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Sehnsucht Pfalz

Des Königs wahre Liebe

Ludwig I. von Bayern: Das Historische Museum der Pfalz in Speyer widmet ihm 175 Jahre nach der Abdankung eine Ausstellung. Für VielPfalz Anlass zu einer Spurensuche im früheren „Rheinkreis“. Der bayerische Monarch hat die Pfalz, von der er als „dem gesegneten Land“ sprach, geprägt. Bis heute.

Foto: Historisches Museum Pfalz Speyer

Sein Herz verschenkte er vielfach. Das Leben von Ludwig I., 1825 bis 1848 König von Bayern und somit auch der Pfalz, war mehr als facettenreich. Schöne Frauen spielten darin immer wieder eine große Rolle. Wegen der erotischen Affäre mit der Tänzerin Lola Montez musste er abdanken. Elizabeth Rosanna Gilbert, unter diesem Namen war sie geboren, ist als vermeintliche spanische Tänzerin auf vielen Bühnen Europas unterwegs gewesen. Die skandalumwitterte Beziehung mit Ludwig I. begann mit einer Audienz, bei der sie um eine Auftrittserlaubnis in München gebeten hatte. Am Ende führte dies auch dazu, dass Ludwig I. seine Sommerresidenz in der Pfalz, die Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben, erst bezog, als er schon keine Krone mehr trug. Dies hat fast tragische Züge, war doch die Pfalz so etwas wie die wahre Liebe des Königs.

Angstbesetzte Kindheit

BEZUGSPERSON 1 Ludwigs geliebte Mutter Auguste Wilhelmine starb 1796, als er gerade zehn Jahre alt war. Foto: Historisches Museum der Pfalz Speyer

Das Leben Ludwig I., einem 1786 in Straßburg geborenen Wittelsbacher, wurde durch eine angstbesetzte und verlustreiche Kindheit geprägt. Sein Vater Max I. Joseph war durch Napoleons Gnaden am 1. Januar 1806 zum ersten König von Bayern ernannt worden. Die Revolution in Frankreich beendete drei Jahre nach Ludwigs Geburt das unbeschwerte Leben in Straßburg. Die pfalzgräfliche Familie sah sich zur Flucht gezwungen, die unter anderem nach Darmstadt, Mannheim, Schwetzingen und nach Rohrbach bei Heidelberg führte. Dort verstarb in einem heute noch erhaltenen Landschlösschen seine geliebte Mutter 1796 an Tuberkulose. In Mannheim hatte Ludwig als Kind schwere Bombardierungen durch die Franzosen erlebt, als diese sich im ersten „Koalitionskrieg“ die linksrheinischen Gebiete der Kurpfalz einverleibten. In Darmstadt wurde Ludwig von Blattern befallen, die bleibende Narben hinterließen.

Sehnsucht nach Schönem

Von klein auf war Ludwig I. auf einem Ohr taub und litt unter häufigen allergischen Reaktionen. Zudem soll er gestottert haben. Kein Wunder, dass er sich bei so viel traumatischer Prägung voller Sehnsucht dem Schönen in der Welt zuwandte. Dies waren für ihn das Griechenland des Altertums, das Italien der Renaissance, die Poesie und – siehe oben – die Frauen. 1810 heiratete Kronprinz Ludwig die evangelische Prinzessin Therese von Sachsen-Hildburghausen. Das große öffentliche Hochzeitfest in München war die Geburtsstunde des Oktoberfestes. Die Theresienwiese erinnert an die langmütige Ehefrau des Mannes, der mit ihr neun Kinder zeugte und darüber hinaus 30 außereheliche Affären pflegte. Auch als 1825 gekrönter König nahm sich Ludwig I. noch Zeit, in Briefen viele schöne Damen mit Schmeicheleien zu bezirzen.

