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Titelgeschichte: Wasser in der Pfalz

Pfalz halbtrocken

Was beim Wein Geschmack beschreibt, ist beim Wasser ein Alarmzeichen. Im Pfälzerwald versiegen erste Quellen. Flüsse führen im Sommer nur noch Niedrigwasser. Weiher trocknen aus. In Dörfern der Pfalz dürfen Gärten zeitweise nicht mehr gegossen werden. Um kühles Nass für Gemüsefelder gibt es heiße Diskussionen. Unser Lebenselixier, das durch nichts zu ersetzen ist, wird immer knapper und kostbarer. Ein Dossier über das Wasser in der Pfalz mit vielen Grafiken und Hintergründen.

AUSGETROCKNET Der Jagdhausweiher bei Kaiserslautern war einmal ein beliebter Badesee. Das hat sich stark verändert, wie die Aufnahme aus März 2022 zeigt. Foto: Reiner Voß/view – die Agentur

Endlich ist er da, der langersehnte Regen. Tropfen um Tropfen fällt er auf den trockenen Boden. Jetzt riecht man den Sommer. Erdig-frisch und leicht würzig. Unter dem Schutz des Blätterdaches lässt sich beim Spaziergang im Wald so richtig durchatmen. Wissenschaftler haben diesem Duft bereits Mitte der 1960er-Jahre den Namen „Petrichor“ gegeben. „Pétros” steht für Stein und „Ichor“ war laut griechischer Mythologie eine Flüssigkeit, die durch die Adern der Götter floss. Die Forscher fanden heraus, dass der Geruch des Regens durch ätherisches Öl entsteht, das Pflanzen und Bäume in Trockenphasen produzieren. Es wird von Böden und Gesteinen „aufgesaugt“. Hinzu kommt – dies zeigen jüngere Untersuchungen – der Alkohol Geosmin, den Bakterien im Boden bilden. Während großer Trockenheit und Hitze fahren sie ihren Stoffwechsel extrem herunter. Der Kontakt mit Wasser aktiviert die Bakterien dann schnell wieder und lässt sie Geosmin abgeben. Alkohol und ätherisches Öl zusammen steigen in Luftbläschen auf, die platzen und verwirbelt werden. Für einen ähnlichen Effekt sorgt auch Kohlensäure, die beim Öffnen einer Sektflasche entweicht und die Aromen verströmt.

Der Wald als Schwamm

Der Duft des Regens ist das eine. Zum anderen haben Wälder einen entscheidenden Einfluss auf die Wasserversorgung von Flüssen und Grundwasser. Das Kronendach der Bäume dämpft die Wucht des Wassers. Wenn dieses nach und nach in lockerem, humusreichem Untergrund versickert, kann der Waldboden viel mehr davon aufnehmen. So können Wälder entscheidend mit zu einem dezentralem Hochwasserschutz und zur Grundwasserbildung beitragen. „Intakter Wald ist wie ein Schwamm. Das merkt man auch an feuchterer Luft und an zwei bis vier Grad, die es im Wald kühler ist“, betont die Hydrologin Dr. Eva Verena Müller. Die 1979 in Darmstadt geborene Wissenschaftlerin betreut bei der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft in Trippstadt (Landkreis Kaiserslautern) in der Abteilung „Umweltvorsorge – Wald und Wasser“ das Thema in ganz Rheinland-Pfalz. Dabei spielt der Pfälzerwald, das größte geschlossene Waldgebiet Deutschlands, als bedeutender Grundwasserspeicher eine wichtige Rolle. Das Problem: Auch hier nimmt die Grundwasser-Neubildungsrate seit 20 Jahren deutlich ab.

