein Kunstwerk „I believe I can fly“ in St. Martin. Die leuchtenden, miteinander verwobenen Edelstahlstäbe, die Flügel formen und die Illusion eines jungen Greifvogels erzeugen, der bereit ist seinen ersten Flug über das Rebenmeer zu wagen, sind ein Blickfang.
KUNSTPFAD Vielfältige Skulpturen säumen den Kunstpfad zwischen Kirrweiler, Maikammer und St. Martin. Für zusätzlichen Genuss sorgen unter anderem Klappstuhlevents. Fotos: Herbert Pauser
Symbol und Zusammenhalt
Am Kunstwerk „Three Pillars“ der niederländischen Künstlerin Karin van der Molen war 2021 nahezu halb Kirrweiler beteiligt. Mehrere Weinfässer wurden aufwendig mit unzähligen Stücken Porzellan beklebt, das wohlgemerkt aus Haushalten der Gemeinde stammt. Vor dem Aufbau mussten Baugenehmigung, Fundament sowie Statik geklärt und genehmigt sowie ein Gerüst errichtet werden. Ziemlich viel Aufwand und die Voraussetzung von finanzieller und ehrenamtlicher Unterstützung, um das Kunstwerk zu errichten. Doch für die Kirrweiler und Herbert Pauser absolut lohnend: „An dem Kunstwerk lässt sich wunderbar sehen, was Kunst kann. Neben Zusammenhalt schafft es ein Symbol, das für die drei Orte und die Region steht. Gleichzeitig macht es sichtbar, wie Kunst im öffentlichen Raum wirken kann. Die Farben verändern sich je nach Tageszeit und Licht“, schwärmt Pauser. Auch die Skulpturen „Wilhelm“ und „Tante Katsche“ des ortsansässigen Bildhauers Reinhold Hagenbucher stehen stellvertretend für die Menschen in Kirrweiler und haben symbolische Bedeutung. So repräsentieren sie die harte Arbeit in den Wingerten und den tief verwurzelten Zusammenhalt in der Gemeinde.
VERBINDUNG Musik wie auch Figuren aus dem Alltag, hier „Tante Katsche“ in Kirrweiler, stehen symbolisch für den Zusammenhalt in den Gemeinden. Fotos: Herbert Pauser / Friederike Krauß
Gastspiel aus dem Norden
Seit Juni wird der Kunstpfad für fünf Monate durch eine temporäre Skulpturen-Ausstellung ergänzt. „Dadurch können wir den Besuchern jedes Jahr zu dem Bestehenden ein neues Erlebnis ermöglichen“, erklärt Pauser. In diesem Jahr sind die Stahlwerke der schleswig-holsteinischen Künstlerin Isabel Lange auf einem kleinen Areal in Kirrweiler entlang des Pfades positioniert. Ihre Kunst: schweres Material in überraschend leichte Skulpturen zu verwandeln. Mit feinem Gespür durchbricht sie den Stahl mit Mustern und schafft so, dass sich die Figuren mit der Landschaft verbinden. Ihre Schwimmerinnen, die kurz vor dem Absprung stehen, bieten Raum für Interpretation und regen zum Nachdenken an.
Ohne Unterstützung geht es nicht
Die Vielfalt von Kunst im öffentlichen Raum wird anhand der Arbeit des Vereins Kunstpfad e.V möglich. Er offeriert neben dem Skulpturenpfad in und rund um Kirrweiler, St. Martin und Maikammer auch Ausstellungen, Workshops, musikalische Darbietungen wie die so genannten Klappstuhlevents oder neuerdings auch Salonkonzerte in privaten Häusern. Neben menschlichem Engagement braucht es hierzu finanzielle Unterstützung, die ohne Partner, Sponsoren und private Spenden nicht möglich wäre. Solange dies gewährleistet ist, sollen noch viele Ideen in die Tat umgesetzt werden, verspricht Pauser, der erster Vorsitzender des Vereins ist.
Theaterkunst als Medium
Die Natur in die Arbeit integriert auch das Chawwerusch Theater aus Herxheim bei Landau. Mit ihrer paradiesischen Gartenlesung „Etwas im Busch“ touren die Schauspielerin Felix S. Felix und die Figurenspielerin Claudia Olma den Sommer über durch insgesamt 14 private Gärten in Süddeutschland. Sie unterhalten rund 70 Minuten lang in stimmungsvollem Ambiente; erzählen, spielen und singen von der lebensprallen, paradiesischen Gartenwelt, aber auch von den Bedrohungen, die hinter dem Zaun lauern. „Wir möchten mit unserer Lesung die Herzen der Leute aufschließen und das Format für eine Haltung und Botschaft nutzen. Niemals konfrontativ oder belehrend“, erklärt Felix S. Felix.
GARTENLESUNG Konkret und im übertragenen Sinn schaut das Chawwerusch Theater mit seinem Projekt „Etwas im Busch“ hinter Gartenzäune. Fotos: Friederike Krauß
Lesung im Barockgarten
Das gelingt auf eine kurzweilige, unterhaltende Art und Weise mit ihrer ganz eigenen Handschrift, für die das Theaterkollektiv aus der Südpfalz bekannt ist. Mit seiner 40-jährigen Expertise macht es Geschichte und Geschichten erlebbar sowie die Geschichten hinter Geschichte sichtbar. Produktionen in der eigenen Spielstätte, dem Theatersaal in Herxheim, sowie Gastspiele und eine regelmäßig stattfindende offene Bühne ermöglichen ein buntes Kulturangebot in der ländlichen Region. Bei der Gartenlesung im Barockgarten des Herrenhaus Barthélemy in Gleisweiler, einem der ältesten Gärten der Pfalz, lauschen rund 100 Zuhörer den Texten bekannter und unbekannter Autoren sowie Dialogen von Regisseur Walter Menzlaw. Musik und Interaktionen mit dem Publikum sind ebenfalls Teil der besonderen Lesung. Der herrliche Garten mit Blick über das Rheintal lädt zum in die Ferne schweifen ein.