Das Land als Garten

BEZUGSPERSON 2 Die Affäre mit der Tänzerin Lola Montez war letztlich Auslöser für seine Abdankung. Foto: Münchner Stadtmuseum, Sammlung Graphik/Gemälde

Festgelegter war er an anderer Stelle: Neben Italien, wo er seine Liebe zur Kunst und Antike entdeckte, stand die Pfalz bei ihm ganz oben. Schon mit 14 Jahren soll er seinem Tagebuch anvertraut haben: „Dich vergesse ich nicht, die du Aufenthalt warst meiner Kindheit, Pfalz!“. Nach Napoleons Niederlage und dem Wiener Kongress 1814/15 war das linksrheinische Gebiet dem bayerischen Königreich zugeschlagen worden. Warum König Ludwig I. die Pfalz so sehr mochte, wird nirgends besser nachvollziehbar als in dem kleinen Pavillon, den man beim Aufstieg zur Rietburg auf etwa halbem Weg erreicht. Dieser von Ludwig eingerichtete „Schöne Punkt“ legt jedem, der eine besondere Aussichtspunkt sucht, die Pfalz in ganzer Schönheit zu Füßen. Übrigens: Es zählt mit zu den Verdiensten von Ludwig I., dass im Pfälzerwald durch den Import vieler Hölzer aus Italien gerodete Flächen aufgeforstet wurden. Der König lehnte sogar eine Planung für das Areal rund um die Villa Ludwigshöhe ab: „Ein besonderer Garten ist überflüssig, alles Land rings umher, soweit das Auge reicht, ist ein großer Garten.“ Stattdessen ließ er im Wald bei der Villa – er hatte ihn für 12.000 Gulden angekauft, um den Ausbau des Ausbau des Weinanbaus zu verhindern – „in der darauf folgenden Zeit 24.359 Kastanien und 5.781 Lärchen“ nachpflanzen (Quelle: Geheimes Hausarchiv im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, München).

Römische Villa als Vorbild

Die klassizistische Villa Ludwigshöhe liegt unterhalb der Rietburg auf einer Anhöhe zwischen Edenkoben und Rhodt. Ludwig ließ sich diesen Sommersitz nach dem Vorbild einer römischen Villa Rustica in den Jahren 1846 bis 1852 nach Plänen von Friedrich von Gärtner errichten. Da der Bau genau auf der Grenze zwischen Edenkoben und Rhodt unter Rietburg erfolgte, blieb lange unklar, zu welcher Gemeinde der Schlossbau gehören sollte. Ludwig entschied sich für Edenkoben. In einem Brief vom 16. Februar 1853 an den dortigen Bürgermeister schrieb er: „Eden-koben, einer altpfälzischen Stadt gebe ich den Vorzug.“ Die Villa erfährt derzeit eine große Sanierung, bei der neben der Fassade unter anderem 150 Fenster restauriert werden. Außerdem wird die Barrierefreiheit weiter verbessert. Nach mehrjähriger Schließung ist die Wiedereröffnung für Besucher in diesem Sommer geplant.

Außenaufnahmen der Villa  Ludwigshöhe
SOMMER-RESIDENZ Die Villa Ludwigshöhe bei Edenkoben ließ Ludwig I. nach Plänen von Friedrich von Gärtner erbauen. Foto: GDKE Rheinland-Pfalz/Pfeuffer

Die Spuren des Königspaares

Spuren hat Ludwig I. an vielen Stellen hinterlassen. Auf dem Ludwigsplatz in Edenkoben erinnert seit 1890 eine lebensgroße Kalksandsteinskulptur an ihn. Sie zeigt den König als älteren Mann in ziviler Kleidung. Ganz so, wie er bei seinen Aufenthalten auch den katholischen Gottesdienst in Edenkoben besuchte. Königin Therese begleitete ihren Gemahl nicht zum Gottesdienst. Sie besuchte alle zwei Wochen den protestantischen Gottesdienst in Rhodt. Chronisten hielten die Atmosphäre fest: „Köstliche Teppiche wurden gelegt von der Hofkutsche bis in die Kirche, bis in ihrem Stuhl gegenüber der Kanzel, der herrlich drapiert war und mit weißblau-seidenen Draperien und mit einem halben Dutzend blausammtner Stühle umgeben, dazu ein blausammtner, gepolsterter Sessel, auf dessen Rücklehne das Wort ‚Therese‘ geschrieben steht“. Dieser Stuhl der Königin und sechs Originalstühle der Begleiterinnen stehen noch heute in der evangelischen St.-Georg-Kirche von Rhodt. Nach der Königin wurde das Herzstück des Ortes, die „Theresienstraße“, benannt.

