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Das Grün der Zukunft

Vom Verbrauch zum Gebrauch

„Wintersaison“ im Pfälzerwald: Wenn die Blätter fallen, beginnt die Hauptzeit der Holzernte. Obwohl es dem Wald in Zeiten des Klimawandels immer schlechter geht, ist dies nur auf den ersten Blick ein Widerspruch. Parallel zum Fällen von Bäumen werden Konzepte entwickelt und Strategien verfolgt, wie das Grün der Zukunft zu mehr Widerstandskraft kommen kann. Eine Expedition ins Dreieck zwischen Wirtschaft, Erholung und Natur.

HOLZRÜCKEN Im Wald geerntete Bäume werden mit dem Forwarder an Transportwegen abgeladen. Holz wird immer „frei Waldstraße“ verkauft.Foto: Norman Krauß

Ein Tag im Dezember 2023. Leichter Dunst liegt nach langem Regen zwischen den Bäumen im Pfälzerwald bei Hinterweidenthal (Landkreis Südwestpfalz). Es riecht nach frischem Holz. Mit einem Greifarm werden Baumstämme nach und nach übereinandergeschichtet. Ein Holzpolter entsteht am Rand eines befahrbaren Waldweges. Mit dem sogenannten Forwarder, einem Tragschlepper, sind die Stämme zuvor aus dem Wald geholt worden. Der Vorgang wird als Holzrücken bezeichnet. Nun liegt das Holz zum Abholen bereit, denn verkauft wird es grundsätzlich „frei Waldstraße“. Bis zu diesem Punkt ist es allerdings in mehrfacher Hinsicht ein langer Weg: Zum einen, weil die Holzernte auf einer Vielzahl von Gesetzen und Regeln basiert, vom Betretungsrecht des Waldes bis zu Grundsätzen der Waldwirtschaft. Zum anderen, weil es schlicht Jahrzehnte dauert, bis Bäume groß genug gewachsen sind.

EMOTIONEN Arbeiten mit schwerem Gerät hinterlassen Spuren, die bei Waldbesuchern immer wieder auf Unverständnis stoßen. Foto: Norman Krauß

Emotionen im Wald

Holzernte geht deshalb immer auch mit Emotionen einher. Zum einen, weil natürlich das schwere Gerät Spuren hinterlässt. Wanderer oder Mountainbiker fühlen sich durch matschige Wege gestört. Zum anderen, weil Bäume, die unter dem Klimawandel immer mehr leiden, geschützt werden sollen. Über das Wie streiten jedoch selbst die Fachleute. Im Mittelpunkt stehen dabei zwei Fragen: Braucht es den Menschen, um den Wald zu retten? Oder soll man die immens schwierige Aufgabe der Natur überlassen? Unstrittig ist in beiden Lagern nur eines: Intakte Wälder sind überlebensnotwendig. Ohne natürliches Senken von Kohlendioxid (CO2) werde keine Klimaneutralität erreichbar sein, so der Weltklimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change). Allein auf technischem Weg seien Emissionen nicht auf Null zu reduzieren.

SEHNSUCHTSORT Der Mensch braucht den Wald auch fürs Seelenheil und die Gesundheit. Foto: Landesforsten RLP.de/Markus Hoffmann

Exkurs in die Geschichte

Der Mensch lebte ursprünglich mit und im Wald. Dies hat sich über die Jahrtausende hinweg geändert. Nicht geändert hat sich die Tatsache, dass der Mensch ohne Wald nicht auskommt. Er braucht ihn von Geburt an zum Atmen. Er braucht ihn zum Bauen, zum Heizen oder als Rückzugsort zur Erholung, fürs Seelenheil und die Gesundheit. Wald diente über Jahrhunderte als eine Vorratskammer für Beeren, Pilze, Wildbret und – vor allem – Holz. Doch eine stetig wachsende Zahl an Menschen räumt diese Vorratskammer immer schneller aus. Bereits im Jahr 1713 forderte der sächsische Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz in seinem Buch „Haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht“ immer nur so viel Holz einzuschlagen, wie nachwächst. Heute gilt dies als Grundidee der Nachhaltigkeit. Zwei Jahrhunderte später erweiterte der Berliner Forstwissenschaftler Alfred Möller diesen Ansatz. Er machte sich 1920 für einen Wald ohne Kahlschlag stark. Möller nannte ihn „Dauerwald“. Dort, so sein Ansatz, sollen nur einzelne Bäume gefällt und so die Artenvielfalt gesichert werden. Seinem Vorschlag folgten damals allerdings nur wenige Waldbesitzer.

