Pfalz persönlich
Kunst, Forschung und Einsatz
Theresa Krötz spendet dreifach Freude mit ihren Häkeltieren, Professor Christoph Künast setzt sich für biologische Vielfalt ein und Melanie Strub erforscht die Steinzeit. Sie sind drei der fünf Menschen, die wir dieses Mal im Kurzporträt vorstellen.
Helmut Boy Müller, Maler und Grafiker
Ein Künstler der alten Schule. Ein Grafiker des perfektionierten Handwerks. Ein Mann der wenigen Worte. Helmut Boy Müller, geboren 1934 in Kaiserslautern, äußert sich durch seine Bilder. Sie entstehen aus seinem Wesen, aus einem Prozess, den er innerlich mit sich ausmacht. Die Interpretation dessen, was er im Gegenständlichen nie so ausdrücken könnte, wie er es im Abstrakten vermag, überlässt er ganz dem Betrachter. Das Werk in seinen Händen hat der naturverbundene Künstler aus Stelzenberg im nahen Pfälzerwald mit Ginsterzweigen gemalt. Es wirkt verdichtet, geordnet und doch in Bewegung. Es könnte ein Querschnitt des Waldbodens sein, der Übergang des Unterirdischen zur oberirdischen Vegetation. Könnte.
„Vorwiegend will ich das Entstehen und den Verfall von Organismen, ihre Wandlungsfähigkeit und Omnipräsenz darstellen“, kommentiert der Künstler und verweist auf das Streben nach Ausgeglichenheit und Stimmigkeit im Detail trotz signalisierender Farbwirkung und mitunter aggressiver Techniken. Seit Beginn ist er bei den Offenen Ateliers RLP des Berufsverbandes Bildender Künstler dabei. So auch dieses Jahr am 23. und 24. September.
Text: ayß
Theresa Krötz, Freu(n)de-Häklerin
Sechs Zentimeter sind die Bienchen lang und an den Flügelspitzen sechs Zentimeter hoch. Sie sind einmal mehr ein Beispiel dafür, dass kleine Dinge Großes bewirken können. Häkelfreunde nennt Theresa Krötz ihre Bienchen, Schweinchen, Engelchen und Smileys, die sie mit viel Fingerfertigkeit häkelt. Häkelfreude wiederum verbreiten sie gleich drei Mal: „Ich habe große Freude daran, diese kleinen Wesen zu häkeln und sie in die Welt rauszuschicken, wo sie dem Käufer oder Beschenkten ein Lächeln ins Gesicht zaubern und der Verein Children of Mathare freut sich über die Spende.“ Denn der komplette Verkaufserlös geht an den hessischen Verein, der im Slum Mathare in Nairobi (Kenia) Kindern einen menschenwürdigen Schulalltag mit festen Mahlzeiten ermöglicht. „Mit dem Verkauf eines Schweinchens für sechs Euro kann ein Kind zehn Tage lang zur Schule gehen. Ich kenne die Vorsitzende des Vereins und weiß, dass das Geld 100-prozentig ankommt“, berichtet Theresa Krötz.
Etwa zweieinhalb Stunden häkelt sie – und zwar überall – an einer Figur. Mehrere hundert hat sie bereits fertiggestellt. Vor einem Jahr zog die kreative Neu-Pfälzerin mit ihrem Mann von Freiburg nach Neustadt-Hambach, weil sie sich in Land und Leute verliebt haben. Das Paar engagiert sich seitdem beim Pfälzerwald-Verein, macht Dienste auf der Totenkopfhütte und ist einfach in der Pfalz angekommen. Künftig möchte Theresa Krötz mit ihren Häkelfreu(n)den zusätzlich ein regionales soziales Projekt unterstützen.
Text: ayß | Info: freudehaekeln.de, children-of-mathare.org
Melanie Strub, Archäologin
„Ich könnte mir keinen schöneren Beruf vorstellen“, sagt Melanie Strub. Die studierte Archäologin ist überzeugt, dass ihr die Leidenschaft für Geschichte bereits in die Wiege gelegt wurde. In der Schulzeit verfestigte sich ihr Berufswunsch und dank der Unterstützung ihrer Eltern konnte sie ihrem Traum nachgehen, Archäologie zu studieren. Heute arbeitet die 35-Jährige bei der Landesarchäologie in Speyer. Zurzeit kümmert sie sich primär im Innendienst um die Betreuung des „Archäologischen Schaufensters“. Es bietet Einblicke in die Arbeit der Direktion Landesarchäologie der Generaldirektion Kulturelles Erbe. Besucher können sich in regelmäßig wechselnden Ausstellungen über neueste Forschungen und aktuelle Grabungen in der Pfalz informieren. Letztere gehören genauso zu ihrem Arbeitsgebiet – und zwar Grabungen mit dem Schwerpunkt Steinzeit und Bronzezeit – wie das Sichern, Erforschen und Pflegen von Funden.