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

Der Mensch und Ökosysteme

Hydrologin Dr. Eva Verena Müller. Foto: Karl Pfleging

Für uns Menschen ist der Geruch des Regens und die erholsame Wirkung des Waldes genauso selbstverständlich, wie das Vorhandensein von Luft und Wasser an sich. „Alles hat aber einen Wert und alles hängt mit allem zusammen. Es geht also um eine Inwertsetzung als Bewusstseinsprozess“, fordert Müller ein Umdenken und kritisiert, dass „sich um Probleme erst gekümmert wird, wenn sie akut sind“. Für die Wissenschaftlerin ist „der Mensch auf sensible Weise mit Ökosystemen und deren Funktionsfähigkeit verbunden“. Die Idee sogenannter Ökosystemdienstleistungen (ÖSDL) erkenne die Abhän- gigkeit des Menschen von der Natur an. Beispiele für ÖSDL des Waldes: Er steuert den Wasser- sowie Nährstoffkreislauf und übernimmt Boden- und Lebensraumfunktionen. Gleichzeitig sorgt er mit für die Trinkwasserversorgung und den Schutz vor Hochwasser. „Daraus abzuleiten ist eine menschliche Verantwortung und ein aktives Handeln, um die Natur zu erhalten“, sagt Müller. Ihre Doktorarbeit verfasste sie zum Thema „Analyse der waldspezifischen Ökosystemdienstleistungen im Hinblick auf die Wasserhaushaltskomponenten: Abfluss und Grundwasserneubildung im Wald“. Hier unterscheidet die Hydrologin zwischen versorgenden, regulierenden, kulturellen und unterstützenden ÖSDL. Müller ergänzt: „Der Naturhaushalt erfordert natürliche Vorgänge, um im Gleichgewicht zu bleiben. Wir sind aber mittendrin in einer Krise.“

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

Der Klimawandel als Verstärker

„Sommer, Sonne, Sorgen“ titelte Anfang Juli die „Süddeutsche Zeitung“ mit Blick auf Ozon, UV-Strahlen und Temperaturen von weit über 30 Grad. Die jüngste Hitzewelle setzt die Entwicklung der vergangenen Jahre fort. In Rheinland-Pfalz wurde für die Zeit von 1881 bis 2020 „ein signifikanter Temperaturanstieg um 1,6 Grad Celsius festgestellt“. Dies ist im Waldschadensbericht 2022 des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität nachzulesen. Mit der klimawandelbedingten Temperaturerhöhung ist es vor allem in den Jahren 2018, 2019 und 2020 zu längeren Trockenphasen innerhalb der Vegetationsperiode gekommen, was negative Folgen für die Wasserbilanz in Waldgebieten hatte. Doch nicht genug: Laut Klimaforschern erlebte Europa 2022 den heißesten Sommer seiner Geschichte. 2022 gilt mit außergewöhnlicher Hitze, ausgetrockneten Flüssen und brennenden Wäldern als ein „Jahr der Negativ-Rekorde“. Aktuell haben Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) registriert, dass im Juni 2023 die Durchschnitts-Temperatur zum zehnten Mal in Folge das langjährige Mittel überschritten hat. Im Südwesten war es am wärmsten. Mit einer Durchschnittstemperatur von 22,5 Grad, so die Meteorologen von Klima-Palatina in Maikammer, liegt Neustadt an der Weinstraße deutschlandweit an der Spitze. Selbst an kühleren Orten überstieg die Juni-Temperatur den Durchschnitts-Vergleichswert von 1981 bis 2010. Auch hier kommt der „Spitzenreiter“ aus der Pfalz: Pirmasens lag mit 20,4 Grad mehr als rund fünf Grad über dem Mittel.

Quelle: Klima-Palatina Maikammer

Der Regen und Bodenfeuchte

Die Folgen der großen Hitze im Jahr 2022 wurden durch fehlende Niederschläge zusätzlich verstärkt. Über das Jahr ist rund zehn Prozent weniger Regen gefallen als gewöhnlich. In Spanien, Großbritannien und Deutschland war das Defizit am größten, heißt es im Bericht „European State of the Climate 2022“ des EU-Beobachtungsdienstes Copernicus. Die Trockenheit betrifft die ganze Gesellschaft, weil sie vielfältige Auswirkungen hat. Sie reichen von der Energieversorgung bis zum Warenverkehr auf Flüssen. Besonders betroffen sind vor allem Landwirtschaft und Natur. Wie viel Wasser Pflanzen in den oberen Bodenschichten zur Verfügung steht, wird als Bodenfeuchte gemessen. Optimal sind Werte zwischen 50 und 100 Prozent. Im Sommer 2022 lagen die Werte laut DWD und Dürremonitor des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung nahezu überall in Deutschland deutlich unter 50 Prozent. Deshalb kann man von der größten Dürre seit Jahrzehnten reden. Weitere Folge der Trockenheit: In Deutschland ist 2022 so viel Wald bei Bränden zerstört worden wie noch nie zuvor in diesem Jahrtausend.

EXTREM Mit dem Klimawandel verstärken sich Wetterphänomene und ihre Auswirkungen. Beispiele aus der Pfalz, alle fotografiert von Rainer Voß/view – die agentur: Trockenschäden am Donnersberg.
Gewitterregen im Lautertal.
Starkregen im PRE-Park in Kaiserslautern.
Pflanzenwuchs im Burgalbweiher bei Johanniskreuz.
Niedrigwasser am Rhein bei Speyer.
Ausgetrockneter Boden bei Herschberg.

