Veranstaltungs­tipps

Tipps für Genuss-Events in der Pfalz: Das VielPfalz-Team recherchiert für Sie empfehlenswerte Veranstaltungen in der Pfalz, die vielfältigen Genuss versprechen – von der Weinprobe über die Städteführung bis zum Fest, Markt oder Konzert. Welches Event Sie auch immer anspricht, wir wünschen Ihnen viel Spaß dabei!

Pfälzer Handwerk

Mit Fingerspitzengefühl

Sie biegen Holz, flechten Weiden, bemalen Glas oder binden Bürsten. Kurz: Sie erhalten typische Pfälzer Handwerkskunst und somit Schätze der Region. Die Menschen hinter den alten Handwerksberufen wie Küfer oder Korbflechter sind mit der Region genauso verwurzelt wie ihre Produkte. Sie stehen im Kontrast zu unserer schnelllebigen, maschinellen Welt, denn sie sind von Hand gemacht fürs Leben. Mit Leidenschaft und modernen Ansätzen soll das zünftige Handwerk in der Pfalz fortbestehen.

Foto: Norman Krauß

Der warme, wohlige Duft von Holz liegt in der Luft. Es ist laut. Hier singt eine Säge, dort fliegen Funken. Mittendrin Küfer Jonas Eder. Für den gebürtigen Bad Dürkheimer gibt es keinen schöneren Ort zum Arbeiten als genau hier. In seiner Heimat. „Holz ist für mich ein unfassbar toller Werkstoff: wie es auf seine natürliche Art direkt vor unserer Haustür wächst, wie man genau schauen muss, dass man es wertig verarbeitet …“, kommt der 29-Jährige ins Schwärmen. Schon als kleiner Junge zieht es ihn mit seinem Großvater in die Werkstatt. Der Wunsch, selbst einmal im Familienunternehmen mitzuarbeiten, wächst, obwohl das traditionsreiche Handwerk des Küfers mittlerweile zu den seltensten zählt. Bundesweit gibt es jährlich etwa eine Handvoll Auszubildende. Ein Grund dafür sei sicherlich, dass die Bereitschaft zu körperlich anstrengender Arbeit abnehme, aber auch der geringe Verdienst, meint Jonas Eder. Ungefähr 1500 Euro brutto pro Monat bekommt ein Geselle im Küferhandwerk.

PRÄZISE Ein Mitarbeiter der Küferei Eder fräst eine Nut. Sie ist entscheidend, um die einzelnen Fassdauben miteinander zu verbinden. Foto: Norman Krauß

Vom Gesellen zum Geschäftsführer

Jonas Eder hielt dennoch an seinem Traum fest. Seine Ausbildung absolvierte er in einer anderen Küferei in der Pfalz, ging dort durch die „alte, harte Schule“, wie er selbst sagt. Das bedeutet viel schweißtreibende Handarbeit, wenig Automatisierung. Lehrreiche Jahre nennt Eder diese Zeit und ist dankbar für die Erfahrungen, die er dort sammeln konnte und die ihn zu dem gemacht haben, was er heute ist: stolzer Unternehmer mit handwerklichen Wurzeln und obendrauf einem Studium als Holztechnikingenieur. Denn nach seiner Ausbildung entschied sich der Pfälzer, nach Rosenheim zum Studieren zu gehen, um sein Wissen rund um Holz und Maschinen zu vertiefen. Seit Oktober 2022 ist er neben seinem Vater und Onkel Geschäftsführer der Eder GmbH in Bad Dürkheim. „Ich finde es besonders wertvoll, mit so vielen verschiedenen Menschen in unserer Branche zu tun zu haben. Ich liebe die Regionalität sowie durch meine Zusammenarbeit mit den Winzern, Einblicke in die lokale Kultur des Weins zu bekommen“, erzählt Jonas Eder und fügt schmunzelnd und mit Stolz hinzu: „Manchmal fühlt es sich schon fast so an, indirekt den Wein mitzugestalten.“ Denn heute wie damals machen den Hauptteil der Produktion der Küferei Weinfässer aus. Die Geschichte der Fässer ist traditionsreich. 