Blick von der Rietburg.
AUSSICHTSREICH Blick von der Rietburg. Foto: Thomas Kujat/Bildarchiv Südliche Weinstrasse

Die Rundtour (etwa 11 Kilometer, rund 450 Höhenmeter im Auf- und Abstieg, etwa 4 Stunden) beginnt am Schloss Villa Ludwigshöhe. Sie führt durch einen Esskastanienwald in Richtung Rietburg. Man stößt unterwegs auf den „Schönen Punkt“, von dem schon König Ludwig I. den Blick in die Rheinebene genossen hat. Dann geht’s zur Rietburg, wo sich eine Rast anbietet. Entlang des Wildgeheges hinter der Burg findet man mit dem Ludwigsturm den höchsten Punkt der Wanderung. Von nun an geht es bergab, vorbei am Kohlplatz, bis zur Gaststätte Hüttenbrunnen. Von dort aus führt ein Wasserlehrpfad im naturbelassenen Triefenbachtal zum Hilschweiher. Kurz danach geht es rechter Hand noch einmal leicht bergauf zum Ausgangspunkt – Schloss Villa Ludwigshöhe. [hb]

Info: suedlicheweinstrasse.de/touren

Eisenbahnen für die Pfalz

Bisweilen entsteht der Eindruck, dass es sich bei Ludwig I. um einen reinen Schöngeist gehandelt habe. Die Lektüre des empfehlenswerten Büchleins „Ludwig I. von Bayern“ aus der Feder von Golo Mann belehrt eines Besseren. Der Monarch engagierte sich stark für die Verbesserung der Infrastruktur. In Ludwigs Regierungszeit fuhr ab 1835 die erste Eisenbahn zwischen Nürnberg und Fürth. 1847 bis 1849 wurde dann eine Bahnlinie zwischen Bexbach im saarpfälzischen Kohlerevier und Ludwigshafen geschaffen. Beide Strecken erhielten den Namen „Ludwigsbahn“. Der Bahnhof Neustadt an der Weinstraße wurde 1847 fertiggestellt und diente zunächst als Endbahnhof des östlichen Abschnitts der Ludwigsbahn. Das spätklassizistische Empfangsgebäude löste bereits 1866 einen Vorgängerbau ab.

ENDBAHNHOF Der Neustadter Bahnhof liegt auf der Strecke der Pfälzischen Ludwigsbahn, die 1847 unter Ludwig I. fertiggestellt wurde. Die Fotografie hat Jacob Friedrich Mauer um 1870 aufgenommen. Quelle: Historisches Museum der Pfalz Speyer

Fruchthalle trotz Missernten

Zu den Bauwerken, die unter König Ludwig I. entstanden, zählt auch die „Fruchthalle“ in Kaiserslautern. Den Grundstein für den nach florentinischem Vorbild der Frührenaissance zwischen 1843 und 1846 errichteten Bau legte er persönlich. Die Halle diente als wetterfester Marktplatz. Heute gilt der Bau als einer der schönsten Profanbauten in der Pfalz und wird als Konzert- und Festsaal genutzt. Die schöne Fruchthalle ließ sich in ihrer Entstehungszeit allerdings oftmals schwer mit landwirtschaftlichen Produkten füllen. Bis 1850 waren in der Pfalz zwar mehr als drei Viertel der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig. Naturkatastrophen und Missernten verursachten jedoch gravierende Hungerkrisen, besonders in den Jahren 1816/17 und 1831/32. Zudem waren die Gemeinden der Pfalz gegenüber jenen in Altbayern steuerlich benachteiligt, weil sie Ludwigs Prachtbauten in München mitfinanzierten.