Katastrophen als Auslöser

Forstwissenschaftler Georg Josef Wilhelm. Foto: Privat

Ein Sprung zurück in die Gegenwart mit einem Rückblick: Gestern wie heute, der Mensch kümmert sich immer erst dann um Probleme, wenn sie schon akut sind. Dies war bei Carlowitz so, der auf Naturkatastrophen seiner Zeit und vor allem aber auf den Raubbau am Wald für den sächsischen Bergbau reagierte. Dies war bei Möller so, dessen Dauerwald-Gedanke erst mit dem Waldsterben der 1980er-Jahre wieder in den Fokus rückte. Und dies war 1990 so, als die Orkantiefs Vivian, Wiebke und Co. zwischen Januar und März für Schäden in Milliardenhöhe sorgten. Das Saarland und Rheinland-Pfalz waren besonders stark betroffen. „Damals sind Jahreszuwächse von 10 bis 15 Jahren flächig einfach umgefallen“, erinnert sich Georg Josef Wilhelm. Der Forstwissenschaftler, früherer Forstplaner und Forstamtsleiter, verantwortete zuletzt ab 2015 als Ministerialrat im Klimaschutzministerium die Bereiche Naturnahe Waldwirtschaft, Waldschutz, Waldplanung, Forschung und Entwicklung. Seit Juni 2023 ist er im Ruhestand. In der Folge der Orkane, so Wilhelm heute, sei es zu einem „Paradigmenwechsel“ in der rheinland-pfälzischen Forstwirtschaft gekommen.

WINDWURF Orkane sorgten auch für einen „Paradigmenwechsel“ in der Forstwirtschaft. Foto: Landesforsten RLP.de/Sebastian Heinrich

Qualifizieren – Dimensionieren

„Wald ist eine Lebensgemeinschaft, die durch Bäume geprägt ist. Hier wirkt alles zusammen. Das meiste spielt sich dabei im Boden ab“, erklärt Wilhelm die Handlungsgrundlage der Forstleute. Für ihn bedeutet Klimawandel vor allem auch Artensterben, was zum Zerreißen von Lebensnetzen führe. „Es geht also darum, Lebenssysteme so wenig wie möglich zu stören“, ergänzt er. Vor diesem Hintergrund hat Wilhelm maßgeblich die naturnahe Waldbewirtschaftungsstrategie „Qualifizieren – Dimensionieren (QD)“ entwickelt, die sich an den charakteristischen Phasen orientiert, die Bäume durchlaufen (siehe auch Infografik oben). QD spielt nun seit bald 30 Jahren in den rheinland-pfälzischen Wäldern eine wichtige Rolle. „Wald ist keine Baustelle“, stellt Wilhelm fest und erinnert gerne an einen seiner Vorgänger, den Ministerialrat Dr. Walter Eder (Kirchheimbolanden). Es gehe also nicht um Waldbau, sondern um Waldentwicklung und eine naturnahe Waldwirtschaftsstrategie. Wilhelm betont: „Dies ist eine Daueraufgabe. Sie ist noch nicht in allen Köpfen verankert. Wir alle sind auf einem Weg.“