Berühmte Pfälzer Fässer

Der Begriff Küfe/Kufe bezeichnet im ursprünglichen Sinne einen Kübel oder Eimer aus Holz. Bereits in der römischen Kaiserzeit verschickte man Wein überwiegend in Holzfässern. Wie dem Buch „Geschichte des Pfälzischen Handwerks“ zu entnehmen ist, das anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Handwerkskammer der Pfalz im Jahr 2000 erschienen ist, wurden schon um 1416 auch in der Pfalz von Speyer aus 8000 Fuder Wein in den Handel gebracht. So ist bereits damals von einer umfangreichen Tätigkeit von Küfern entlang der Haardt auszugehen. Der Beruf des Küfers zählt also zu einem der ältesten Handwerksberufe der Pfalz und war jahrzehntelang sehr gefragt. Zwei überdimensionale Exponate sind sogar über die Grenzen der Pfalz hinaus als Symbole des Pfälzischen Küferhandwerks bekannt geworden: das Heidelberger Fass aus dem 17. Jahrhundert und das jüngere Bad Dürkheimer Riesenfass. 1934 wurde es von dem Bad Dürkheimer Weinguts­besitzer und Küfer­meister Fritz Keller in traditioneller Herstellungsweise gebaut und ist mit einem Durchmesser von 13,5 Metern das größte Fass der Welt.

Das Pfälzer Handwerk

Seit 1953 gibt es eine Handwerksordnung in der Pfalz. Zu diesem Zeitpunkt waren noch alle Handwerksberufe zulassungspflichtig. Heute arbeiten rund 84.000 Menschen in 18.588 Handwerksbetrieben in der Pfalz (Stand 31.12.2022) berichtet Ellen Thum, Leiterin der Pressestelle der Handwerkskammer der Pfalz. „Spuren handwerklicher Tätigkeit reichen weit zurück bis in ur- und frühgeschichtliche Epochen. Wo Menschen lebten oder zusammenlebten, produzierten sie etwas mit ihren Händen. Auf dem Gebiet der heutigen Pfalz beispielsweise in der Gegend um Eisenberg gibt es bereits aus römischer Zeit Belege für die Gewinnung und Verarbeitung von Eisen“, erzählt Barbara Schuttpelz, Abteilungsleiterin für Pfälzische Volkskunde und stellvertretende Direktorin des Instituts für Pfälzische Geschichte und Volkskunde in Kaiserslautern. Außerdem seien Werkzeugfunde aus dem 2. bis 4. Jahrhundert n. Chr. von mehreren heute pfälzischen Orten wie Geinsheim, Bad Dürkheim oder Waldfischbach bekannt.

Unentbehrliche Berufe

„Handwerker waren seit jeher unverzichtbar für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung von den kleinsten Gemeinden bis in die Städte. Die vielfältigen Handwerksberufe bildeten zum einen die Lebensgrundlage für die Ausübenden, zum anderen dienten sie der Deckung des Bedarfs an Produkten des täglichen Gebrauchs für Stadt- und Landbevölkerung“, sagt Barbara Schuttpelz. „Neben Küfern waren viele andere Handwerker wie Schmiede, Bürstenmacher, Gerber, Metzger, Brauer, Bäcker, Zimmerleute oder Schneider unentbehrlich und übten jeder für sich eine wichtige Funktion im gesellschaftlichen Gefüge aus.“ Im Mittelalter bildeten sich in Städten wie Speyer oder Kaiserslautern die Zünfte, in denen die Handwerker organisiert waren und die ihnen einen erheblichen Einfluss innerhalb des Stadtgefüges sicherten. Im Zuge der Industrialisierung im 19. Jahrhundert sei zu beobachten, dass Handwerksberufe immer weiter zurückgingen – die maschinell gefertigten Produkte waren einfach schneller und kostengünstiger herzustellen und zu vertreiben.