Der Schock von Hambach

Die Liebe zwischen den Pfälzern und ihrem König war also nicht so einfach und eindeutig, wie verklärende Zitate es gerne glauben machen. Da zeigten sich zwar die Straßen gesäumt von jubelndem Volk, als der König im Juni 1829 im vierten Jahr seiner Regierung zusammen mit seiner Frau eine „Jubelreise“ als Antrittsbesuch in der Pfalz unternahm. Doch schon drei Jahre später schrieb er von „verabscheuten Vorgängen auf der Höhe by Hambach“ und meinte das Hambacher Fest. Am 27. Mai 1832 waren etwa 30.000 unzufriedene Menschen aus nah und fern auf den Hambacher Schlossberg gezogen. Das Hambacher Fest gilt als Meilenstein für die Demokratieentwicklung in Deutschland. Für Ludwig, dem – in traumatischer Erinnerung an die Französische Revolution – jede Volkserhebung ein Graus bedeutete, war es wohl ein Schock. Er ließ den bayerischen Staatsapparat hart zurückschlagen und schickte mehr als 8000 Soldaten in die Pfalz. Die Initiatoren des Hambacher Festes wurden mit Prozessen überzogen und mundtot gemacht. Trotz Zensur kursierten damals Spottgedichte auf den König.

ZUG ZUM SCHLOSS Auf das Hambacher Fest am Mai 1832, hier eine Federlithographie von Erhard Joseph Brenzinger, reagierte Ludwig I. mit harten Maßnahmen. Quelle: Historisches Museum der Pfalz Speyer

„Bollwerk“ gegen Frankreich

Zum Aufbegehren des eigenen Volkes kam für den Monarchen die äußere Bedrohung durch das benachbarte Frankreich hinzu. Zeugnis davon gibt das „Bollwerk gegen Frankreich“ in Germersheim, das König Ludwig I. ab 1834 erbauen ließ. Als größte bayerische Festung außerhalb Altbayerns imponiert das Bauwerk noch immer. Kurioserweise diente die Festung in den Revolutionsjahren 1848/49 auch als Zufluchtsort der Kreisverwaltung. Aufständische sollen vergeblich versucht haben, die Festungssoldaten zu einer Teilnahme am Aufstand zu bewegen.

Vom „Rheinkreis“ zur Pfalz

In diese Zeit fiel auch die Abkehr Ludwigs von der napoleonischen Nomenklatur für Gebietsnamen. Wie die französischen Départements hatte Napoleon die in Kriegen dazugewonnene Gebiete nach Flüssen benannt. Aus dem linksrheinischen Gebiet war „Überrhein“ geworden. Maximilian IV. Joseph machte ab 1817 den „Rheinkreis“ daraus. Mit Ludwig I. wurde er 1838 wieder „die Pfalz“. Apropos Namen: Als Verehrer des alten Griechenlands hielt er es für stilvoller, im Namen seines Königreiches Baiern ein „Y“ einzupflegen, um „Bayern“ daraus zu machen. So kam auch die Stadt Speier, früher Sitz der bayerischen Regierung in der Pfalz, zu ihrem Y. Eine entsprechende Verordnung hatte er kurz nach seiner Thronbesteigung am 20. Oktober 1825 erlassen.