Der Blick in die Zukunft

Revierleiter Hauenstein, Gerald Scheffler. Foto: Michael Dostal

Wie wird sich dies in Zukunft entwickeln und wie kann gegengesteuert werden? Solche Fragen und die komplexen Wechselbeziehungen des Waldes mit menschlichen Aktivitäten standen bei einem europäischen Interreg-Projekt zwischen 2018 und 2021 im Mittelpunkt. Voraussetzung dafür, dass mehr Wasser im Wald zurückgehalten und gereinigt werden kann, sind funktionsfähige Böden (siehe auch VielPfalz-Ausgabe 2/2022). Hauptziel ist es nun, die Qualität von Ökosystemdienstleistungen (ÖSDL) zu verbessern. In ihrer Doktorarbeit, die ins Projekt eingebettet war, erstellte Eva Verena Müller Modellszenarien. „Die aktuelle Entwicklung des Klimas hat die Zukunftsprojektionen bereits ,überholt‘, was erschreckend ist“, betont die Wissenschaftlerin. Vor diesem Hintergrund sind Risikofaktoren für die ÖSDL des Waldes analysiert worden. Dazu zählen die Bodenverdichtung durch das Befahren mit schweren Maschinen bei der Holzernte oder Waldflächen, die etwa durch dürrebedingtes Absterben, Schädlinge oder Windwurf in Mitleidenschaft gezogen werden.

Die Arbeit mündet in Empfehlungen für Strategien der Waldbewirtschaftung und Verbesserungen des Wasserhaushaltes von Wäldern. Ein Beispiel sind Wege im Wald: Hier achtet man, beispielsweise zwischen Hauenstein und Hinterweidenthal, darauf, dass Wasser nicht mehr abgeleitet, sondern flächig im Wald verteilt wird. „Dazu legen wir Rigole an, durch die das Wasser unter dem Weg langsam durchsickern kann“, erklärt der Hauensteiner Revierleiter Gerald Scheffler. Er verweist zudem auf Flutmulden links und rechts des Weges, die Wasserspitzen aufnehmen bis sie versickern oder verdunsten. „Es gibt nicht den großen Wurf, sondern viele kleine Einzelmaßnahmen. Der Wald allein wird es nicht reißen“, betont Müller. Da Anpassungen im Wald immer in langen Zyklen erfolgen, ist dies ein massives Problem und erfordert rasches Handeln. Müllers Sorge: „Wenn der Klimawandel zu schnell ist, hat der Wald nicht genug Zeit sich anzupassen. Waldsterben und Versteppung können die Folge sein.“

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

Der Experte und das Frühwarnsystem

Gewässerbiologe Dr. Holger Schindler. Foto: Michael Dostal

Geschätzt gibt es rund 2500 Quellen im Pfälzerwald. „Man geht von 1,4 Quellen pro Quadratkilometer aus“, berichtet Dr. Holger Schindler. Für den 1970 in Kaiserslautern geborenen Gewässerbiologen, der auch als Regionalbeauftragter für die Pfalz des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) aktiv ist, sind Quellen „ein Frühwarnsystem in der Natur“. Fast überall in Rheinland-Pfalz gebe es im Durchschnitt rund 25 Prozent weniger Bildung von Grundwasser, erläutert er an der Quelle „Am Flüsschen“ im Wald bei Trippstadt. Mitte Juni tritt hier noch ausreichend Wasser aus, doch schon bald werde sie wohl austrocknen.

KOMPLEX Die Funktionalität des Waldes und menschliche Aktivitäten sind eng miteinander verbunden. Das Verbessern des Wasserhaushaltes ist eine wichtige Zukunftsaufgabe. Das Foto zeigt den Blick vom Luitpoldturm über den Pfälzerwald nach einem Regenguß. Foto: Reiner Voß / view – die agentur

„Eigentlich müsste man an solchen Stellen monitoren. Dies ist aber besonders schwer, weil kleine Bächlein auch mal von Natur aus austrocknen und die Schüttung schwer zu messen ist“, erläutert Schindler. Zudem hätten die Behörden nur die großen Gewässer im Blick, weil es erst ab zehn Quadratkilometern Einzugsgebiet eine Berichtspflicht gebe. Wie es aussieht, wenn Bäche „trocken fallen“ zeigt Schindler – ebenfalls zwischen Trippstadt und Kaiserslautern – am Aschbach, von dem es nur noch den Bachlauf gibt. „Hier fließt schon lange kein Wasser mehr. Hauptgrund dafür ist Wasserentnahme über Jahrzehnte“, sagt der Wissenschaftler.