Mit Kunst wachrütteln
Mit dem Draußen-Format möchte Chawwerusch Kultur für jeden zugänglich machen. „Die besondere Atmosphäre, das Erlebnis unter freiem Himmel lädt zum einfach Hingehen und Anschauen ein“, meint Claudia Olma und fügt hinzu: „Dieser Rückzug in den Garten, dieses kleine Paradies, fühlt sich fast ein bisschen verrückt an.“ Den Kontrast bieten die brandaktuellen Themen wie der Klimawandel, die sie mit der Präsentation der ausgewählten Texte ebenso aufgreifen. „Ich sehe das als wichtige Aufgabe, auf künstlerische Art zu vermitteln. Man kann die Augen nicht zumachen und gleichzeitig sollte man nicht den Kopf in den Sand stecken“, so die gebürtige Pfälzerin Felix S. Felix.
Kurse, Workshops, Exkursionen
Ebenso in Herxheim ansässig, aber mit anderem Schwerpunkt, zeigt sich die Kunstschule Villa Wieser als Ort für öffentliche Kulturarbeit. Neben den 13 renommierten Dozenten und rund 90 Schülern, die in Trimestern den Schulbetrieb bestreiten, öffnet die Kunstschule immer wieder in den Ferien ihre Türen für Klein und Groß. In Intensivkursen, Workshops und Exkursionen wird Kunst in vielfältiger Form nähergebracht. „In meinem Exkursionskurs ,Architektur‘ begeben wir uns auf die Spuren unterschiedlichster Bauwerke, entdecken Kulturgut. Das macht unheimlich großen Spaß“, sagt Dr. Thomas Krämer, der stellvertretende Schulleiter. Der Kulturwissenschaftler erlebt die Teilnehmer als sehr wissbegierig. Der Unterschied zu Universitätskursen sei, dass man wolle und nicht zwangsweise müsse. Dem kann Harald Baumeister, der sowohl an der Kunstschule doziert als auch Intensivkurse in digitaler Fotografie während der Ferien anbietet, nur beipflichten.
KUNSTHAUS Intensivkurse, Workshops und Exkursionen bietet die Kunstschule Villa Wieser in Herxheim bei Landau an. Foto: Villa Wieser/Harald Baumeister
Um die Kunst kümmern
Rund um die Villa Wieser sind Kunstwerke wie die „Bassgeige“, der „Lebensbaum“ oder der „Blitzbaum“ im Park zu entdecken, die die Schüler geschaffen haben. So sehr die Kunst im öffentlichen Raum die Gesellschaft bereichert, so sehr ist ihr Sein oftmals ein Balanceakt. Auch Themen wie Vandalismus, Sicherheit, Pflege und Förderung müssten bedacht werden, macht Schulleiter Gunter Klag deutlich. Der Künstler engagiert sich gerne, weiß aber aus Erfahrung, dass das Aufstellen eines Kunstwerks immer gut überlegt sein will. „Kunst muss erhalten werden, braucht Gelder und Menschen, die sich darum kümmern. Das wird oft vergessen“, gibt der 60-Jährige zu bedenken. Wichtig sei auch, dass die Kunst im öffentlichen Raum Teil des Alltags sei. „Sie sollte nach Möglichkeit kein Ärgernis bieten und gleichzeitig nicht zu glatt und langweilig sein, sondern eben auch etwas bewirken“, fügt Krämer hinzu. Dann könne Kunst das Leben bereichern.
Gunter Klag. Foto: Villa Wieser/Harald BaumeisterDr. Thomas Krämer. Foto: Villa Wieser/Harald Baumeister
Gelungene Symbiose
Beim Herxheimer Dorfbrunnen, nach den Gestaltern Professor Gernot Rumpf und seiner Ehefrau Barbara auch „Rumpfbrunnen“ genannt, ist dies gelungen. Er ziert seit 1989 nicht nur das Stadtbild, sondern versinnbildlicht auch die Geschichte des Ortes. Der Brunnen schafft eine Markierung in der Ortsmitte und geht eine Symbiose mit historischer Bausubstanz, der Villa Wieser, neuen Gebäuden sowie moderner Platzgestaltung ein. Symbole wie Tabakpflanzen, Rennpferd oder Brotkorb repräsentieren die vielen Facetten der Gemeinde und ihrer Geschichte. „Durch sein Einwirken ist es dem Künstler mit dem Brunnen gelungen, einen Ort des Austauschs zu schaffen. Er bietet Raum für Dialog“, meint Krämer. Gleichzeitig habe Rumpf es geschafft, lustige Tiere zu wählen, die fernab von Kitsch stünden. Überhaupt hat Herxheim eine lebendige Kunstszene. Kultur wird gelebt, ist vielfältig. Von Kunstwerken, Brunnen, Skulpturen oder Reliefs aus verschiedenen Epochen und aus unterschiedlichen Materialien ist an vielen Orten etwas zu finden und für jedermann erlebbar.
KUNSTFORMEN Wandbilder – das Einhorn ziert die Fassade des Georg-Weber- Hauses – und der Herxheimer Dorfbrunnen haben eine künstlerische Verbindung zur Villa Wieser. Fotos: Friederike Krauß / Villa Wieser/Harald Baumeister
Andere Perspektive ermöglichen
Den Blick in die Gedankenwelt aus einer anderen Zeit sichtbar machen, eine andere Perspektive ermöglichen – das hält Tanja Lebski für einen wesentlichen Teil ihrer Kunst. Die 57-Jährige ist Mosaikkünstlerin. In ihrem Atelier und Garten in Altleiningen kreiert sie ihre Entwürfe und Werke. Neben den Mosaiken schweißt sie, entwirft Collagen, betätigt sich in Acryl- oder Aquarellmalerei. „Kunst war immer ein Teil von mir. Ich habe schon als kleines Mädchen gebaut und mich verwirklicht“, erzählt sie. Manchmal habe sie vor lauter Bildern im Kopf nicht schlafen können und sei nachts aufgestanden, um zu malen. Besonders angetan hat es ihr dann die Mosaikkunst. „Es ist eine Technik, die immens viel Zeit benötigt. Jedes Steinchen wird mehrfach in die Hand genommen und mit der Mosaikzange oder klassisch mit Hammer und Dorn in Form gebracht, um schließlich mit Kleber an die richtige Position gesetzt zu werden“, erklärt Lebski ihre Arbeit.