In Ökosysteme einfühlen

Kurz und knapp lässt sich Wilhelms Vision von Waldwirtschaft mit „vom Verbrauch zum Gebrauch“ beschreiben. Diese Haltung kommt auch in seinem Lebensprinzip „weder geizig – noch gierig“ zum Ausdruck. „Wir denken nicht mehr darüber nach, dass wir unsere Lebensweise auf schieren Verbrauch ausrichten“, kritisiert er. Diese Verbrauchskultur bezeichnet Wilhelm als Webfehler. Die große Herausforderung sei es, aus dem Wald zu schöpfen, ohne ihn zu erschöpfen. „Man kann Ökosysteme nicht beherrschen oder gar verbessern, sondern man muss sich so gut wie möglich einfügen“, ist Wilhelm überzeugt, dass Nutzen für den Menschen daraus gezogen werden kann, wenn sich dieser „integriert oder reintegriert“. In Rheinland-Pfalz gibt es zum Beispiel keine flächenweise Durchforstung mehr. „Die seit langem überwundene Kahlschlagwirtschaft war für mich der größte Horror“, fügt Wilhelm hinzu.

KLUMPENPFLANZUNG Unter Fichten soll Buchenvoranbau die Basis für einen klimastabilen Wald der Zukunft bilden. Foto: Landesforsten RLP.de/Jonathan Fieber

Den Klumpen im Blick

Für einen Generationenwechsel in Wäldern und zur Wiederbewaldung von Freiflächen ist die Verjüngung entscheidend. Sämlinge, Wurzelschösslinge oder Stockausschläge von Bäumen, die sich oft spontan einstellen, konkurrieren immer mit anderen Pflanzen. Auch bei Pflanzenfressern wie Rehen sind sie als Leckerbissen begehrt. Waldwirtschaftlich gelten Bäume erst als etabliert, wenn sie sich gegen die Konkurrenz durchgesetzt haben. Mit QD werden dabei gezielt Teilflächen, sogenannte Klumpen, in den Fokus genommen, um eine starke neue Waldgeneration heranwachsen zu lassen (siehe Infografik links). Zwischen diesen Klumpen, die meist weniger als zehn Prozent der Fläche einnehmen, ist viel Platz für die eigendynamische Entwicklung. Diese ist ohnehin ganz stark auf Waldentwicklung gerichtet. Später wählt man besonders vitale „Zukunfts- oder Auslesebäume“ aus, die nochmal 50 oder sogar 200 Jahre später bei der Ernte mit geraden, astfreien Stämmen besonders wertvolles Holz liefern. Wenn der höchste Mehrwert im Holzkörper erreicht ist, würde nach herkömmlicher Wirtschaftsweise bereits mit der Holzernte der Nutzungszyklus geschlossen. In der naturnahen Waldwirtschaft verbleiben jedoch ausreichend Bäume für den kompletten Naturzyklus im Wald. Sie „reifen“ weiter und mit der Zeit beginnt der Zerfall. So bleiben waldökologische Regelkreise und die Lebensgrundlage für eine Vielzahl von Arten erhalten. Forstexperte Wilhelm ordnet ein: „Es geht darum, Extreme zu vermeiden. Wald ist komplex, aber nicht kompliziert.“ Für ihn ist QD „keine Strategie für die Ewigkeit, sondern ein in sich lernendes System, das Gestaltungsfreiheit zulässt“.

Wald ist nicht gleich Wald

Diese ist auch erforderlich, denn Wald ist nicht gleich Wald. Schon gar nicht in einem Bundesland wie Rheinland-Pfalz, dessen Fläche mit rund 840.000 Hektar zu 42 Prozent mit Wald bedeckt ist. Er befindet sich zu etwa 46 Prozent im Eigentum von Städten, Gemeinden und anderen Körperschaften. Privatleuten gehören 27 Prozent, dem Land Rheinland-Pfalz 26 Prozent und der Bundesrepublik ein Prozent. Angesichts der großen Gesamtfläche wird hier besonders augenfällig, was der Klimawandel bewirkt: Nur noch 19 Prozent aller Bäume in Rheinland-Pfalz sind ohne Schadmerkmale. Betroffen ist natürlich auch der Pfälzerwald, der jedoch noch davon profitiert, dass er überwiegend aus resistenterem Mischwald besteht. Wegen seiner unvergleichlich hohen Bewaldungsdichte gilt er als größtes zusammenhängendes Waldgebiet Deutschlands. Das Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen erstreckt sich auf deutscher Seite über eine Fläche von 180.000 Hektar. Rund 75 Prozent davon sind bewaldet. Auch innerhalb dieser Region gibt es große Unterschiede.