„Etwas zu finden und in der Hand zu halten, was Menschen womöglich vor mehr als 4000 Jahren benutzt haben, ist für mich immer wieder ein einzigartiger Moment“, erzählt die in Ludwigshafen geborene Archäologin fasziniert. Dabei seien es gar nicht immer die großen Entdeckungen, die ihr eine Gänsehaut bescherten, sondern vielmehr kleine Dinge mit persönlicher Note, zum Beispiel ein Fingerabdruck auf einer Scherbe oder ein vor Hunderten von Jahren handgefertigter Kamm. Schon jetzt fiebert die Archäologin ihrem nächsten Grabungsprojekt entgegen. „Denn in der Pfalz ist noch längst nicht alles entdeckt.“
Text: frk | Info: gdke.rlp.de, speyer.de/tourismus
Professor Christoph Künast, Biologe
„Eh-da-Flächen“ sind eh da. Gemeint sind Böschungen, Dämme, Wegränder oder Verkehrsinseln, die oft ein Schattendasein führen. Die Idee, dies zu ändern, und der Name entstanden vor gut 15 Jahren nach der zweiten Flasche Rotwein in Otterstadt (Rhein-Pfalz-Kreis). Damals saß der Biologe Christoph Künast mit einem Kollegen zusammen und diskutierte über Biodiversität und Artenvielfalt. „Das Eh-da-Konzept beruht darauf, vorhandene Flächen besser für den Schutz biologischer Vielfalt zu nutzen“, erklärt Künast. Der 1948 geborene Rosenheimer, der seit 1990 Honorarprofessor an der Technischen Universität München ist, lebt seit 1993 in der Pfalz. Im BASF-Agrarzentrum Limburgerhof leitete er die Insektizidforschung und später die Ökotoxikologie, bevor er sich 2010 als Geschäftsführer von E-Sycon selbstständig machte.
Aus der „Eh-da“-Idee wurde die „Eh-da-Bewegung“. Mittlerweile sind in Rheinland-Pfalz mehr als 25 Gemeinden mit von der Partie. Praktische Umsetzungstipps gibt es im Buch „Eh da-Flächen – Mehr Lebensräume für Insekten (Verlag Dr. Friedrich Pfeil, ISBN 978-3-89937-281-6), das im Frühjahr neu erschienen ist. „Ohne Raupen gibt es keine Schmetterlinge, ohne Wildbienenbrut keine Wildbienen und ohne Käferlarven keine Käfer“, sagt Künast. Er macht sich deshalb einerseits für Blüten auf den Kleinflächen im Ort, andererseits für Bereiche mit Gestrüpp, Tot- und Altholz außerhalb stark. Nur die Kombination von beidem führe zum Erfolg „bei der wichtigen gesellschaftlichen Aufgabe, biologische Vielfalt zu schützen“.
Text: dot | Info: eh-da-flaechen.de, agroscience.de, e-sycon.de
Kurt Stuck, Modellbauer
„Was mache Sie dann do?“ Diese Frage hat Kurt Stuck mehrfach gehört, als er in Burgen der Pfalz unterwegs war, um an Mauern, Fenstern oder Türen genau Maß zu nehmen. Wenn er dann erläuterte, dass er die Vermessungen als Grundlage für maßstabsgetreue Burgenmodelle benötigt, die er mit Leidenschaft baut, ist die Faszination immer groß. Aktuell hat Stuck die Burgruine Drachenfels pünktlich zum 500. Jahrestag der Zerstörung im Mai des Jahres 1523 neu „errichtet“ (im Bild). Zusammen mit neun weiteren Modellen von Pfälzer Burgen – alle im Maßstab 1:100 – ist die Felsenburg bei Busenberg nun im Museum am Trifels in Annweiler (Landkreis Südliche Weinstraße) zu bewundern. „Wichtig ist der Hinweis, dass es sich um Aufbaustudien handelt, die nicht der wirklichen Bauweise entsprechen müssen“, erklärt der 1944 geborene Modellbauer aus Annweiler.
Die mögliche Realität detailgetreu abzubilden, ist jedoch immer das Ziel. Sogar den jeweiligen Untergrund, etwa Felsen, gestaltet Stuck so, wie er sich vor Ort präsentiert. Der gelernte Maschinenschlosser hat schon als Jugendlicher mit dem Modellbau begonnen. Zu Schiffen, die man sogar im Wasser fahren lassen kann, kamen bald Burgen hinzu. Mit Laubsägen, Feilen, Schlüsselfeilen und anderem Gerät bearbeitet er in monatelanger Arbeit Birkensperrholz für die vielen Einzelteile der Modelle. Am Ende kommen Spachtelmasse und Farbe hinzu. Auch ein großes Stadtmodell von Annweiler, ebenfalls im Museum zu sehen, ist so entstanden.
Text: dot | Info: Museum unterm Trifels (vg-annweiler.de/tourismus)
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