Tanja Lebski. Foto: Friederike Krauß
Kunst in Gemeinschaft leben
Eines ihrer bekanntesten Werke ist „Zeitsprung“ an der Stützwand der Münztreppe in Pirmasens, das seit August 2024 nach offizieller Einweihung die Stadt ein Stück näher an den gewünschten Titel Mosaikstadt geführt hat. Lebski hatte den Zuschlag für Konzept und Ausführung für das Mosaik an der Treppe erhalten. Von Beginn an wurde auf Wunsch der Stadt die Bevölkerung mit Workshops in das Konzept einbezogen und gestaltete neben anderen aus Deutschland angereisten Mosaikkolleginnen das großflächige Werk nach dem Entwurf von Lebski mit. „Ein Projekt dieser Größe lässt sich nur in Gemeinschaft verwirklichen“, erklärt die Künstlerin. Alle hätten mit viel Leidenschaft und Ausdauer mitgewirkt.
FLEISSARBEIT Das Mosaik an der Pirmasenser Münztreppe – rechts ein Detail bei der Arbeit – hat Tanja Lebski zusammen mit der Bevölkerung realisiert. Fotos: Tanja Lebski
Stück für Stück zum Ziel
Hergestellt werden mussten unter anderem elf Münzen und 18 Farbkreise mit verschiedensten Bedeutungen. Das schaukelnde Mädchen, das aus einer scheinbaren Öffnung der Wand herausschwingt und dabei einen Schlabbe, einfache Schuhe, die einst in Pirmasens hergestellt wurden, verliert, versinnbildlicht die jungen Frauen, die sie fertigten und verkauften und den Grundstein für die Schuhmachertradition in Primasens legten. Gleichzeitig soll das Schwingen für ein junges, frisches Pirmasens stehen. „Ich kenne die Stadt selbst durch meine Familie. Am Rande von Deutschland liegend, wird sie oft vergessen und unterschätzt“, erzählt Lebski. Umso mehr Freude habe es ihr gemacht, die Idee zu entwickeln und nun das Werk zu sehen. Zu wissen, welche Fleißarbeit dahintersteckt. Über Wochen wurden Münzen und Bilder in der Werkstatt nach Vorlagen zusammengesetzt, um dann innerhalb von drei Wochen Stück für Stück vor Ort angebracht zu werden. Das Konzept ermöglicht das Hinzufügen von weiteren Münzen. Sie sollen in Workshops oder Mitmach-Aktionen nach und nach hergestellt werden.
Kunst als Wert begreifen
Das Projekt steht für Lebski auch als Beispiel für den freudig liebenswerten Umgang miteinander in der Mosaikszene. Da gebe es keinen Konkurrenzdruck, sagt sie, eher Unterstützung. Für Lebski macht die Kunst im öffentlichen Raum ihr Leben bunter und interessanter. In Workshops oder kleinen Projekten mit Schulen versucht sie, das ein Stück weiterzugeben. Sie ist sich sicher, wenn Kunst als Wert begriffen wird, kann sie positive Veränderung bewirken.
Streetart in Gönnheim
Auch die Gönnheimer haben den Wert von Kunst erkannt. In dem kleinen Ort im Landkreis Bad Dürkheim wird Kunst großgeschrieben – dank Heike Ditrich, die 2016 das Wine und Streetart Festival ins Leben gerufen hat. Nach der Auszeichnung 2015 zum schönsten Weinfest der Pfalz, dachte sich die Gönnheimerin: Und jetzt? „Das ist nicht mehr zu toppen, da muss doch mal etwas anderes her“, erzählt sie über die Anfänge der Idee. Mit dem Bewusstsein, dass die Pfälzer gerne feiern und inspiriert von der italienischen Streetart-Kunst, schlug sie kurzerhand vor, einmal die Kunst stärker zu betonen. Inzwischen hat sich das Festival etabliert, ist weit über die Grenzen von Gönnheim bekannt. Rund 50 regionale und internationale Künstler kamen in diesem Jahr am ersten Juliwochenende zusammen. „Alle lieben die familiäre Atmosphäre. Das Ambiente in Gönnheim ist ein Unikat. Sonst machen eher Großstädte Festivals dieser Art“, sagt Ditrich, die alles ehrenamtlich im „Fulltimejob“ begleitet.
Heike Ditrich. Foto: Privat
Bis zu zwölf Meter hohe Kunstwerke
Ohne das Mitwirken der Gönnheimer wäre all das nicht möglich. Fast jeder der 1600 Einwohner engagiert sich in irgendeiner Weise; sei es im Organisationsteam, beim Bewirten von Künstlern, mit geöffneten Höfen für Workshops und Ausstellungen oder indem er Hauswände für die Kunstwerke zur Verfügung stellt. Davon sind tatsächlich mittlerweile über 40 zu bestaunen. Teilweise sind sie bis zu zwölf Meter hoch. Ausgenommen ist der Dorfkern, der unter Denkmalschutz steht. „Anfangs haben die Künstler auf die Straßen und Holzwände gemalt und gesprayt. Da war es schwierig, Hauswände freigegeben zu bekommen“, erzählt Ditrich verständnisvoll. Doch die Menschen im Ort öffneten sich immer mehr für die Kunst. So entstand schließlich die Gönnheimer Open-Air-Gallery. In monatlichen Führungen können sich Interessierte Hintergrund und Entstehung der Kunstwerke erklären lassen.
Für die Verwirklichung des Festivals sind viele Sponsoren nötig. Auch das Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich mit der Kulturstiftung und gibt mit dem Kultursommer Rheinland-Pfalz jedes Jahr das Thema wie beispielsweise „Sterne des Südens“, „Nordlichter“ oder „Ostwind“ vor. Das schafft zwar den Rahmen, lässt aber genügend Spielraum für Interpretationen. Letztendlich ist die Kunst frei. Zudem greifen die Künstler oft gesellschaftliche Themen wie Klimawandel, Meeresverschmutzung oder den olympischen Gedanken auf – oftmals abstrahierend und zum Nachdenken anregend. Die Stilrichtungen sind ebenso unterschiedlich. „So entsteht am Ende ein breites Spektrum, das ganz unterschiedliche Geschmäcker anspricht“, meint Ditrich stolz.