Kernzonen als Besonderheit

Beispiel 1: das Forstamt Hinterweidenthal. Wie alle Forstämter ist es zum einen Informationsstelle für Fragen zu Themen des Waldes von Brennholz über die Jagd oder Freizeitangebote bis zur Umweltbildung. Zu den Aufgaben zählen die Waldpflege oder die Betreuung von Wegen und Erholungseinrichtungen. In Hinterweidenthal, das Team umfasst rund 50 Köpfe, ist man zuständig für 16.000 Hektar Fläche, von denen rund 10.000 Hektar Staatswald, 3500 Hektar Privatwald und 2500 Hektar kommunaler Wald sind. Organisiert ist man als Gemeinschaftsforstamt mit Revierdienst für den Kommunal- und Staatswald, den sich fünf staatliche Förster teilen. Zwei arbeiten in Mischrevieren, drei betreuen ausschließlich Staatswald. Dazu kommen ein kommunaler Forstbeamter und ein Privatwaldbetreuer. Sie beraten die Eigentümer und wirken bei der Bewirtschaftung mit. „Zu uns gehört mit insgesamt 2400 Hektar die größte Kernzonenfläche im Pfälzerwald“, nennt Forstamtsleiter Michael Grünfelder eine Besonderheit. In den Kernzonen des Biosphärenreservats bleibt sich die Natur selbst überlassen, sodass besondere Lebensräume für Pflanzen und Tiere entstehen. Sie machen im gesamten Pfälzerwald rund drei Prozent der Fläche aus. Eingebettet sind sie in Pflegezonen, die schädliche Einflüsse auf die Kernzonen abschirmen sollen.

Thema „Pfälzerwald“ in der VielPfalz

Von der Fläche zum Einzelbaum

Eine Hauptaufgabe ist auch die Organisation von Holzeinschlag und Holzvermarktung. In Hinterweidenthal, so Forstamtsleiter Grünfelder, werden jährlich etwa 35.000 Festmeter Holz aus dem Staatswald verkauft. Hinzu kommen weitere rund 15.000 Festmeter aus dem Gemeinde- und Privatwald. Aus kartellrechtlichen Gründen ist die Vermarktung über jeweils eigene Verkaufsorganisationen geregelt. Das Forstamt Hinterweidenthal ist zudem, zusammen mit den Forstämtern Wasgau (Dahn) und Westrich (Pirmasens), für die Ausbildung von Waldarbeitern (Forstwirten) zuständig. Grünfelder, Jahrgang 1958 und seit 2000 im Amt, unterteilt seinen Bereich grob in zwei Teile: „Die Bundesstraße 10 ist quasi die Grenze. Nördlich, im inneren Pfälzerwald, haben wir klassischen Laubwald, südlich mit Kiefern einen höheren Nadelholzanteil.“ Gute Standortbedingungen in den Hochlagen des Pfälzerwaldes heben laut Grünfelder die Konkurrenzkraft der Traubeneiche und führen sie, neben der Buche, in eine mitherrschende Rolle. „Bis 1990 gab es in unserem Gebiet noch Kahlschläge“, berichtet Grünfelder. Heute orientiere man sich auf der Basis der QD-Strategie nicht mehr an der Fläche, sondern am Einzelbaum. Genutzt werde nur so viel, wie nachwachse. Dabei ist die Zahl der geernteten Bäume insgesamt zurückgenommen worden. „Es gibt aber keinen Masterplan, denn alles ist ein dynamischer Prozess“, betont der Forstamtsleiter.