Des Küfers Arbeit

Zurück in die Werkstatt von Jonas Eder. Auch im Küferhandwerk werden heute wesentlich mehr Maschinen eingesetzt. Kleinfässer werden zum Beispiel fast vollständig automatisiert hergestellt, um die Erhöhung der Produktivität zu ermöglichen und der Nachfrage gerecht zu werden. Küfer müssen sich also auch mit Maschinen auskennen und programmieren können. Doch die Arbeit von Hand hat nach wie vor großen Stellenwert. Zu den Hauptaufgaben des Küfers zählen die Herstellung, die Instandhaltung und die Reparatur von Holzfässern. Benötigt werden hierfür eine genaue Kenntnis der geeigneten Holzsorten sowie präzises Arbeiten. „Das Eichenholz trocknet teilweise drei Jahre an der Luft bevor wir die ausgewählten, gealterten Eichenplanken zu Dauben zurechtschneiden“, erklärt Küfer Jonas Eder. Danach werden sie innerhalb eines Metallreifens angeordnet. Durch die Bearbeitung mit Feuchtigkeit und Hitze biegen sich die Holzdauben schließlich zur typischen Fassform. Mit weiteren Reifen versehen, landet das Fass schließlich beim so genannten Toasting. Hierbei wird es aufs Feuer gestellt und „angeröstet“. Je nach Intensität und Dauer sowie der Holzart treten durch diesen Prozess später Aromen wie Vanille, Karamell, Kokos, Kaffee oder Tabaknoten gepaart mit weiteren Holzaromen unterschiedlich stark im Wein auf. Das Holzfass und die Arbeit des Küfers beeinflussen also maßgeblich den Geschmack dessen, was später im Fass gelagert wird. Um den Rauchgeschmack zu mildern, wird das Fass mit Wasser gefüllt und so gleichzeitig auf seine Dichtigkeit geprüft. Erst ganz zum Schluss folgt der Boden. 

INDIVIDUELL Während Kleinfässer fast komplett automatisiert hergestellt werden, ist bei größeren Modellen noch viel Handwerk gefragt. Die Größe und die Auswahl des Holzes hängen davon ab, was später in den Fässern reifen darf: Wein, Whiskey, Bier oder andere Spirituosen. Foto: Norman Krauß

Der Fässer-Kreislauf

Rund 50.000 Fässer, neue und gebrauchte durchlaufen jährlich die Firma Eder. Im Familienbetrieb in Bad Dürkheim arbeiten etwa 50 Mitarbeiter. Ursprünglich waren es einmal acht. Besonders stolz ist das Unternehmen darauf, dass die gesamte Wertschöpfung im eigenen Haus stattfindet. Neben einem Sägewerk zählen eine Schreinerei sowie die Küferei dazu. „Bei der Produktion unserer Fässer legen wir Wert darauf, Holz, primär Eichenholz aus unserem heimischen Pfälzerwald, selbst und nach unserem Standard einzuschneiden. Eine jahrelange und natürliche Trocknung in unserem Lager erhöht die Strapazierbarkeit und Qualifikation des Holzes der späteren Holzfässer für Wein, Bier und Spirituosen“, erklärt Jonas Eder. Während zum beliebten Barrique-Ausbau Küfer relativ kleine Eichenholzfässer mit 225 Litern Fassungsvermögen herstellen, werden mittlerweile auch Großfässer bis zu 20.000 Litern sowie Saunen, Badebottiche, Möbel oder dekorative Fässer im Unternehmen in Bad Dürkheim produziert. Die Auftraggeber kommen zwar primär aus der Region, aber auch internationale Bestellungen nehmen zu. So stehen inzwischen Holzfässer made in Dürkheim in Frankreich, Kanada, China oder Taiwan.

Ein langlebiges Produkt

Großgeschrieben werden im Unternehmen auch Recycling und Nachhaltigkeit. Gebrauchte Weinfässer werden aufgearbeitet und sind bei Bierbrauern und Whisky-Destillerien zur Veredelung ihrer Produkte begehrt. Sind die Fässer irgendwann zu marode, bauen die Schreiner sie auseinander und verarbeiten sie beispielsweise zu Gartenmöbeln. „Nachhaltiges, Umwelt und Ressourcen schonendes Arbeiten ist ein großes Thema“, erklärt Eder, der generell positiv in die Zukunft blickt. „Ein wichtiger Faktor wird sein, flexibel zu bleiben und Holz in seiner Beschaffenheit als Naturprodukt zu respektieren“, ist er sich sicher. Dass Deutschland strenge Waldgesetze verfolgt, unterstützt der Küfer und arbeitet eng mit hiesigen Förstern aus nachhaltiger Forstwirtschaft zusammen. Auch optimale Kundenbetreuung sei ein wichtiger Baustein. „Wir führen vorab bereits intensive Gespräche, damit wir bei der Produktion individuell auf die Wünsche unserer Kunden eingehen können und sie möglichst lange etwas von den Produkten haben“ – auch das sei nachhaltiges Denken.