Der Ort wächst mit der Kunst
„Ich finde das schon eine erstaunliche Leistung für den Ort“, freut sich Sven Hafner. Der gelernte IT-ler gehört zum Kernorganisationsteam des Festivals, das sich aus vier Personen zusammensetzt. Er ist auch Initiator der Kulturkneipe in Gönnheim, für die das ehemalige Schützenhaus umfunktioniert wurde und die heute regelmäßig Musikthemenabende anbietet. „Die werden super angenommen. Das Erlebnis Musik verbindet eben wie Malerei“, schwärmt Hafner. Die Kunst in Gönnheim hat mehr Kultur in den Ort gebracht. Weitere Angebote bieten unter anderem die Landfrauen mit Public Painting und Aquarellkursen. Und parallel zum Festival findet immer der Comic Salon statt, der mittlerweile auch Bekanntheit in der Szene hat.
Dass sich die Einwohner des Ortes mit der öffentlichen Kunst identifizieren, zeigt sich unter anderem daran, wie manche Wegbeschreibungen formuliert werden. „Da heißt es dann: Sie müssen abbiegen, wo das Haus mit dem Krümelmonster drauf ist“, erzählt Heike Ditrich schmunzelnd. Gönnheim ist also ein Paradebeispiel, wie Kunst im öffentlichen Raum verbinden kann. Jederzeit und für jeden zugänglich, zum Gespräch oder einem Miteinander anregend und als Inspirationsquelle für Neues. Oder um es mit den Worten des Malers und Grafikers Paul Klee (1879–1940) zu formulieren: „Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern Kunst macht sichtbar.“
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Lebkuchenherz und Zuckerwatte, Geselligkeit mit Familie oder Freunden, Techtelmechtel beim Kerwe-Tanz, strahlende Kinderaugen. Seit Generationen weiß die Pfalz, wie man feiert. Vieles hat sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Was aber bei allen bleibt, ist der hohe Stellenwert von Weinfest, Jahrmarkt oder Kerwe.
HERZSTÜCK Das historische Karussell bei der Hambacher Kerwe. Foto: Jakobuskerwe/Joerg Kaufmann
„Ich wurde da hineingeboren und bin als Reisegastronom aufgewachsen. Die ‚Schnitzelmühle‘, der ‚Schwenkgrill‘ und der ‚Weingarten‘ sind mein Zuhause. Egal, ob sie auf dem Wurstmarkt stehen, in Stuttgart oder im Ruhrpott.“ Jeffrey Bauer kommt aus Worms, ist 40 Jahre alt und nach seinen Worten seit 40 Jahren auf dem Dürkheimer Wurstmarkt dabei. Jahr für Jahr tummeln sich dort an neun Tagen im September bis zu 700.000 Menschen zwischen Fahrgeschäften, Festzelten und Schubkarchständen. Seinen Anfang nahm alles im frühen 15. Jahrhundert als Wallfahrt zum Michelsberg. Ein Bauern- und Handwerksmarkt gehörte ebenfalls dazu. Mit der Zeit wurde daraus ein weltliches Volksfest, zu Beginn des 19. Jahrhunderts dann aus dem Michaelismarkt der Wurstmarkt, heute das größte Weinfest der Welt.
Rund 10.000 Volksfeste
Deutschlandweit gibt es jedes Jahr rund 10.000 Volksfeste, die knapp 200 Millionen Besucher verzeichnen. Möglich machen das etwa 5600 Schaustellerunternehmen – und Menschen wie Jeffrey Bauer. „Das große Geld machen wir Schausteller gewiss nicht, trotzdem bin ich stolz auf unsere Branche“, sagt Bauer und ergänzt: „Wir sorgen für Genuss und Freude und sind vom Losverkäufer bis zur Pommesbude oder dem Betreiber modernster Fahrgeschäfte irgendwie eine große Familie, die sich auf allen möglichen Festplätzen innerhalb und außerhalb der Pfalz sieht.“
Steigende Preise als Problem
Mit dem Geschäft auf dem Wurstmarkt ist Bauer zufrieden. Und für das, was man dort besser machen könne, findet er jeweils nach dem Markt mit seinen Kollegen beim traditionellen „Meckerfrühstück“ neue Ideen und Lösungen. Wie alle Schausteller, leidet auch die Reisegastronomie der Familie Bauer unter stark gestiegenen Preisen, die nicht an das Publikum weitergegeben werden können. Bauer zählt auf: „Gestiegene Spritkosten bei unseren ständigen Fahrten, erhöhte Stand- und Platzmieten, Stromanschlüsse und Stromverbrauch, gestiegene Einkaufspreise für Speisen und Getränke – all dies drückt auf die Wirtschaftlichkeit. Wir sitzen da in einer Zwickmühle und können die gestiegenen Kosten nicht einfach an unsere Gäste weitergeben. Ich müsste fünf Euro für ein Bier verlangen, aber das geht einfach nicht.“
TRADITION Den Dürkheimer Wurstmarkt gibt es seit mehr als 600 Jahren. Schausteller Jeffrey Bauer (im Bild links) ist seit Jahrzehnten mit dabei. Das Foto zeigt ihn mit seinem 2025 verstorbenen Vater René vor dem Biergarten der Familie. Fotos: PfalzTouristik e.V./Heimatlichter GmbH / Privat
Ehrenamtler sorgen für Ausschank
Dass es eine Nummer kleiner geht, zeigt sich unter anderem im Neustadter Ortsteil Hambach, wo seit 1732 immer am letzten Juliwochenende das Kirchweihfest zu Ehren des Heiligen Jakobus gefeiert wird. Ortsvorsteher Pascal Bender wertschätzt die Jakobuskerwe: „Wir pflegen hier eine große Tradition und haben nach wie vor viele begeisterte Mitmacher, die ehrenamtlich für den Ausschank und für Programmteile sorgen. Das gilt für die Landjugend ebenso wie für den Förderverein ‚Die Hambacher‘ oder auch für unsere Trachtengruppe.“ Der Ablauf der Kerwe ist genau festgelegt: Immer freitags findet an der Jakobuskirche eine kirchliche Segnung statt. Dem folgt ein feierlicher Umzug zum Rathausplatz, der mit dem historischen Etagenkarussell als Kerwe-Platz dient. Dort wird die Kerwe eröffnet. Gefeiert wird bis Dienstagabend. Zum Ausklang gibt es kostenlose Wurstbrote und Wein. Zu den Besonderheiten der Kerwe gehören für den Ortsvorsteher die Festmeile sowie die offenen Winzerhöfe, in denen man sich zu Pfälzer Hausmannskost und Hambacher Wein niederlässt. „Wir verstehen es, auch ohne das Remmidemmi großer Volksfeste unsere Kerwe zu feiern und Lebensfreude auszustrahlen“, betont Bender.