Inventur und Planung

Basis für die Waldbewirtschaftung ist die sogenannte Forsteinrichtung. Sie umfasst zum einen die Wald-inventur, die den Waldzustand mit Standorten, Fläche oder Baumzahl detailliert dokumentiert. Zum anderen kommen die Kontrolle der bisherigen Maßnahmen und die Planung hinzu. „Der Schutz von Boden, Luft, Wasser, aber auch die verfügbare Arbeitskraft setzen klare Grenzen“, erklärt Grünfelder. Die Revierleiter müssten sie erkennen und berücksichtigen. Für die Holzernte gibt es eine Zehnjahresplanung, die durch eine jährliche Wirtschaftsplanung konkretisiert wird. Die Fläche wird nach Waldorten strukturiert. Zu klären sind dabei Fragen wie: Welche Menge Holz wird benötigt? Welche Maschinen sind dafür notwendig? Welche Konflikte könnte es geben? Der Bereich technische Produktion erstellt auf dieser Basis einen Umsetzungsplan. Parallel erfolgt, in Abhängigkeit von den Kosten, eine nationale oder europaweite Ausschreibung der Waldarbeiten. „Nur ein bewirtschafteter Wald bringt die volle Wirkung“, betont Grünfelder, weil Kohlendioxid (CO2) dann im Wald und in Holzprodukten gleichzeitig gespeichert werde. Das an anderer Stelle wichtige Totholz dagegen gebe CO2 ab.

Forstamtsleiter Johanniskreuz: Niklas Tappmeyer. Foto: Michael Dostal

Planung mit Detailschärfe

Beispiel 2: das Forstamt Johanniskreuz. Gut 30 Kilometer weiter nördlich liegt es im Herzen des Pfälzerwaldes. Der Zuständigkeitsbereich umfasst 23.000 Hektar. Auch hier hat der Staatswald mit 17.000 Hektar, gefolgt von 4000 Hektar kommunalem und 2000 Hektar privatem Wald, den größten Anteil. Niklas Tappmeyer, seit September 2022 Leiter des Forstamtes, erklärt die Struktur. Die Gesamtfläche unterteilt sich in Reviere, Distrikte, Abteilungen und Waldorte. Von Bereich zu Bereich wird die Größe dabei von zunächst rund 2000 Hektar bis am Ende auf fünf bis 15 Hektar kleiner. Auch hier ist die Forsteinrichtung Basis der Arbeit. „Für unsere Fläche umfasst das Zahlenwerk mehr als 6000 DIN A4-Seiten. Die Baumartenliste zeigt nicht nur den Mengenanteil, sondern auch das Alter“, beschreibt Tappmeyer Größenordnung und Detailschärfe des Planungsinstruments. Rund drei Viertel betreffen die zukünftige Waldentwicklung, das restliche Viertel beschreibt betriebswirtschaftliche Ziele. „Die Herausforderung ist die Frage, was wir in 200 bis 300 Jahren brauchen“, erklärt Tappmeyer.

WERTHOLZ Auf dem Lagerplatz bei Johanniskreuz liegen etwa 300 Jahre alte Eichen bereit, für die Kaufinteressenten Gebote abgeben. Foto: Michael Dostal

„Brautschau“ im Wald

Warum dies so ist, wird auf dem Lagerplatz in Johanniskreuz deutlich. Mitte Dezember beginnt hier die „Brautschau“. In Reih und Glied liegen mächtige Eichenstämme neben- und hintereinander. Insgesamt rund 450 Festmeter mit einem Wert von etwa 700.000 Euro. Alle sind etwa 300 Jahre alt. Alle sind von Anfang Oktober an aus dem Wald „geholt“ worden. Bis Ende Januar konnten Interessierte ihre Gebote abgeben, um das Holz zu erwerben. Bei den Traubeneichen, die trockenere Standorte lieben, handelt sich um Wertholz im Wortsinn. Der Buntsandstein-Untergrund sorgt für ein langsames, stetiges Wachstum und damit für ein mildes Holzbild oder einen geraden Faserverlauf. Das eine ist für Furnierholz wichtig, das andere schätzen Fassbauer. Tappmeyer: „Die Eiche ist mit Preisen zwischen 1000 und 4000 Euro pro Festmeter das wertvollste Holz.“ Glücklicherweise komme sie mit Trockenstress gut zurecht, sodass man auch künftig mit auf die Eiche setzen könne. Seinen Antrieb für die Arbeit beschreibt Tappmeyer, Jahrgang 1992, so: „Demut vor dem, was meine 15 Vorgänger hinterlassen haben. Und die Überzeugung, dass es nichts Besseres für den Klimaschutz gibt als den Rohstoff Holz.“ Für dieses Ziel arbeite er mit Menschen, die mit dem Wald arbeiten.