VERSIERT Korbflechten zählt zu den ältesten Handwerkstechniken der Menschheit. In der Pfalz flicht Edmund Gehrlein bereits in der siebten Generation Körbe und gibt sein Wissen in Kursen weiter. Foto: Norman Krauß

Edmund Gehrlein, der Korbflechter

Ohne Zweifel fortwährend im positiven Sinne ist auch das Tun von Korbflechter Edmund Gehrlein. Dass sein Handwerk, das zu einem der ältesten der Menschheit zählt, nicht in Vergessenheit gerät, ist ihm ein großes Anliegen. Körbe flechten hat in seiner Familie Tradition und so war für den heute 74-Jährigen schon als kleiner Junge klar, dass er ebenfalls in die Fußstapfen seiner Vorfahren treten will. „Mich fasziniert, dass dieser Rohstoff, die Weiden, bei uns in den Rheinauen vor der Haustür wächst und ich aus ihm an einem Tag ein Gefäß herstellen kann, mit dem man mehr als 60 Jahre Freude hat“, sagt Edmund Gehrlein, dessen Leidenschaft für sein Handwerk aus seinen Augen blitzt. Bereits in siebter Generation flicht der Pfälzer Körbe. Während sein Großvater noch eine Korbflechter-Werkstatt im pfälzischen Westheim mit 18 Angestellten betrieb, wusste Edmund Gehrlein, dass er vom Flechten und dem Verkauf der Körbe allein nicht mehr leben könnte. Doch auch wenn er sein Geld später als Gärtner verdiente, blieb das Korbflechten immer ein großer Teil seines Lebens. Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin ist der Westheimer heute noch auf Gartenschauen, Handwerks- oder Bauernmärkten unterwegs.

Eins der ältesten Handwerke

„Korbflechten zählt neben Schmieden wohl zu den ältesten Handwerkstechniken und ist bereits seit über 10.000 bis 12.000 Jahren bekannt. Das belegen unter anderem Funde aus dem Mittelmeerraum“, sagt Volkskundlerin Barbara Schuttpelz. Schon in der Frühzeit nutzten Menschen Zweige oder auch Fasern, um mit ihren Händen Gegenstände zu fertigen. Nach und nach wurden die Techniken verfeinert. Bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts stellten die Korbmacher aus regionalen Materialien hauptsächlich Körbe für den täglichen Bedarf her: zum Transport, für die Ernte, die Wäsche oder den Einkauf. Damals wurden fast in jedem Haushalt Körbe geflochten. Aber auch einer der heute weltgrößten Chemiekonzerne hatte laut Gehrlein große Nachfrage für die Naturprodukte: „Wenn Chemikalien in Glasballons transportiert wurden, dann wurden diese Ballons in Weidenkörben geschützt“, erinnert er sich. Damals gab es hier in der Region hunderte Korbmacher in mehreren Betrieben. Der große Einbruch kam mit der Einführung des Kunststoffes in den 1960er-Jahren und der Massenproduktion. Die Körbe, die Gehrlein heute anfertigt, dienen meist zu Dekorationszwecken oder wie seine gefragten Kaminholzkörbe quasi als hochwertiges Möbelstück.

Die letzten ihrer Art

Die uralte Technik des Flechtens erfordert Kraft und Fingerspitzengefühl zugleich – ganz ohne Maschinen. Heute beherrschen nur noch wenige Menschen diese Kunst. Edmund Gehrlein zählt in Deutschland zu einem der letzten gelernten Korbflechter, die die Tradition weitergeben. Von drei staatlichen Berufsfachschulen für Flechtwerkgestaltung in den 1960er-Jahren gibt es noch eine im bayrischen Lichtenfels, an der man das Handwerk erlernen kann. Doch es bewegt sich wieder was: Auch verschiedene Museen wollen die Kunst des Korbmachens bewahren und bieten Anfängerkurse für Laien an, die sich immer größerer Beliebtheit erfreuen. Ein Zeichen, dass die Wertschätzung des Handwerks wahrgenommen wird. Auch die Volkskundlerin Barbara Schuttpelz begrüßt diese Entwicklung und hält es für notwendig, dass alte handwerkliche Kulturtechniken und das Wissen um sie gepflegt, bewahrt und weitergegeben werden. „Dass es prinzipiell als wichtig angesehen wird, alte Handwerkstechniken zu erhalten und weiterzugeben, spiegelt sich unter anderem auch darin, dass einige bereits von der Deutschen Unesco-Kommission in das bundesweite Verzeichnis ,Immaterielles Kulturerbe‘ aufgenommen wurden, beispielsweise Flechthandwerk, Handweberei, Bierbrauen, Drechslerhandwerk oder Glasbläserei“, erklärt sie und führt fort: „Bei der Herstellung von Gebrauchsgegenständen beispielsweise in Heimat- und Freilichtmuseen kann man sich klar vor Augen führen, welche Schritte, Materialien, Fertigkeiten und vor allem welcher Zeitaufwand erforderlich waren und sind, um ein Ergebnis zu erhalten.“