Der Trend und die Effekte

Für einen Fehler hält es Schindler, dass bei Modellrechnungen oft noch mit Niederschlagsmengen und Temperaturen gearbeitet werde. „Dies führt zu Trugschlüssen, da ja durch die Klimaerwärmung die Verdunstung zunimmt“, argumentiert der Gewässerbiologe. Trotz einer im langjährigen Trend gleichen Regenmenge sorgen kürzere Winter und ein immer früherer Blütezeitraum für längere Vegetationsphasen, sodass Pflanzen und Bäume mehr Wasser benötigen. „Diese indirekten Effekte sind wichtig, weil ja auch die Verteilung der Niederschläge ganz anders ist. Manchmal gibt es wochenlang keinen Regen, dann kommt die ganze Menge an wenigen Tagen“, beschreibt Schindler weitere Gründe dafür, dass sich der Wasserhaushalt insgesamt ändert. Deshalb müsse dringend an allen Stellschrauben gegengesteuert werden. Dazu zählt für den Gewässerbiologen das Reduzieren von Wasserverlusten in den Rohrsystemen genauso wie ein Wald, der geschlossen gehalten wird. „Wir müssen zurück in eine Schwammlandschaft, in der das Wasser gehalten wird“, fordert Schindler. Nicht zuletzt benötige man in der Landwirtschaft andere Techniken, um künftig „nur nachts größere Flächen mit weniger Wasser zu bewässern“. In Israel und Kalifornien seien solche Systeme längst im Einsatz.

Quelle: Dr. Eva Verena Müller

SCHWINDEND Quellen wie „Am Flüsschen“ (links) drohen, im Sommer trocken zu fallen. Der Aschbach (rechts) führt schon lange kein Wasser mehr.

Der Mahner aus Landau

„Es wird immer noch mit Mitteln von gestern gearbeitet. Ich vermisse ein Konzept für eine nachhaltige Landwirtschaft genauso wie Lösungsvorschläge, die die Landwirtschaftsverbände aktiv unterbreiten“, kritisiert Dr. Hans Jürgen Hahn aus Landau. Der 1963 geborene Privatdozent im Institut für Umweltwissenschaften an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität (RPTU) Kaiserslautern-Landau beschäftigt sich auch als Geschäftsführer des Instituts für Grundwasserökologie IGÖ GmbH mit Quellen, Bachsedimenten sowie Grund- und Trinkwasser. Hahn, wie auch sein Kollege Dr. Holger Schindler, haben 2022 insgesamt rund 2400 Beobachtungen von Bürgern rund um kleine Gewässer in ganz Deutschland ausgewertet. Gesammelt worden sind sie in der ARD-Aktion „#UnserWasser“, die sich dem Thema Wasser als Grundlage des Lebens in Filmen, Dokumentationen und Mitmachaktionen gewidmet hat. Zahlreiche Meldungen kamen auch aus der Pfalz: In fast allen wird auf niedrige Wasserstände oder nicht mehr vorhandenes Wasser hingewiesen.

Privatdozent für Umweltwissenschaften Dr. Hans Jürgen Hahn. Foto: Michael Dostal

Der Streit um Bewässerung

„Die Situation trifft uns alle. Wir müssen Wege finden, wie wir in Zukunft mit weniger Wasser zurechtkommen“, sagt der Grundwasserökologe. Neue Brunnenbohrungen sind für ihn „nur eine Krücke, die das Problem zeitlich verschiebt“. Das Land sei zwar dabei, eine Wasserstrategie zu entwickeln, doch aus Hahns Sicht fehlen regional belastbare Wasserbilanzen. Unterschiedliche Versorger in den Regionen und Städten der Pfalz würden auf dem Weg zu verlässlichen Zahlen für zusätzliche Komplexität sorgen. Hahn spricht deshalb von einer Gleichung mit vielen Unbekannten: „Man weiß nicht, wie viel Grundwasser es gibt. Unklar ist auch, wie viel Wasser die Landwirtschaft und andere Nutzer verbrauchen, weil vieles nur geschätzt ist.“ In der Südpfalz werde von der Landwirtschaft vermutlich mehr Wasser genutzt als genehmigt sei. Vor diesem Hintergrund hat sich dort ein Streit zwischen Natur- und Umweltschützern sowie Landwirten entwickelt. Ihnen wird vorgeworfen, Wasser zu verschwenden. Sie seien so mit schuld daran, dass der Grundwasserspiegel sinke. Die Bauern verwahren sich dagegen.