FEIERLAUNE Bei der Hambacher Kerwe hat der Umzug zum Auftakt den Rathausplatz zum Ziel. Foto: Peter HofmeisterPascal Bender. Foto: Privat
Historisches Karussell als Herzstück
Als ein Herzstück der Kerwe gilt das historische Karussell aus dem Jahr 1853 oder 1883 – dazu schwanken die Angaben. Das Fahrgeschäft mit seiner überbordenden Dekoration löst auch bei älteren Besuchern immer wieder kindliches Staunen aus. Nostalgie pur auf zwei Etagen. Bis 1926 wurde das Karussell von Pferden in Bewegung gesetzt, seit knapp 100 Jahren hat das die Technik übernommen. Die Rarität ist in Besitz der Schaustellerfamilie Hartmann aus Landau. Seniorchef Franz Walter Hartmann, der die Geschäfte an Tochter Tanja und damit an die fünfte Generation des Familienunternehmens weitergegeben hat, gehört ebenfalls zu jenen, die sich immer wieder auf Hambach freuen. Auf die Frage, welche Kerwe oder welcher Jahrmarkt er als Schausteller und Besucher am meisten mag, kommt ohne Zögern: „Die Jakobuskerwe in Hambach. Da ist die Welt noch in Ordnung!“
Die schönsten Tage im Jahr
Sinngemäß hat der aus Ludwigshafen stammende Philosoph Ernst Bloch (1885–1977) einmal gesagt, dass Volksfeste einen Kontrast zur alltäglichen Not bilden, während „Herrenfeste“ – heute würde man sie wohl „Partys“ nennen – die allgemeine Langeweile unterbrechen sollen. Gerade für Menschen, die in den Nachkriegsjahren aufwuchsen, hatte die Kerwe einen ganz besonderen Stellenwert. Zu ihnen zählt Helmut Vogel aus Herxheim bei Landau. Er kam 1945 zur Welt und wuchs in Kapsweyer in der Südpfalz auf. An die Kerwe in der Kindheit und Jugend haben er und seine Frau Gertrud besondere Erinnerungen. Als kleiner Bub habe er die Kerwe herbeigesehnt: „Das waren für uns die schönsten Tage im Jahr.“
Gertrud und Helmut Vogel. Foto: Privat
Kein Eintritt bei Volksfesten
Dem pflichtet Robert Stenglein aus Großfischlingen bei. Er ist Vorsitzender des Verbands reisender Schausteller Pfalz Landau/Neustadt und steht mit seinem Geschäft in einer mehr als 100-jährigen Familientradition. „Wir hatten mit einem Babyflug-Karussell, Kinderkarussell, Sportkarussell, Helikopterkarussell und Autoscooter lange Zeit fünf Fahrgeschäfte. Ich habe inzwischen alles abgegeben und fahre zusammen mit meiner Frau nur noch mit einem Pizza-Imbiss zu den Volksfesten. Meiner Tochter habe ich klar davon abgeraten, die Schaustellertradition unserer Familie fortzusetzen“, verweist Stenglein auf die Wirtschaftlichkeit. Von der Idee, bei Volksfesten Eintritt zu verlangen, hält er trotzdem nichts: „Dann bleiben kinderreiche Familien mit geringen Einkommen weg, und Volksfeste hören auf, für das Volk da zu sein.“ Sein Resümee: „In der Pfalz und anderswo wird die Lust an der Kerwe ganz bestimmt bleiben. Aber so richtig Remmidemmi mit Fahrgeschäften und modernen Unterhaltungsangeboten wird bald nur noch bei Großveranstaltungen zu finden sein.
SYMBOL Herzen aus Lebkuchen sind ein Muss bei jeder Kerwe. Foto: Bri Klenner/Pixabay
Steingut-Hund als großer Treffer
Die Kerwe war für den jungen Helmut Vogel ein großes Abenteuer. „Manchmal sind wir den Kirmeswagen, die von Traktoren gezogen wurden, vor lauter Ungeduld sogar entgegengelaufen. Und dann wurde es spannend. Da ich viele Tanten und Onkel hatte, die uns sonntags zum Kerwe-Essen besuchten, gab es für mich gutes Kerwe-Geld. Geprasst habe ich damit nicht, ich habe es eher trickreich eingesetzt. Am Zuckerstand zum Beispiel gab es die begehrten ‚Wundertüten‘ mit Plastikfiguren drin, die wir alle sammelten. Beim Abtasten dieser Tüten habe ich gespürt, ob ich die nicht sichtbaren Figuren schon hatte oder nicht. Diese Tasterei ging den Verkäufern natürlich auf den Wecker. Aber sie war erfolgreich“, erzählt er. Vogel: „Am Losstand war ich immer erst gegen Abend aktiv, vorausgesetzt, es gab den Hauptgewinn noch. Und tatsächlich habe ich einmal einen großen Treffer gelandet. Ich habe heute noch vor Augen, wie mir der große Steingut-Hund mit eingebauter Uhr überreicht wurde.“
Höhepunkt im Jahresverlauf
Wobei es bei den Kerwe-Gewinnen für Helmut Vogel nicht bei dem Steingut-Hund bleiben sollte. Jahre später, als er mit seinem Cousin den Kerwe-Tanz in Herxheim besuchte, lernte er dort seine heutige Ehefrau kennen. Auch sie erinnert sich noch gut an die damalige Zeit. „Wir Mädels haben zur Kerwe oft ein neues Kleid geschenkt bekommen. Und einmal war ich so blöd, mit meinem neuen Kerwe-Kleid in den Dreck, genauer ins Dorfbächel zu fallen“, berichtet sie und ergänzt: „Do war die Kerwe fer mich geloffe. Ich hab‘ gschtunke wie e Ohl!“ Für die beiden war die Kerwe ein wahrer Höhepunkt im Jahresverlauf.