WEICHENSTELLUNG Die historische Darstellung von 1829 zeigt die Menschenmenge bei der Begrüßung Ludwig I. in der Rheinschanze, aus der später die Stadt Ludwigshafen wurde. Quelle: Stadtarchiv Ludwigshafen

Der Hafen Ludwigs am Rhein

Im Jahr 1842 erwarb Ludwig I. in Höhe von Mannheim linksrheinisch die Rheinschanze. Ziel war es, einen strategisch wichtigen Handelsort zu entwickeln. Dass die ehemalige Festung und Kaufmannsniederlassung großflächiger besiedelt werden konnte ist vor allem der Rheinbegradigung zu verdanken. Von Ingenieur Johann Gottfried Tulla 1817 eingeleitet, zogen sich die Arbeiten rund 70 Jahren hin. Die Auen zwischen Speyer und Worms waren ohne Dammbauten und Regulierung des Flusses ein kaum bewohnbares Feuchtgebiet. Am 25. April 1843 machte das bayerische Innenministerium öffentlich: „Seine Königliche Majestät genehmigen, dass dem bisher unter dem Namen der Rheinschanze bekannten Handels- und Hafenplatz gegenüber von Mannheim und der sich dort bildenden Gemeinde der Name Ludwigshafen schon jetzt beigelegt werde.“ Zu einer Stadt entwickelte sich Ludwigshafen aber sehr langsam. Zehn Jahre nach seiner Namensgebung wurden erst 1500 Einwohner gezählt. Der Hafenausbau, die Einrichtung eines Bahnverkehrs in die Pfalz, vor allem aber die Ansiedlung der BASF im Jahr 1865 gaben die nötigen Impulse für eine urbane Entwicklung.

Ludwig I. als Stadtgründer

Die Ausmalung des Doms

Ebenfalls im Jahr 1842 soll Ludwig I. bei einem Besuch des Doms zu Speyer den Entschluss gefasst haben, dort umfangreiche Veränderungen vorzunehmen. Dazu gehörte ein Bild- und Freskenprogramm, das bei Restaurierungen in den 1950er- und 60er- Jahren großenteils entfernt wurde. Erhalten blieben im Mittelschiff Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sowie aus dem Marienleben. Einzelne Fresken aus dem ehemaligen Querhaus haben heute im Kaisersaal über der Vorhalle ihren Platz.  Am Grab von Kaiser Rudolf I. von Habsburg ließ Ludwig I. 1843 ein Throndenkmal errichten, das jetzt in der Westvorhalle steht. Eine große Aufwertung ließ Ludwig I. der Westfassade des Doms zukommen. Zur baulichen Neukonzeption beauftragte er den Karlsruher Weinbrenner-Schüler Heinrich Hübsch. Dass sich des Königs Sinn für das Schöne nicht nur am Kolossalen eines Doms verwirklichte, zeigt sich in Rinnthal bei Annweiler. Dort kann man den von ihm unterstützten Bau der evangelischen Ortskirche besuchen. Kunsthistoriker betrachten ihn als bedeutsamsten klassizistischen Kirchenbau in der Pfalz.

VERSPOTTET Die Karikatur „Ariadne auf Bor“ spielt auf Lola Montez und ihre Erhebung in den Gräfinnenstand 1847 an. Sie ist auf ihrer Dogge dargestellt, Ludwig reicht ihr die Krone als Amor. Inspiriert wurde die Darstellung von Johann Heinrich Danneckers Skulptur „Ariadne auf dem Panther“. Quelle: Historisches Museum der Pfalz Speyer, Bild nach eduard fuchs: ein Vormärzliches tanzidyll. lola Montez in der Karikatur, Berlin 1904

Der Spott der Untertanen

Zurück zu den Frauen: Ludwig I., der Großvater des Märchenkönigs Ludwig II., verhedderte sich 1846 endgültig im Gestrüpp seiner Liebschaften. Womit wir wieder bei Lola Montez angelangt sind. „Die hat ihm gerade noch gefehlt!“ So oder ähnlich mögen wohl Ludwigs Berater gedacht haben, als die vorgeblich spanische Tänzerin auftauchte, um mit ihren 25 Jahren dem damals 60-jährigen Ludwig den Kopf zu verdrehen. Sämtliche Warnungen blieben ungehört. Der Monarch musste sich Spott seiner Untertanen gefallen lassen. Erst 1851 gab Ludwig I. die Beziehung nach gescheiterten Erpressungsversuchen seitens der feschen Lola auf. Dem König, der seine politische Autorität eingebüßt hatte, war es endgültig zu viel. Er dankte im Revolutionsjahr 1848 ab. Gleichzeitig hat er sich seiner wahren Liebe zugewandt: der Pfalz. Jedes zweite Jahr zog er in den Sommermonaten in seine Villa Ludwigshöhe. Und in der Winterzeit mietete er sich eine Villa in Nizza. Dort starb er am 29. Februar 1868 mit 81 Jahren.