KÜNSTLICH Um die Bewässerung von landwirtschaftlichen Flächen gibt es heiße Diskussionen zwischen Natur- und Umweltschützern und Bauern. Foto: Joachim Ackermann

Der Stöpsel in der Badewanne

ABLESBAR Digitale Wasseruhren dokumentierten in einem Modellversuch den Verbrauch von Grundwasser in der Landwirtschaft. Foto: SGD Süd

„Die Landwirte haben ein Problem und die Situation wird sicher nicht besser“, verweist Hahn darauf, dass sich in Teilen der Vorderpfalz 50 Prozent weniger Grundwasser bilde. Deshalb sei für eine Grundwasserberegnung, wie sie in der Südpfalz üblich ist, schlicht zu wenig Wasser da. „Die Rheinebene ist wie eine Badewanne, in der man den Stöpsel zieht. Wenn das Grundwasser stark absinkt, dreht sich der Druck um und oberflächennahes Wasser wird in Tiefe gezogen. Quellen und Bäche trocknen aus“, beschreibt Hahn die Problematik. Für die Landwirtschaft sei unbedingt eine langfristige Perspektive erforderlich. Dabei gibt Hahn zu bedenken, dass auch die Oberflächenbewässerung, wie sie etwa über den Beregnungsverband Vorderpfalz erfolgt, Probleme anderer Art mit sich bringe. „Diese Wassermenge ist begrenzt, weil der Rhein immer öfter Niedrigwasser hat oder haben wird“, sagt der Wissenschaftler. Zudem benötige man dann besonders viel Wasser, wenn der Rhein wenig davon führt. Zusätzlich komme zu dem Mengen- auch ein Qualitätsproblem hinzu, denn aus Flüssen und Bächen zulaufendes Wasser könne eine komplexe Mischung von Schadstoffen enthalten. Ursache dafür sei, dass bei niedrigen Wasserständen der Anteil von gereinigtem Abwasser besonders hoch sei. Hahn verweist darauf, dass die Vielfalt und Konzentration der im Grundwasser nachgewiesenen chemischen Verbindungen seit Jahrzehnten zunehmen. Nicht zuletzt führe intensive Bewässerung außerdem dazu, dass auf den Äckern mehr gedüngt und so stärker zu hohen Nitratbelastungen im Grundwasser beigetragen werde.

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Der Gemüsegarten Deutschlands

Die Bandbreite reicht von Artischocke bis Zuckermais: Das größte geschlossene Anbaugebiet für Freilandgemüse in der Bundesrepublik wird gerne „Gemüsegarten Deutschlands“ genannt. Etwa 18.000 Hektar Fläche bewirtschaften Landwirte zwischen Worms im Norden und Wörth im Süden. Kartoffeln, Salat, Radieschen oder Blumenkohl werden hier geerntet. Im Bereich der Vorderpfalz gibt es Bewässerung schon seit den 1950er-Jahren. Um den wachsenden Wasserbedarf der Landwirtschaft decken zu können, ist 1965 ein Beregnungsverband gegründet worden, der Altrheinwasser aus Otterstadt (Rhein-Pfalz-Kreis) verteilt. Laut Website des Verbandes umfasste die beregnete Fläche im Jahr 2010 rund 13.500 Hektar. Versorgt wird sie zwischen Gerolsheim im Norden und Otterstadt im Süden mit einem rund 600 Kilometer langem Verteilnetz. Für 2010 wird die Gesamtmenge an Wasser mit 11,4 Millionen Kubikmetern angegeben. Die beregnete Fläche, so heißt es auf der Website weiter, soll auf etwa 22.000 Hektar anwachsen. Ein Kubikmeter entspricht 1000 Litern. Gerne hätten wir aktuelle Zahlen veröffentlicht, doch der „Wasser- und Bodenverband zur Beregnung der Vorderpfalz“, so der offizielle Name, war zu keinem Gespräch bereit. Beim Versuch, telefonisch einen Termin zu vereinbaren, wurden wir gebeten, uns per E-Mail zu melden. Trotz mehrerer Versuche haben wir aber darauf keinerlei Rückmeldung erhalten.