Kerwegeld von der Firma
Auch Werner Friedrich Ellersiek aus Kaiserslautern blickt gerne auf vergangene Zeiten zurück. Der 87-jährige Westpfälzer war Speditionskaufmann mit eigenem Betrieb und kann sich gut an die Lautrer Kerwe in den Nachkriegsjahren auf dem zentralen Stiftsplatz erinnern. Es war die Zeit, in der viele Firmen in der Stadt ihren Mitarbeitern noch Kerwegeld spendierten; keine Unsummen, aber immerhin. Obwohl die Oktober-Kerwe, inzwischen durch die Mai-Kerwe ergänzt, damals schon mit einigen modernen Fahrgeschäften lockte, hatten es dem jungen Werner Friedrich die Festzelte der Lautrer Brauereien mehr angetan. Von ihnen gab es einige. Auf deren Bühnen spielten Kapellen Schlagermusik. Und wie Helmut Vogel lernte auch Ellersiek seine spätere Frau beim Kerwe-Tanz in den Nachkriegsjahren kennen.
Werner Friedrich Ellersiek. Foto: Privat
Kerwe-Essen und Heiratsmarkt
Was bei der städtischen Kerwe keine Rolle spielte, dafür in ländlichen Gemeinden umso wichtiger war, weiß Ilse Wies aus Maßweiler bei Pirmasens. „Üppig gelebt hat bei uns in den 50er-Jahren niemand. Aber wenn Kerwe war, gab es ohne Wenn und Aber in fast allen Familien ein mehrgängiges Kerwe-Essen. Es bestand aus einer Suppe, Rindfleisch mit Meerrettich, Bratwurst mit Sauerkraut und einem Dessert aus Speiseeis oder einer anderen Süßspeise“, erklärt Wies. Der Kerwe-Tanz, so blickt sie zurück, „war auch ein bisschen Heiratsmarkt. Wenn eine junge Frau von einem Burschen mehrmals am Abend zum Tanz aufgefordert wurde, war das ein klares Zeichen. Und wenn die Aufgeforderte mehrfach mit ihm tanzte und dabei lächelte, brauchte es nicht vieler Worte. Durfte der junge Mann die junge Frau nach dem Tanz dann bis vor die Haustür nach Hause führen, war fast schon klar, dass die beiden ‚miteinander gingen‘.“
Ilse Wies. Foto: Privat
Brauch bis heute erhalten
Bis heute hat sich in Maßweiler der Brauch von „Kerwe-Strauß und Kerwe-Red“ erhalten. Sogenannte „Strauß-Buwe“ schmücken einen Baumstamm mit bunten Papiergirlanden als Kerwe-Strauß und bringen ihn am Kerwe-Sonntag nach dem Gottesdienst an einem prominenten Ort des Dorfes für ein Jahr an. Dazu wird vor großem Publikum die „Kerwe-Red“ vorgetragen. Sie dreht sich traditionell darum, was in Maßweiler über das Jahr hinweg passiert ist. Für Spannung sorgte immer die Frage: „Wer von den Bewohnern hat sich im abgelaufenen Jahr bei welchen Episoden am lustigsten blamiert?“
BRAUCHTUM Der bunte „Kerwe-Strauß“ gehört in Maßweiler traditionell dazu – bis heute. Fotos: Privat
Die Brezel im Mittelpunkt
Ein Fest mit Tradition lockt alljährlich auch nach Speyer: Wenn man dort Ende Juli vom Stichtag spricht, geht es seit 1910 um die Eröffnung des Brezelfests mit dem groß gefeierten Fassanstich. Der Gründungszweck des Volksfests war, mehr Touristen nach Speyer zu locken. Zunächst fand es als Speyerer „Verkehrs- und Bretzeltag“ statt und diente der Umsatzsteigerung Speyerer Bierbrauer, Brezel- und Gutselbäcker sowie der Tabakfabrikanten. Die Besucher, so könnte man es heute formulieren, waren also gehalten, viel Alkohol zu trinken, viele Brezeln zu essen und viel zu rauchen. Da die Bedeutung der Brezel und der Brezelbäckerei in Speyer schon für das späte Mittelalter dokumentiert ist, steht sie bis heute im Mittelpunkt der Veranstaltung.
NAMENSGEBERIN Kunstvoll geschlungenem Laugengebäck wird in Speyer mit dem Brezelfest gehuldigt. Foto: Taken/Pixabay
Schwierige Suche nach Personal
Ging es in früheren Zeiten bei Volksfesten eher um das gesellige Beisammensein, kamen im Laufe der Jahrzehnte viele Attraktionen, wie etwa die Fahrgeschäfte, hinzu. Vorreiter war dabei der noch heute existierende Vergnügungspark in Coney Island im Süden New Yorks in den USA. Dort warteten bereits im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert Weltneuheiten wie die Achterbahn („Switchback Railway“), das Riesenrad („Wonder Wheel“), der Autoscooter („Bumper Cars“) oder Geisterbahnen („Ghost Trains“) auf wagemutige Besucher. Solche Fahrgeschäfte sind es, die wegen des aufwendigen Auf- und Abbaus auch heute noch für die meisten Schausteller einen gewissen Personalaufwand bedeuten. Das weiß auch Franz Walter Hartmann aus Landau. „Unser Familienbetrieb arbeitet in fünfter Generation. Dabei waren Fahrgeschäfte mit Autoscooter und mehreren Karussells lange Zeit der klare Schwerpunkt. Früher sind unsere Helfer für Auf- und Abbau einige Jahre mitgefahren und kannten jeden Handgriff. Zumeist waren es deutschsprachige Helfer. Heute muss man froh sein, wenn man überhaupt irgendwelche Helfer bekommt“, berichtet Hartmann. Er hat die Sorge, dass es noch schwieriger wird, Personal zu finden, wenn die Regierung nur noch Fachkräfte ins Land kommen lassen wolle.
Gerlinde und Hans Grohe. Foto: Privat
Gelächter beim Fassanstich
An eine Personalnot ganz anderer Art erinnert sich Hans Grohe aus Haßloch. Auch er und seine Frau Gerlinde gehören zu der Generation, für die die Kerwe seit jeher etwas ganz Besonderes war. Als Grohe Mitglied im Gemeinderat war, fehlte einst beim obligatorischen Fassanstich zur Eröffnung der Kerwe der eigentlich dafür vorgesehene Bürgermeister. Also durfte Grohe ran. Was er nicht wusste: Ein Kollege aus einer anderen Fraktion hatte den Hammer präpariert. Das unbrauchbar gemachte Werkzeug führte beim ersten Schlag zu einem großen Gespritze und allgemeinem Gelächter. Das ist nun schon einige Jahre her. Inzwischen wurde der „Saal Löwer“ in Haßloch als historischer Ort für den Kerwe-Tanz mit großem Engagement saniert und 2022 feierlich wiedereröffnet. Und so dürften sich auch kommende Generationen eines Tages gerne daran erinnern, was sie dort bei der Kerwe so alles erlebt haben.