BEGEHRT Früher wurden Körber fast in jedem Haushalt geflochten. Heute haben wieder mehr Menschen Interesse an der Kunst des Korbmachens und handwerklich hergestellten, robusten Körben. Foto: Norman Krauß

Die Kunst des Flechtens erlernen

Die handwerklich hergestellten Gegenstände faszinieren den Betrachter nicht nur, sie sind zumeist auch haltbarer und nachhaltiger als industriell produzierte Erzeugnisse. Genau dieses Ziel verfolgt Edmund Gehrlein mit seinen Flechtkursen. Diese Kurse beginnt der Korbflechter immer gleich, nämlich mit einem Bodenkreuz. „Das ist die einfachste Form“, erklärt er. „Die richtige Feuchtigkeit und Biegsamkeit der Weiden, die Anzahl und Stärke der Hölzer und natürlich die korrekte Flechttechnik sind nur einige Faktoren, die einen guten Korb ausmachen.“ Ebenso entscheidend für einen Korb, von dem man ein Leben lang etwas hat, sei konzentriertes und ordentliches Arbeiten. Während er das erzählt, gleiten die Weidenzweige präzise und leicht durch seine Finger und ruckzuck ist ein halber Korb geflochten. Gehrlein lacht: „Das ist wohl in mir drin.“ Korbflechten im Akkord komme für ihn aber keinesfalls mehr in Frage. „Ich mache das aus Leidenschaft fürs Handwerk und denke, das spüren die Menschen auch.“ Es sei wunderbar zu sehen, dass die unterschiedlichsten Interessenten zu ihm kommen, um ein so altes Handwerk zu erlernen, das bereits vor Tausenden von Jahren praktiziert wurde. Für ihn gibt es nichts Schöneres.

UNTERSTÜTZEND Markus Heid beliefert die wenigen noch ausübenden Korbflechter mit seinen Pfälzer Weiden, damit das Handwerk erhalten werden kann. Nebenbei stellt er selbst Zäune oder Tipis aus Weiden her. Foto: Weiden Heid

Das Korbflechterdorf

Bis vor Kurzem hat Gehrlein die Weiden sogar noch selbst angebaut, gelagert und getrocknet. Doch da das sehr aufwändig ist, besonders die Pflege der Weiden, lässt er sie inzwischen liefern. Wieviel Mühe und Arbeit hinter dem Weidenanbau steckt, weiß Markus Heid nur zu gut. In Neupotz, ebenfalls in den Rheinauen gelegen, hat er sich eben genau darauf spezialisiert – den Anbau von Weiden. Selbst aus einer Korbflechterfamilie mit Tradition stammend, stellt Markus Heid zwar keine Körbe her, hat sich aber ebenso zur Aufgabe gemacht, das Korbflechterhandwerk zu erhalten, indem er die wenigen noch ausübenden Korbflechter mit seinen Weiden beliefert. Der 53-Jährige bewirtschaftet neun Hektar und bietet fünf Sorten Weiden von 60 bis 80 Zentimetern bis zu zwei Metern Länge an. Insgesamt in acht verschiedenen Größen, die sich nach Farbe und Stärke, also weich und hart, unterscheiden. Damit beliefert er Kunden deutschlandweit, die Flechtarbeiten aller Art ausführen. Unterstützt wird er von seinem Neffen, von dem er sich erhofft, die Familientradition einmal weiterzuführen. Begründet hat sie der Urgroßvater, der damals das Korbflechten gelernt und sich mit Weidenanbau selbstständig gemacht hat. Der wurde nach und nach ebenfalls zu einer wichtigen Einnahmequelle, weil viele Winzer das Naturmaterial nutzten, um ihre Reben anzubinden. Lange Zeit war es normal, dass in jeder Familie, die Landwirtschaft betrieb, auch Körbe geflochten wurden. In der Gemeinde Neupotz gab es eine Korbfabrik und mehrere Korbhändler. „Fast jeder im Ort hat hier Körbe gemacht, oftmals auch nebenberuflich“, erzählt Markus Heid und fügt mit einem Lachen im Gesicht hinzu: „Es steckt mir also im Blut.“