Den Brunnen im Visier

Manfred Schanzenbächer. Foto: SGD Süd/ H. G. Merkel

In der Pfalz gibt es insgesamt rund 2500 Beregnungsbrunnen. Die Struktur- und Genehmigungsdirektion (SGD) Süd in Neustadt ist nach dem Landeswassergesetz (LWG) als obere Wasserbehörde ab einer Entnahmemenge von 24 Kubikmetern am Tag zuständig. Dauerhafte Entnahmen werden in die Datenbank der Wasserwirtschaftsverwaltung Rheinland-Pfalz eingetragen. Im Zuständigkeitsbereich der unteren Wasserbehörden bei den Kreisen und kreisfreien Städten erfolgt der Eintrag ab zehn Kubikmetern am Tag. Vereinzelt sind auch Brunnen mit einer geringeren Entnahmemenge erfasst, die etwa zum Beregnen von Sport- oder Parkanlagen dienen oder über eine „normale Gartenberegnung“ hinausgehen. In der Südpfalz, so die SGD, sei für das Jahr 2022 eine Entnahmemenge von 1,4 Millionen Kubikmetern genehmigt worden. In einem Pilotprojekt wurden dort zwischen Zeiskam und Hochstadt ab August 2021 an acht landwirtschaftlich genutzten Brunnen ein Jahr lang mit digitaler Messtechnik Entnahmemengen und Wasserstände kontrolliert. Das Gutachten kommt zum Ergebnis, dass die Grundwasserbewirtschaftung „als nachhaltig“ zu bezeichnen sei (Details auf sgdsued.rlp.de unter Themen, Wasserwirtschaft, Landwirtschaftliche Bewässerung). Der Grundwasserspiegel sei zwar während der Beregnungssaison gefallen, habe sich aber danach wieder aufs ursprüngliche Niveau bewegt. Kritiker finden jedoch, dass acht Brunnen eine zu geringe Beobachtungsgröße seien und alles über einen längeren Zeitraum betrachtet werden müsse. Die Messungen an den Brunnen laufen laut SGD weiter.

Wasser im Wandel

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Der Kampf ums Wasser

Für Manfred Schanzenbächer, Leiter der SGD-Abteilung „Wasserwirtschaft, Abfallwirtschaft, Bodenschutz“, ist Wasser „das wichtigste Lebensmittel überhaupt“. Er versteht die Rolle der Behörde deshalb als die eines „Anwaltes des Wassers“. In dieser Funktion gehe es um den Schutz einer Ressource genauso wie um das Wasser als Allgemeingut. „Es gibt nicht nur die eine Wahrheit“, sagt Schanzenbächer mit Blick auf die Kritik an der Landwirtschaft. Er beschreibt die Problematik so: „Jeder will regionale Produkte haben. Zwiebeln, Salat oder Radieschen gedeihen aber ohne Wasser nicht.“ In der Südpfalz schaue man „etwas neidisch“ auf die Vorderpfalz mit dem Beregnungsverband und müsse für die Versorgung Brunnen bohren, für die Landwirte Entnahmerechte erhalten. Dem Vorwurf von Naturschützern, die SGD würde zu wenig kontrollieren, will Schanzenbächer, der auf den personellen Aufwand verweist, mit Automatisierung und Digitalisierung begegnen. Die Behörde habe aber bisher keine Manipulationen an Zählern feststellen können. Gegen einzelne Landwirte würden allerdings Ordnungswidrigkeitsverfahren laufen, weil sie mehr Wasser als genehmigt entnommen hätten. „Dies ist wie bei Blitzern im Straßenverkehr. Es gibt immer ein paar schwarze Schafe“, meint Schanzenbächer. Zu einer Veränderung der Gesamtsituation wird es übrigens voraussichtlich ab Januar 2024 kommen: Ein Gesetzentwurf der rheinland-pfälzischen Landesregierung sieht vor, dass jeder, der mehr als zehn Millionen Liter Grundwasser für die Beregnung nutzt, ab dieser Marke sechs Cent pro Kubikmeter zahlen muss. Bisher sind Landwirte im Gegensatz zu Unternehmen vom sogenannten Wassercent ausgenommen.