Sonderausstellung „König Ludwig I. – Sehnsucht Pfalz“:
Historisches Museum der Pfalz in Speyer (verlängert bis 1. September 2024)

Katalog „König Ludwig I. – Sehnsucht Pfalz“
Verlag Regionalkultur, ISBN 978-3-95505-399-4, 136 Seiten, Broschur in Fadenheftung, 28 Euro (im Museumsshop 19,90 Euro)

Damals – Das Magazin für Geschichte
„Ludwig I. von Bayern – Bauten, Kunst und Skandale“, Ausgabe 10/2023, 7,30 Euro, wissenschaft.de

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Sehnsucht Pfalz

„Vom Freihafen zur Stadt“

Ludwigshafen trägt den Namen König Ludwig I. von Bayern. Im Interview mit Helmuth Bischoff erklärt Dr. Regina Heilmann, Leiterin des Stadtmuseums und der Nebenmuseen der Stadt, warum es trotzdem wenig sichtbare Spuren des Gründers gibt.

Foto: Stadt Ludwigshafen/Martin Hartmann

Man sagt so leicht daher, dass König Ludwig I. der Stadtgründer von Ludwigshafen war. So nach dem Motto: Mir ist langweilig, also gründe ich heute mal eine Stadt. Es war aber ein bisschen mehr dabei zu tun, oder?

Regina Heilmann: Sicher ist es ein großer Aufwand und eine verantwortungsvolle Aufgabe, eine Stadt zu gründen. Der Wunsch dazu kam ja aber aus einer schon bestehenden Siedlung in Gestalt einer sich zunehmend vergrößernden Gemeinde mit ersten Gewerbeansiedlungen, Güterumschlag und Familien, die die ehemalige Rheinschanze mittlerweile bewohnten. Es gab während der Regentschaft von Ludwig dort bereits ein Zollamt. Zudem verfügte die Siedlung über den Status eines Freihafens. Dies alles kam den Wittelsbachern bzw. dem Bayerischen Staat natürlich entgegen. Denn die Lage am Rhein erwies sich als ein bedeutender Wirtschaftsfaktor.

Wie muss man sich den Weg zur Stadt und ihrem Namen konkret vorstellen?

Ihrem König Ludwig hatten die Einwohnerinnen und Einwohner 1829 einen feierlichen Empfang ausgerichtet. Den späteren Ortsnamen „Ludwigshafen“ hatte der Pfälzische Regierungspräsident Fürst Eugen von Wrede vorgeschlagen. Doch bei der Erhebung zur Stadt Ende 1852 und späteren Verleihung der Stadtrechte 1859 war schon sein Sohn Maximilian II. Joseph Regent, da Ludwig im Jahr der Revolutionswirren 1848 abgedankt hatte. Es gelang Bayern durch Eugen von Wrede im Jahr 1843, dem Speyerer Handelshaus Lichtenberger, das bis dahin eine Monopolstellung innerhalb der Siedlung innehatte, das Gelände abzukaufen und an viele interessierte Käufer zu verteilen – auf diese Weise konnten sich rasch Industrien, Firmen und Gesellschaften ansiedeln, während der Hafen staatlich blieb. Baupläne für die neue Stadt nach den ästhetischen Vorstellungen Ludwigs, wie wir sie beispielsweise aus München kennen, wurden jedoch später unter der Regentschaft seines Sohnes Max und dessen Nachkommen nicht weiterverfolgt.