FRISCH Die Weiden werden im Winter geerntet. Markus Heid liefert 80 Prozent der Ernte direkt aus, der Rest wird in Neupotz gelagert. Foto: Weiden Heid

Ein Kulturerbe erhalten

Auch wenn Heid selbst kein Korbflechter ist, in der Branche ist er bekannt. Bis zu 80 Prozent seiner Weiden, die er jährlich in den Wintermonaten erntet, liefert er frisch aus. Den Rest trocknet und lagert er bei sich. „Die Lieferung des Materials ist mein Beitrag, um die Kunst und Kultur rund ums Korbflechten sowie den Beruf zu erhalten“, erklärt Heid. Nebenbei flicht der ausgebildete Umweltschutztechniker mit Schwerpunkt Landschaftspflege unter anderem Zäune. Auch Tipis für Kindergärten oder Bekannte hat er schon gemacht. Einer seiner persönlichen Höhepunkte zum Erhalt des Kulturerbes des Flechtwerks war ein Korbmacherfest, das auf seinem Hof ausgerichtet wurde. Da es sehr gut angenommen wurde, wird es sicher nicht das letzte gewesen sein. Seit 2019 veranstaltet Markus Heid zudem Flechtkurse auf seinem Gelände.

AUFWÄNDIG Die Weiden fürs Korbflechten wachsen in den Rheinauen bei Neupotz. Der Anbau und die Ernte sind durchaus anspruchsvoll. Foto: Weiden Heid

Faszination Glaskunst

Die Begeisterung für ein altes Handwerk, allerdings mit einem anderen Rohstoff, teilt Karin Histing. Sie hat sich der Glaskunst verschrieben. „Jahrhundertealte Techniken anzuwenden und mit Handwerk und Kreativität zu kombinieren, ist für mich ein absoluter Traumberuf“, schwärmt die 42-Jährige. Seit 2018 ist sie Inhaberin der Glaskunst Krumholz in Bad Bergzabern. „Die Farben und Lichtwirkung von Gläsern begeistern mich immer wieder aufs Neue.“ Bereits im 1. Jahrhundert n. Chr. sollen die Römer Glasscheiben und Glasmosaike eingesetzt haben, um Helligkeit zu spenden und die Wärme in den Räumen zu erhalten. Die Glasmalerei findet sich seit jeher jedoch vorwiegend im sakralen Bereich. Auch Karin Histings Auftraggeber sind primär aus diesem Umfeld. Der Hauptteil ihrer Arbeit besteht aus der Sanierung und Restaurierung von Kirchenfenstern in teils jahrhundertealten Gemäuern. So hat sie unter anderem den Fenstern des Klosters Eberbach in Eltville schon zu neuem Glanz verholfen. Eine besondere Herausforderung bei ihrer Arbeit ist sicherlich, die Zerbrechlichkeit des Glases. „Mit der Zeit entwickelt man die Feinfühligkeit fürs Material und den achtsamen Umgang“, erklärt die Glaskünstlerin. Sie hat schon immer gerne mit den Händen gearbeitet und etwas Kreatives gemacht. Genau diese handwerkliche Fertigkeit braucht es bei der Glaskunst. Denn damals wie heute erfolgt wenig maschinell.

BEWAHREN Vor allem Kirchenfenster werden in der Bad Bergzaberner Werkstatt von Karin Histing saniert und restauriert. Foto: Norman Krauß

Die Vielfalt der Möglichkeiten

Karin Histing wendet unterschiedliche Techniken in ihrer Werkstatt in Bad Bergzabern an, die verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten mit sich bringen. Das gängigste Verfahren sind, unterschiedliche Buntgläser in Bleiprofile einzusetzen. „Zunächst fertige ich dafür eins zu eins Schablonen an, um dann die Buntgläser zurechtzuschneiden und schließlich Schritt für Schritt ein großes Fenster aus Glasstücken wie ein Puzzle zusammenzusetzen“, beschreibt Histing den Arbeitsprozess. Manch altes Fenster sei so zerstört, dass ein Rekonstruieren zur großen Herausforderung wird. Dann ist die Künstlerin froh, wenn alte Fotos vom Originalzustand existieren. Manchmal jedoch blieben nur Scherben, die es dann gilt, in Sisyphusarbeit wieder zusammenzusetzen. „Mir liegt es sehr am Herzen, das Fenster möglichst genau wieder in seiner Ursprungsform hinzubekommen.“