Forstamtsleiterin in Kusel: Gabi Kleinhempel. Foto: Marco Sergi

Von Leitlinien überzeugen

Beispiel 3: Rund 35 Kilometer weiter nordwestlich liegt das Forstamt Kusel. Hier ist man für insgesamt 16.500 Hektar Waldfläche zuständig, die sich jedoch ganz anders aufteilt. Den kleinsten Anteil hat nämlich mit 3500 Hektar der Staatswald, dafür umfassen Privatwald 5000 Hektar und Kommunalwald sogar 8000 Hektar. Er gehört insgesamt 94 gemeindlichen Waldbesitzern im Landkreis Kusel. Um Synergieeffekte erzielen zu können, sind vor kurzem von 39 Gemeinden zwei Forstzweckverbände gegründet worden. Die anderen Kommunen haben über einen solchen Schritt noch nicht nachgedacht oder haben sich dagegen entschieden. Noch kleinteiliger ist der Privatwald mit etwa 20.000 Eigentümern, was teilweise zu Waldflächen in Gartengrundstückgröße führt. Deren Besitzer werden vom Forstamt Kusel, das deshalb eigens über ein Revier für Privatwald verfügt, beraten und betreut. Dies gilt auch für jede Kommune, die jeweils einen eigenen Betrieb darstellt oder Mitglied eines Zweckverbands ist. „Die Zeit des Erklärens beginnt für uns deshalb oft neu“, beschreibt Gabi Kleinhempel, die das Forstamt Kusel seit 2017 leitet, die Arbeit. Hintergrund: Alle fünf Jahre nach den Kommunalwahlen gibt es vielerorts neue Ortsbürgermeister und andere Zusammensetzungen der Gemeinderäte. „Wir müssen also immer wieder Menschen von unseren Leitlinien neu überzeugen“, ergänzt die 1963 geborene Leiterin. Es sei ja zu klären, was die Gemeinde in ihrem Wald mit Blick auf Erholung, ökologische Schutzfunktion und wirtschaftliche Nutzung erreichen wolle. „Die Kernthemen in der Zusammenarbeit sind immer die Rückschau, der Ist-Zustand als eine Art Inventur und die Vorausschau“, ergänzt Werner Häußer, seit 1987 Leiter des Reviers Lichtenberg. Er hat in der Verbandsgemeinde Kusel-Altenglan mit 18 Gemeinden zu tun.

Große Vielfalt an Baumarten

„Wir haben den Goldstandard“, freut sich Kleinhempel. Die Forstamtsleiterin spielt damit auf insgesamt 42 Baumarten und einen Nadelbaumanteil unter zehn Prozent in ihrem Zuständigkeitsbereich an. Mit Blick auf die Anforderungen an den Wald durch den Klimawandel sei dies eine gute Ausgangsposition. Die Gemeinden nehmen auch mit Hilfe des Forstamts am Förderprogramm der Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) teil, in dem es um klimaangepasstes Waldmanagement geht. Dabei werden bei der Erfüllung vielfältiger Bewirtschaftungsauflagen unter anderem fünf Prozent der Gesamtfläche für 20 Jahre aus der Nutzung genommen. Nicht zuletzt beteiligt sich das Forstamt Kusel als Zentrum für Gen-Erhaltungsmaßnahmen der Forschungsanstalt für Waldökologie und Forstwirtschaft Rheinland-Pfalz (FAWF) mit Sitz in Trippstadt an der Nachzucht von Pflanzen. Auf knapp 70 Hektar Fläche sind sogenannte Erhaltungs-Samenplantagen für mehr als 20 seltene und gefährdete Baumarten angelegt. Weitere Versuchsflächen dienen der Herkunftsforschung. Dabei geht es unter anderem darum, Daten zu erheben, die die Anbaufähigkeit und die Abstammung mit Blick auf den Klimawandel vergleichbar machen.