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In unserer Rubrik zum Thema Weinwissen erläutert Rudolf Litty dieses Mal die Ursachen für Weinfehler. Diese können sehr unterschiedlich sein.
Foto: Hermes Rivera/Unsplash
Manche Menschen mögen manche Weine nicht – dies ist in der Regel eine Frage des persönlichen Geschmacks. Manchmal hat ein Wein aber auch einen Fehler. Diese Fehler können sich in Geruch, Geschmack oder Aussehen zeigen und sind Abweichungen von den erwünschten Eigenschaften eines Weines. Die Ursachen für Weinfehler sind unterschiedlich. Häufig sind sie auf mikrobielle oder chemische Einflüsse zurückzuführen. Es ist wichtig, Weinfehler zu erkennen, um zu vermeiden, dass man einen verdorbenen Wein trinkt. Bei stärker ausgeprägten Weinfehlern ist der Wein oft nicht mehr genießbar.
Woher kommt der Name Böckser?
Ein bekanntes Beispiel: der Böckser, der oft auch als Hefeböckser bezeichnet wird. Böcksertöne können bei der Gärung durch unsachgemäße Schwefelung oder fehlerhafte Hefetätigkeit entstehen. Der Wein bekommt dabei ein unangenehmes Aroma nach faulen Eiern, verbranntem Gummi oder Kohl. Er kann aber auch einen ziegenbockähnlichen Geruch annehmen, woher der Name („Böckser“ wird von „Bock“) abgeleitet wird. Dieser Fehler ist häufig bei jungen Weinen anzutreffen, wo er sich aber häufig wieder verflüchtigt.
Jeder Weinfehler hat seinen eigenen Geruch
Zu einem eher muffigen Geruch kann es kommen, wenn Wein „korkt“. Auslöser dafür ist das Bakterium TCA (Trichloranisol), das sich im Korken bilden kann. Ein Essigstich wird durch Essigsäurebakterien verursacht, die den Wein säuerlich und stechend nach Essig schmecken und riechen lassen. Von einem Wein mit Fasston spricht man bei modrigem Geruch. Er rührt von Schimmelpilzen in Weinfässern her, wenn sie zum Beispiel nicht ausreichend gereinigt wurden..
Nicht jeder trübe Wein ist fehlerhaft
Oxidation tritt auf, wenn ein Wein zu lange dem Sauerstoff ausgesetzt ist. Dies kann zu einem sherry-ähnlichen Geschmack und zu bräunlicher Verfärbung führen. Trübungen gehören zu den häufigsten Fehlern und können durch Mikroorganismen oder durch eingetragene Fremdstoffe entstehen. Eine andere Ursache sind chemische Reaktionen. Wichtig: Ungefilterte Weine sind auch „trüb“, jedoch nicht fehlerhaft.
Der Experte
Rudolf Litty ist ehemaliger Mitarbeiter der Landwirtschaftskammer Rheinland-Pfalz. Beim Weinbauamt Neustadt/Weinstraße war er für die amtliche Qualitätsweinprüfung verantwortlich. Litty, geboren 1951, lebt in Klingenmünster und organisiert Weinseminare.
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Zwischen Tradition und den Herausforderungen durch den Klimawandel entstehen Weine, die mehr wollen als nur gut zu schmecken – sie erzählen von Verantwortung, Vielfalt und einem neuen Bewusstsein im Glas.
Fotos: Weingut Schwaab, Inga Klohr
Wein ist viel mehr als ein Getränk – er ist Emotion, Geschichte und ein kleines Stück Heimat im Glas. In der Pfalz gehört er für viele zum Alltag wie die Schorle ins Dubbeglas. Generationen haben hier Reben gepflegt, Handwerk verfeinert und Traditionen weitergegeben. Doch das sich verändernde Klima stellt vieles auf den Kopf – und mit der Welt verändert sich auch der Weinbau. Junge Winzer wie Bastian Schwaab aus Kirrweiler stellen sich diesen Herausforderungen – mit einem feinen Gespür für Natur, Qualität, Wissen und Weitblick. Sie denken Wein neu, ohne das Alte zu vergessen.
Echtes Handwerk mit Fingerspitzengefühl
Foto: Inga Klohr
Der Jungwinzer des Jahres 2023 hat im Familienweingut Markus Schwaab seine eigene Weinlinie ins Leben gerufen. Einer der Weine daraus trägt einen Namen, der neugierig macht: „Zukunft Teil 1“. Ein mutiger Auftakt, der nicht nur gut schmeckt, sondern auch Haltung zeigt. Schwaab setzt dabei auf Piwis wie Cabernet Blanc und Sauvignac – pilzwiderstandsfähige Rebsorten, die mit deutlich weniger Pflanzenschutz auskommen. Zwischen den Rebzeilen blüht eine artenreiche Begrünung: gut für den Boden, gut für die Wasserspeicherung, gut fürs Mikroklima – und ein Zuhause für Bienen, Käfer und Co. Auch im Keller geht’s naturnah weiter: spontan vergoren, teils im Edelstahltank, teils im Holzfass. Kein Schnickschnack, sondern echtes Handwerk mit Fingerspitzengefühl.
Wein eine nachhaltige Zukunft geben
Und wie schmeckt nun die Zukunft? „Zukunft Teil 1“ duftet nach Stachelbeere, Limette und einem Hauch Holunderblüte. Dazu ein Touch grüne Paprika. Am Gaumen lebendig und frisch, mit feiner Säure, cremiger Textur und einer Prise Holz, die dem Ganzen Tiefe gibt. Ein Wein mit Charakter. Und mit einer Botschaft. „Zukunft Teil 1“ war nur der Anfang – wir dürfen gespannt sein auf die nächsten Kapitel der Zukunftsreihe. Bastian Schwaab steht für eine neue Generation Pfälzer Winzer: mutig, naturverbunden und mit dem festen Willen, dem Wein eine nachhaltige Zukunft zu geben – ohne dabei seine Seele zu verlieren.