PLÄTSCHERND Der Sieben-Brunnen im Langental bei Diemerstein (Landkreis Kaiserslautern) ist eine Quelle, die 1927 erstmals gefasst wurde und seit 1967 als Naturdenkmal geschützt ist. Foto: Reiner Voß/view – die agentur

Der Druck zu sparen

Für die SGD lässt sich die Auseinandersetzung um die Wassermengen für die Bewässerung von Feldern in der Südpfalz jedoch nicht durch mehr Kontrollen lösen. Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Beregnungssystem sei ein Verband. Wasserrechte könnten dann für das gesamte Gebiet und nicht mehr für einzelne Landwirte erteilt werden, was ein Beregnungsmanagement mit optimierten Brunnenstandorten ermögliche. Die SGD hält für diesen Fall sogar eine Grenzgrundwasserentnahme von zwei Millionen Kubikmetern im Jahr in der Südpfalz für möglich. „Wir müssen uns aber auch um Wassersparmaßnahmen kümmern“, blickt Schanzenbächer auf die Gesamtsituation. „Je mehr Wasser, desto wirtschaftlicher“ könne auf Dauer kein Konzept für Wasserwerke sein. Vielerorts seien auch Kanalnetze aus den 1970er-Jahren mit 200 bis 210 Litern in der Sekunde viel zu groß dimensioniert. Sie müssen mit viel Wasser gespült werden. Heute würden 120 Liter in der Sekunde ausreichen, auf der anderen Seite seien aber groß dimensionierte Abwasserrohre bei Starkregen sinnvoll. Nicht zuletzt gibt es zwischen SGD und Landesforsten Rheinland-Pfalz Gespräche darüber, mit welchen Maßnahmen Wasser im Pfälzerwald zurückgehalten werden kann.

Foto: Dave/Unsplash

Der Ursprung von allem

Wasser wird in der Pfalz nicht knapp, aber immer knapper. Diskussionen um das kostbare Nass gibt es deshalb an vielen Orten. Es geht um neue Brunnen oder Verbundleitungen. Es geht um Planungen wie im „Integrierten Grundwasserbewirtschaftungskonzept 2040“, das gerade in Kaiserslautern erarbeitet worden ist. Es geht – wie 2021 und 2020 in der Verbandsgemeinde Freinsheim – um Gärten oder Swimmingpools, die nicht mehr bewässert oder gefüllt werden dürfen. Eine Umfrage des Deutschen Vereins des Gas- und Wasserfaches unter rund 350 Wasserversorgungsunternehmen in Deutschland, deren Ergebnisse im Juni vorgestellt wurden, hat ergeben: Die Versorgung mit Trinkwasser „in ausreichender Menge und qualitativ hochwertiger Güte“ ist in den nächsten Jahren sichergestellt. Fast 20 Prozent der Versorger hatten jedoch in den vergangenen Jahren bereits Engpässe bei den Wasserressourcen. Ein sparsamer Umgang mit dem wichtigsten Lebensmittel ist also unumgänglich, schließlich hat schon der griechische Philosoph und Mathematiker Thales von Milet (um 625 bis 545 v. Chr.) gesagt: „Das Wasser ist der Ursprung von allem.“

INFO

fawf.wald.rlp.de | project-ecoserv.eu | wasserportal.rlp-umwelt.de
lfu.rlp.de | umweltbundesamt.de | dwd.de | www.ufz.de
klima-palatina.de | prolimno.de | grundwasseroekologie.de
bund-rlp.de | beregnungsverband.de | sgdsued.rlp.de

Das Biosphärenreservat Pfälzerwald bietet für Gruppen zum Wunschtermin Biosphären-Guide-Touren an. Dazu gehören eine „Zwei-Quellen-Tour“ (Eisbach und Bockbach bei Ramsen) und die Tour „Wald und Wasser“ rund um die Mehlinger Heide. Infos: per E-Mail info@pfaelzerwald.bv-pfalz.de oder Telefon 06325 95520.

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Wasser in der Pfalz

Der große Luxus

Quellen, Brunnen, Wasserleitungen – wie die Versorgung mit Trinkwasser in der Pfalz ausgebaut wurde. Sauberes Wasser war lange ein Luxusgut.

Quelle: Fotosammlung Zink, Pfalzbibliothek des Bezirksverbandes Pfalz, Kaiserslautern

„Ein Blick in die Vergangenheit kann hilfreich sein.“ Für Dr. Harald Bruckert, Lehrer am Eduard-Spranger-Gymnasium in Landau, ist dies nur logisch, denn er unterrichtet neben Deutsch das Fach Geschichte. Zudem ist er Autor diverser historischer Publikationen. Seine neueste Veröffentlichung fasst erstmals pfalzweit zusammen, wie die Trinkwasserversorgung auf- und ausgebaut worden ist. Das reich mit historischen Aufnahmen, Postkarten und Zeichnungen illustrierte Buch ist deshalb nicht nur eine detaillierte Dokumentation, sondern in Zeiten des Klimawandels gleichzeitig ein Aufruf „für einen sensiblen Umgang mit einer lebenswichtigen Ressource“.