SCHMUCKPOSTKARTE Hier ist Ludwigshafens Brückenaufgang um 1900 zusammen mit dem Stadtwappen abgebildet. Quelle: Stadtarchiv Ludwigshafen

Gibt es in Ludwigshafen noch sichtbare Spuren, die an König Ludwig I. erinnern?

Wenige, denn die Stadtentwicklung verlief ja nicht mehr unter seiner Regentschaft und so manches, was die Wittelsbacher der jungen Stadt stifteten, hat die beiden Weltkriege und die Zeiten ab dem Wiederaufbau nicht überstanden. Herausheben möchte ich die ab 1858 erbaute und 1862 geweihte neuromanische Kirche St. Ludwig in Ludwigshafen. König Ludwig I. war nicht nur bei der Grundsteinlegung und der Einweihung zugegen, sondern hat auch große Summen für den Bau und die Innenausstattung gespendet. Erwähnenswert ist auch eine Gedenktafel an der Straßenfassade des sogenannten Schillerhauses in Oggersheim: Als kunstbegeisterter Mensch ließ Ludwig I. sie dem großen Freiheitsdichter zu Ehren anbringen. Sie erinnert an Schillers Aufenthalt im dortigen ehemaligen Gasthaus „Zum Viehhof“. Bemerkenswert ist dies auch, weil gerade Schillers „Leitmotiv Freiheit“ dem König eigentlich widerstrebte.

Zum Hauptbeitrag über König Ludwig I.

Eine Fahrt durch die Pfalz, um Spuren von König Ludwig I. zu begegnen: Welche Orte, Plätze, Bauwerke, Denkmale dürfen neben der Villa Ludwigshöhe nicht fehlen?

Neben der Gegend um die Villa Ludwigshöhe und Ludwigs baulichen Veränderungen am Dom zu Speyer fällt mir da Frankenthal ein, wo der König den Entwurf für ein 1841 eingeweihtes Denkmal stiftete, das der Frankenthaler Gefallenen der Napoleonischen Kriege gedachte. Es steht im Parkfriedhof der Stadt. Oder auch das ehemalige „Wacht- und Arresthaus“ in Herxheim bei Landau, das Ludwig 1831 im klassizistischen Stil erbauen ließ. Es wurde 1921 zu einer Kriegergedächtniskapelle umgewidmet. Herausragend ist die durch Ludwigs Ansinnen erbaute Fruchthalle in Kaiserslautern, ein monumentales Bauwerk im Stil der Renaissance mit romanischen Details, das 1846 eröffnet wurde. Der König selbst bezeichnete Kaiserslautern bei der Grundsteinlegung 1843 als „Barbarossastadt“ in Anlehnung an den Beinamen des großen Stauferkaisers und Kreuzfahrers Friedrich I. Ein Begriff, der auch heute noch zu hören ist.

Wenn Sie Ludwig I. eine Frage stellen könnten: Wie würde sie lauten?

Weniger eine Frage als ein Diskussionsthema wäre Ludwigs harte politische Reaktion auf das Hambacher Fest 1832 und ob dies nicht im Widerspruch zu seiner erkennbaren Liebe zur Pfalz und ihren Menschen stand. Auch als Leiterin des Stadtmuseums Ludwigshafen, das 2026 an einem neuen Standort wieder- eröffnet wird, würde ich gerne seine Meinung hören, was aus seiner Sicht dort unbedingt präsentiert werden sollte. Allerdings gehe ich stark davon aus, dass wir sehr unterschiedliche Ansichten haben würden, was unter Kulturvermittlung und dem Bildungsauftrag eines Museums heute zu verstehen ist!

Das Stadtmuseum Ludwigshafen öffnet 2026 am neuen Standort wieder. Bis dahin arbeitet das Museum projektbezogen und ist mit Gastspielen an verschiedenen Orten präsent.
Virtuelle Ausstellungen: stadtmuseum.ludwigshafen.de

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