FRAGIL Die Zerbrechlichkeit des Materials ist immer eine Herausforderung. Foto: Norman Krauß

Von leuchtenden Farben

Eine weitere Technik, die es im Glaskunstbereich gibt, ist Sandstrahl. Hierbei lässt sich mit matten und klaren Flächen spielen, indem man zunächst mehrschichtig aufbaut, um dann einzelne Flächen oder Muster herauszustrahlen. Ferner eignet sich für größere Flächen ab und an die Anwendung von Silikon und Sicherheitsglas. Dass die ursprüngliche Glasmalerei, also richtiges Zeichnen und besonders detailliertes Arbeiten, eher selten vorkommt, bedauert Karin Histing. Aber der Aufwand und damit auch die Kosten für Arbeitsstunden seien eben sehr hoch, erklärt sie. Den einen oder anderen Auftrag von Privatkunden gibt es dann aber doch. Diese Arbeit erfüllt sie immer besonders. Nicht umsonst hat die Glasmalerei auch heute noch einen hohen Stellenwert in der Malerei. Denn keine andere Malart kann eine so solche Farbleuchtkraft und so große Helligkeitsunterschiede zeigen wie ein Glasbild. Karin Histing ist sich sicher, dass das Handwerk Glaskunst Bestand haben wird. Man müsse sicher vielseitig denken und sich hier und da umstellen, etwa neue Techniken lernen. „Einen Teil dazu beitragen zu können, etwas Altes und Schönes durch meine Arbeit zu erhalten, erfüllt mich in gewisser Weise mit Ehrfurcht“, sagt sie.

GESCHÄTZT In der Malerei hat die Glaskunst einen hohen Stellenwert. Foto: Norman Krauß

Traditionshandwerk Bürstenbinder

Bei Harald Klein geht es weniger um das Erhalten von antiken Gegenständen, sondern um das Schaffen von ganz alltäglichen, die man oft nicht wahrnimmt, die aber eigentlich jeder braucht: Er fertigt Besen und Bürsten. Von seinem Vater lernte er als Jugendlicher das Traditionshandwerk des Bürstenbinders und führt das kleine Unternehmen im südpfälzischen Ramberg nun in vierter Generation. „Ramberg war für viele Jahrhunderte das Dorf der Bürstenbinder“, erzählt der 63-Jährige. Doch die Zeiten haben sich geändert. Heute zählt Familie Klein zu den letzten Bürstenbindern. Auf über stolze 90 Jahre Firmengeschichte kann sie zurückblicken. „Für mich war es ganz normal, dass ich als kleiner Junge jeden Tag mit meinem Großvater ins Geschäft gegangen und so ins Bürstenbinden reingewachsen bin“, erinnert sich Harald Klein. „Hier und da habe ich mir immer mal 50 Pfenning verdient und konnte mir mit 14 Jahren von dem Ersparten ein Rennrad kaufen.“ Darauf sei er damals natürlich sehr stolz gewesen. Als er selbst den Betrieb übernommen hat, wuchs die Verantwortung und die neue Aufgabe  brachte auch viele Herausforderungen mit sich. „Ich habe hart und viel gearbeitet, um vom Handwerk leben zu können“, sagt der Bürstenbinder. Weil er seinen Beruf aber aus voller Überzeugung tut, ist es immer eine Erfüllung für ihn gewesen.

Zurück zur Qualität

HÄNDISCH Mitarbeiter Richard Rebholz zieht die Borsten von Hand ein, bevor sie auf eine Länge geschnitten werden. Foto: Norman Krauß

Ob Industriebesen, Zimmerbesen, Handbesen, Möbelbürsten, Staubwedel, Babyhaarbürsten oder Kuchenpinsel – rund 1000 verschiedene Artikel zählt das Sortiment der Firma Klein, die nach wie vor fast alle in Handarbeit produziert werden. Unterstützt wird Harald Klein von seinem Bruder und vier Aushilfen, die teils daheim arbeiten. „Das schätze ich sehr, weil es mir ermöglicht je nach Auftrag spontan zu reagieren“, erklärt Klein. Wenn erforderlich, schwingt er sich auf sein Fahrrad und bringt seinen Mitarbeitern die Materialien vorbei, um einige Stunden später die fertigen Produkte abzuholen. Auch früher schon war das im Bürstenbinderhandwerk eine gängige Methode. Um die Besen zu verkaufen, sind sein Großvater und Vater noch selbst direkt zur Kundschaft gefahren. Heute zählen eher größere Betriebe wie Baugeschäfte oder im Einzelhandel zu seinen Kunden.