Buchautor Harald Bruckert. Foto: Privat

Klöster waren gut versorgt

Was heute für Menschen in unseren Breiten schier unbegrenzt kalt oder warm aus dem Wasserhahn sprudelt, war über Jahrhunderte eine Herausforderung. Das kühle Nass musste aus öffentlichen oder privaten Brunnen sowie Fließgewässern beschafft werden. Sauberes Wasser stellte einen großen Luxus dar. Nur die Klöster hätten schon früh über technisch aufwändige Wasserförderanlagen verfügt, erläutert Bruckert. Ein so hoher Standard wie in der Römerzeit sei erst wieder in der Neuzeit erreicht worden. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde, so Bruckert weiter, die Grundwasserversorgung auf eine neue Grundlage gestellt. Neustadt habe bei der Wasserversorgung als erste Stadt in der Pfalz mit dem Bau eines modernen Wasserwerks eine Vorreiterrolle übernommen.

Buch: Liebe zum Detail

„Brunnen hatten auch eine soziale Funktion als Dorfmittelpunkt oder waren Gartenkunst“, ergänzt Bruckert. Da die Thematik bisher ausschließlich auf Ebene von Ortschroniken oder in Städte- und Gemeindearchiven behandelt worden sei, sei es für ihn „ein Reiz gewesen, Neuland zu betreten“. Den Autor, 1975 in Landau geboren, „hat die Idee zum Buch lange mit sich herumgetragen“, bevor er es in rund zweieinhalb Jahren realisierte. „Wasser und Quellen haben mich schon immer beim Wandern mit ihrer Schönheit fasziniert“, beschreibt er den Ursprung für seine Motivation zum Projekt. Dem Werk mit seiner Liebe zum Detail ist die Begeisterung anzumerken.

Buchtipp

Harald Bruckert, „Vom Laufbrunnen zum Wasserwerk – Der Ausbau der Trinkwasserversorgung in der Pfalz im 19. und 20. Jahrhundert“, Institut für pfälzische Geschichte und Volkskunde, ISBN 978-3-948913-05-2, 184 Seiten, Hardcover, 29,50 Euro

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„Wasser im Wandel – Der Wasserkreislauf im Pfälzerwald und den Nordvogesen im Zeichen der Klimaveränderung“ heißt das Thema der 14. Wasgauer Gespräche. Die deutsch-französische Veranstaltung findet am Freitag, 6. Oktober 2023, 9.30 bis 16.30 Uhr, im Haus des Gastes in Bad Bergzabern statt. Es geht um Informationen, Denkanstöße und Lösungsansätze in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit.

Mehr unter pfaelzerwald.de/termine

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Eine große Artenvielfalt sorgt für eine ganz besondere Biotop-Situation im Wald: Quellmoore sind Orte mit einer einzigartigen Flora und Fauna – aus forst- und naturschutzfachlicher Sicht. Mit Blick auf seltene Arten, die Biodiversität und den Wasserhaushalt fällt der Aufgabe, sie zu erhalten und weiterzuentwickeln, in Zeiten des Klimawandels eine besondere Bedeutung zu. Dies alles steht im Mittelpunkt einer Exkursion, die das Haus der Nachhaltigkeit (HdN) in Johanniskreuz exklusiv für VielPfalz organisiert. Zum Abschluss gibt es im HdN bei kühlen Getränken, darunter natürlich auch erfrischendes Wasser, die Möglichkeit, sich mit den Experten auszutauschen. Als Präsent und kleine Erinnerung daran, wie wichtig der sparsame Umgang mit Wasser ist, erhalten die Teilnehmer zum Abschluss eine Tüte mit Pellets aus unbehandelter regionaler Schafswolle. Sie speichern Wasser für lange Zeit und düngen Pflanzen nachhaltig.

Termin: Sonntag, 27. August, 13.30 bis ca. 16 Uhr

Ort: Haus der Nachhaltigkeit in Johanniskreuz

Tickets: 16 Euro pro Person ausschließlich auf www.vielpfalz.de/shop

Teilnehmerzahl: maximal 20 Personen

Anmeldeschluss: Montag, 21. August 2023