LECKERBISSEN Wildbestände bestimmen die Zukunft von Wäldern entscheidend mit. Wildmanagement ist deshalb ein wichtiger Baustein. Foto: Landesforsten RLP.de/Jonathan Fieber

Vorausdenken ist angesagt

Ziel der Arbeit: den Wald für die nächsten 150, 200 und 300 Jahre möglichst fit zu halten. „Forstleute müssen deshalb immer zwei, drei Schritte weiterdenken. Wir haben keine Glaskugel, aber verschiedene Schattierungen sehen wir schon“, erklärt Forstamtsleiterin Kleinhempel. Waldverwaltung sei immer in Bewegung, wie der Wald auch, ergänzt der 1962 geborene Revierleiter Häußer. Der Umgang mit Wald sei ja zudem keine neue Erfindung, sondern mindestens 2500 Jahre alt. Heute setze man in den Flächen auf Naturverjüngung und seit 2005 auf die QD-Strategie. Neu hinzu kämen stellenweise Ergänzungsbaumarten wie beispielsweise Baumhasel und Edelkastanie. In der Planung gehe man bei den laubholzgeprägten Waldbeständen pro Hektar von einem Zuwachs von vier und einer Entnahme von drei Festmetern aus. Ein Problem mit Blick auf die Waldentwicklung seien zu hohe Wildbestände, so Kleinhempel. So gebe es im Oberen Glantal mehrere Muffelwild-Rudel mit bis zu 150 Tieren sowie viel Damwild. „Die Wildbestände bestimmen die Zukunft entscheidend mit, deshalb ist ein Wildmanagement zwingend erforderlich“, betont die Forstamtsleiterin.

ZUKUNFTSBAUM An dieser Stelle signalisiert eine blaue Markierung, dass hier ein Baum wächst, der viele Jahre später besonders wertvolles Holz liefern soll. Foto: Landesforsten RLP.de/Jonathan Fieber

Ökologie und Holz als Ziel

Werner Häußer. Foto: Michael Dostal

Überall im Wald, dies zeigen die drei Beispiele, wird an dessen Zukunft gearbeitet. „Der Mensch nimmt sich zurück und schaut mehr auf das, was die Bäume machen“, beschreibt Bernhard Frauenberger die Grundphilosophie für alle. Als Referent im Mainzer Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität hat er seit 2023 – zuvor leitete er das Forstamt Soonwald im Hunsrück – eine Doppelfunktion. Der 1979 geborene Forstwissenschaftler verantwortet sowohl betriebliche Strategien von Landesforsten und berät als Teil der Forstabteilung im Ministerium politische Entscheidungsträger. Als „aktives Nichtstun, bei dem beobachtet und punktwirksam reagiert wird“ bezeichnet er den Kern der Zukunftsstrategie im Wald. „Festmeter sind ein Wert, aber nicht der alleinige“, betont Frauenberger und fordert, nicht gegen die Natur, sondern mit ihr zu arbeiten. Die Diskussion über das Wie müsse man auch im Rückblick fair führen. „Es war nicht alles schlecht, sondern alles muss aus der Sicht der jeweiligen Zeit betrachtet werden“, ergänzt Frauenberger. Wenn heute die einen den Wald alles selbst regeln lassen wollen und andere das Steuern durch den Menschen einfordern, so ist für Frauenberger die QD-Strategie die Antwort an beide Lager. „Wir müssen hier Brückenbauer sein“, macht er sich dafür stark, auch Nichtregierungsorganisationen (NGOs) einzubinden. Die Devise müsse lauten: „Probleme benennen, dann an Lösungen arbeiten.“ Dabei rücken die Ökosystemdienstleistungen des Waldes immer mehr in den Mittelpunkt. Ein weiteres Ziel bleibt daneben die Holzgewinnung.