Zukunft Teil 1 | 0,75 Liter | 8,90 Euro | Weingut Markus Schwaab | Kirrweiler | bastianschwaab.de
Winzerin Inga Klohr. Foto: AdLumina/Ralf Ziegler
Die VielPfalz-Weinstöberei
Besondere Cuvées oder ein spontan vergorener Literriesling – unter Pfälzer Weinen gibt es immer Spannendes zu entdecken. Weinstöberei heißt die Rubrik, in der Inga Klohr (geb. Storck) empfehlenswerte Weine vorstellt. Die Pfälzische Weinkönigin 2017/2018 und Deutsche Weinprinzessin 2018/2019 macht sich für VielPfalz auf die Suche nach besonderen Tropfen. Sie absolvierte den Dualen Studiengang Weinbau und Önologie am Weincampus in Neustadt an der Weinstraße und arbeitet als Winzerin.
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Pfälzer Szenen von Karin Mihm
Än Aagebligg: Römisches Weingut Weilberg bei Dürkheim-Ungstein
Sie sind eine gezeichnete Kolumne. Sie sind ein optisches Ausrufezeichen in Sachen Genuss. Sie halten besondere Augenblicke in einer besonderen Form fest. Karin Mihm präsentiert Pfälzer Szenen mit lockerem Tuschestrich und fröhlichen Aquarellfarben.
Die Künstlerin
Foto: Privat
Karin Mihm, Jahrgang 1966, hat in Gießen und Marburg studiert. Einige Jahre lebte sie in Berlin, bevor es sie 2003 nach Düsseldorf zog, wo sie bis heute lebt. Ihr künstlerisches Werk reicht von Comics für Kinder und Erwachsene über politische Karikaturen, Illustrationen und Zeichnungen bis hin zur Malerei. Sie werden mit lockerem Tuschestrich und Aquarellfarben angefertigt. Karin Mihms Ziel: typische Orte zeichnen und dabei eine liebenswerte und humorvolle Perspektive einnehmen. In der Pfalz hat sie dazu eine große Auswahl.
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Für alle, die intensiver in das Thema Citizen Science eintauchen möchten, haben wir auf unserer Website vielpfalz.de eine Link-Sammlung zusammengestellt. Sie führt – geordnet nach …
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Betrachtungen von Janina Huber rund um Alkohol als gesellschaftlichen Schmierstoff und die „Drunken Monkey Hypothesis“.
Die Inspiration für diese Kolumne fliegt mir häufig einfach im Alltag zu – und dieses Mal war der Auslöser besonders kurios. Im Internet habe ich ein Video gesehen, das Affen beim gemeinsamen Verzehr vergorener Früchte zeigt. Natürlich war es vor allem zum Amüsement der zweibeinigen Nachkommen gedacht. Aber mein erster Gedanke war: Ha, da ist es wieder, das „Social Drinking“. Sogar Affen scheinen Alkohol mehr oder weniger bewusst als gesellschaftlichen Schmierstoff einzusetzen.
Assoziationen von kreisenden Dubbegläsern
Ein bisschen Recherche zeigt: Dazu gibt es sogar eine wissenschaftliche Theorie, die „Drunken Monkey Hypothesis“. Schon für unsere Vorfahren, so sagen die Forschenden, muss es einen evolutionären Vorteil geboten haben, vergorene Früchte zu essen. Zum einen riechen diese besser – die Weinfachfrau weiß: Bei der Gärung entstehen die Aromen. Sie enthalten aber auch mehr Kalorien, und ja, sie scheinen sich positiv aufs Miteinander auszuwirken. Und es kommt noch eines hinzu: Die Affen teilen die beschwipsten Früchte, was nicht nur den sozialen Aspekt unterstreicht, sondern auch unweigerlich Assoziationen von kreisenden Dubbegläsern bei mir weckt.
Eine Spannung tut sich auf
Unsere Präferenz, mit etwas Alkohol gemeinsam zu feiern, könnte also evolutionär geprägt sein. So ziemlich jeder Pfälzer dürfte das aus dem Stand unterschreiben. Doch gleichzeitig tut sich eine Spannung auf: Aktuell sitzt gerade den Winzerinnen und Winzern die Berichterstattung über die neueste Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung im Nacken, wonach quasi jeder Schluck risikobehaftet ist. Und alle, Produzenten, Experten und vielleicht auch viele Weinfans, fragen sich: Wie gehen wir damit um?
Bewusster und maßvoller Genuss
Wichtig ist für mich zunächst: Leugnen bringt nichts! Medizinische Erkenntnisse wegzureden, das geht nicht. Gleichzeitig müssen wir uns bewusst machen, dass hier in der Pfalz neben Wirtschaft und Tourismus auch eine Kulturlandschaft und das Lebensgefühl einer ganzen Region tief mit dem Wein verbunden sind. Natürlich: Wer regelmäßig und viel trinkt, setzt seine Gesundheit aufs Spiel. Aber zum einen ist das jedem selbst überlassen. Und zum anderen gibt es zwischen totalem Verzicht und hemmungslosem Konsum einen Raum, in dem der Genuss bewusst, maßvoll und sinnstiftend wird. Und genau dort sehe ich die Pfälzer Weinkultur. Am Ende können wir auch hier von den Affen lernen: Einen Vollrausch, so betonen die Forschenden, gibt es bei ihnen nicht. Sie halten Maß, teilen in ihrer Gemeinschaft und zeigen uns damit ein Stück weit auch, wie Feiern geht – nicht, dass wir in der Pfalz hier Nachhilfe nötig hätten!
Die Autorin
Janina Huber, 1989 in Bad Dürkheim geboren, hat Geschichte, Latein und Philosophie studiert. Ihre Leidenschaft für Wein machte die pfälzische Weinkönigin 2013/2014 und Deutsche Weinkönigin 2014/2015 längst zum Beruf. 2018 startete sie als selbstständige Weinfachfrau mit den Schwerpunkten Moderation und Kommunikation. Weinkurse und Workshops für Profis und Liebhaber bei der Weinschule „Grape skills“ in Heidelberg sind jetzt ihre Hauptbeschäftigung.
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