Aber: Seit ein paar Jahren nimmt ebenfalls die Nachfrage bei Privatleuten ebenfalls zu. „Die Generation, die die alten Besen noch kennt, will sie wieder“, freut sich der Ramberger. Denn ein guter Besen kann bis zu 50 Jahre halten. Anders als Besen mit Kunstfasern, die sich im Gegensatz zu pflanzlichen oder tierischen Naturmaterialien beim Fegen statisch aufladen und schneller Borsten verlieren. Dafür sind diese industriell gefertigten Besen natürlich auch günstiger. Harald Klein vertritt schon immer den Standpunkt: Weniger ist mehr. Lieber einen gescheiten Besen, der zwar etwas mehr kostet, aber dafür Jahre hält, als ständig neue Besen kaufen. Das habe mit Nachhaltigkeit nichts zu tun, bedauert er. Die Entwicklung, dass mehr Privatleute sich wieder an handgefertigten Produkten und Qualität erfreuen würden, begrüßt Harald Klein daher sehr. Er geht auf Garten- oder Bauernmärkte, um seine Ware zu präsentieren. „Ich verkaufe auch einzelne Besen“, sagt er glücklich. Das sei ein schönes Gefühl, wenn jemand fröhlich anruft und sagt: „Ich habe noch nie so einen guten Besen gehabt.“

Traum einer gläsernen Manufaktur

Was lange währt Der Pfälzer produziert aber nicht nur neue Besen, sondern bestückt zum Beispiel auch alte Bürsten neu. Dabei handelt es sich teilweise um Erbstücke mit Initialen, die einen ganz besonderen Wert für ihre Besitzer haben. Besonders schön findet der Bürstenbinder die Vielzahl an Formen und Möglichkeiten, die sein Handwerk mit sich bringt. Jede Borste hat eine besondere Eigenschaft. Somit spielt es nicht nur eine Rolle, ob tierische Fasern wie Schweineborsten, Pferde- oder Rinderhaar, Naturmaterialien wie Kokos oder eben Kunststoff verwendet werden und in welchen Mischverhältnis. Sondern auch die Variation der Bündel – ob kräftig oder schwach, länger oder kürzer. Je nach Einsatz des fertigen Produkts entscheiden diese Faktoren, wie weich oder hart der Besen oder die Bürste sind und ob es letztendlich ein gutes, langlebiges Produkt wird. Der Stiel besteht fast immer aus Buchenholz. Das Stammholz für die Stiele wurde früher noch selbst in der Werkstatt aufgetrennt. Heute werden die Hölzer aus dem Naturpark Pfälzerwald gekauft. „Es hat sich vieles gewandelt“, erzählt Harald Klein. Nicht nur die Masse spielt heute eine deutlich größere Rolle, auch der Einsatz von möglichst günstigen Materialien. Der Bürstenbinder wünscht sich, dass in der Zukunft wieder nachhaltiger produziert und gewirtschaftet wird. Aber das sei gerade in großen Firmen bisher eben leider mit den Arbeitsstunden und dem Mindestlohn nicht vereinbar. Er selbst hofft, noch lange fit zu bleiben, um sein Traditionshandwerk per Hand ausüben zu können. Sein Traum ist, sein Wissen weiterzugeben und vielleicht mal eine kleine, gläserne Manufaktur zu besitzen, in der er den Menschen den Schatz seiner Handwerksarbeit zeigen kann.

Jonas Eder, Küfer, Bad Dürkheim, wilhelm-eder.de
Markus Heid, Weidenanbauer, Neupotz, weiden-heid.de
Karin Histing Glaskunst, Bad Bergzabern, glaskunst-krumholz.de
Harald Klein Bürstenbinder, Ramberg, www.klein-besen-buersten-shop.de

Wer mehr über alte Handwerke und Berufe erfahren möchte, kann über die
Museumsportalseite Rheinland-Pfalz diverse Museen ausfindig machen:
museumsportal-rlp.de

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