Bernhard Frauenberger. Foto: Landesforsten RLP.de

Im Gegenstrom-Prinzip

Ganz gleich, ob in Hinterweidenthal, Johanniskreuz, Kusel oder anderswo in er Pfalz, der Verkauf von Holz – auch auf dem Wertholzlagerplatz – wird zentral gesteuert. Für den gesamten Staatswald in Rheinland-Pfalz ist die Zentralstelle der Forstverwaltung (ZdF) mit Sitz in Neustadt an der Weinstraße zuständig. Wenn es um Holz aus Gemeindewäldern geht, ist es die Kommunale Holzvermarktung Pfalz GmbH in Maikammer. Ähnlich wie im Wald selbst, sind auch beim Verkauf die Abläufe komplex. „Wir arbeiten in einer Art Gegenstrom-Prinzip“, erklärt Klaus Dunkel, seit 2019 Abteilungsleiter Produktion und Vertrieb bei der ZdF. Der Verkauf müsse sich einerseits an der Nachfrage orientieren, die sich zum Beispiel nach dem Umfang der Bautätigkeit richte. Andererseits hänge er von der Holzproduktion ab, die auf der Waldentwicklung basiert. Beide Seiten erfordern langfristige Prognosen. Hinzu komme, dass Kalamitäten wie Stürme oder Borkenkäferbefall Planungen durchkreuzen. So sind ein kontinuierlicher Holzbedarf auf der einen Seite und eine Holzerzeugung, die durch Wetter und Klima beeinflusst wird, auf der anderen Seite in Einklang zu bringen.

PRÄZISION Waldarbeiter (Forstwirte) haben beim Fällen von Bäumen eine diffizile Arbeit zu erledigen, die noch dazu gefährlich ist. Maschinen, sogenannte Holzvollernter, sind im Wald nur begrenzt einsetzbar. Fotos: Norman Krauß

Klaus Dunkel. Foto: Privat

Der lange Weg zum Holz

Rund eine Million Festmeter Holz aus dem Staatswald in Rheinland-Pfalz werden pro Jahr verkauft. Sie bringen alle zusammen zwischen 50 und 70 Millionen Euro für den Landeshaushalt. Die Preisspanne pro Festmeter reicht dabei von rund 50 Euro bis zu 1.000 Euro für beste Eichenstammhölzer. An der Spitze stehen Werthölzer für Furniere, Fässer oder Musikinstrumente. Danach folgt die Kategorie Sägeholz für Möbel, Fußböden, Dachstühle oder den Bau von Holzhäusern. Eine Stufe darunter wird Verpackungsholz einsortiert, das zum Beispiel für Holzpaletten benötigt wird. Und am Ende stehen Industrieholz für die Herstellung von Papier, Zellstoff oder Spanplatten sowie Brennholz. Letzteres wird übrigens von den Forstämtern an private Abnehmer auch direkt abgegeben. „Für alle Holzarten gilt grundsätzlich, verkauft wird nur, was die Forstämter anbieten“, betont Dunkel. Die Einschlagplanung liefert dafür das Mengengerüst. Seitens der ZdF erhalten die Forstämter Hinweise zur Planung, etwa welches Holz wohl im nächsten Jahr mehr oder weniger benötigt wird. „Im Wald gibt es mit Blick auf Holzarten glücklicherweise eine gewisse Dehnbarkeit“, erklärt Dunkel. Am Ende unserer Exkursion ins Dreieck zwischen Wirtschaft, Erholung und Natur ist also klar: Es ist nicht nur ein langer Weg bis zum Holzpolter in Hinterweidenthal, sondern auch zum Wald der Zukunft.

www.wald-rlp.de | klimawandel-rlp.de | fawf.wald.rlp.de
nachhaltigkeit-pfalz.de | waldwissen.net | koho-pfalz-gmbh.de | bmel.de | fnr.de | holz-von-hier.eu | charta-fuer-holz.de

„Naturnahe Waldwirtschaft mit der QD-Strategie“
Georg Josef Wilhelm/Helmut Rieger, Eugen Ulmer KG
ISBN 978-3-8186-0354-0, 224 Seiten, 29,90 Euro

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