Pfalz persönlich – vom Gemüseheld bis zur Bierbrauerin

Pfälzer mit Profil heißen bei uns „Pfalz persönlich“. Sie stehen für die Vielfalt unserer Genussregion. Dieses Mal stellen wir einen Gemüsehelden, eine Brotbäckerin, einen Umweltfreund, eine Kunstmalerin sowie eine Bierbrauerin vor.


Sven Hildebrand, Gemüseheld

Sven Hildebrand und seine Frau Melanie wollen Selbstversorger bei Obst und Gemüse werden. Für den Garten haben sie „alles hingeschmissen“: Der Maschinenbauingenieur und die Gesundheitsökonomin haben nach 16 Jahren ihre Berufe und festen Jobs gegen 1200 Quadratmeter Garten, 60 verschiedene Obstbäume, 17 Hühner, drei Laufenten und zwei Paar dreckige Hände getauscht. „Das macht richtig Spaß. Wenn ich im Garten war, geht es mir gut“, sagt Sven Hildebrand. Und dort ist er täglich. Seit 2012 lebt das Ehepaar im südpfälzischen Dierbach. „Haushaltsüblich“ gegärtnert, experimentiert und optimiert haben sie in den vergangenen zehn Jahren ganz viel. Dann kam die Pandemie, Homeoffice war angesagt und „wir haben Familienleben neu gelernt“, erzählt der 41-Jährige. Das wollten sie nicht mehr hergeben.

Da Wissen und Erfahrung vorhanden waren und Sohn Oskar (7) auch ein totaler Gartenfan ist, stand fest: Ihre Zukunft wächst im Garten. Dieser hat sich seitdem stark vergrößert. Angebaut wird rein biologisch und vielfältig. Der Garten sichert jetzt auch das Einkommen der Familie. „Wir verkaufen aber kein Gemüse. Vielmehr möchten wir in Workshops, Online-Seminaren und persönlichen Beratungen den Gedanken der Selbstversorgung weitertragen. Wie weit die Selbstversorgung dabei geht, definiert jeder für sich“, erklärt Hildebrand. Hobbygärtner erfahren zum Beispiel, wie sie Beete nachhaltig planen oder ein Hügelbeet bauen, es gibt „Ackerdemien“ für Kinder in den Ferien und Workshops für künftige „Hühnerhelden“.

Text: ayß | Foto: Norman Krauß | Info: gemuesehelden-dierbach.de

Arnaud R.P. Huber, Umweltfreund

Es ist eine simple Idee mit doppeltem Effekt. Sie hilft jedem, den Blick für die Vermüllung der Natur zu schärfen und gleichzeitig aktiv etwas dagegen zu tun. Arnaud R.P. Huber ist Umweltfreund und hat einen solchen „erfunden“. Denn so nennt er ein rund acht Zentimeter langes Gebilde aus Biokunststoff PLA in konischer Form, das lediglich 50 Gramm schwer ist. Das Konstrukt hat es in sich. Zum einen verbirgt sich darin ein zugeschnittener Metallstab mit geschliffener Spitze, auf dem zum Schutz ein Korkenstück steckt. Zum anderen eine kleine Tüte. „Vier, fünf Drehungen, auf einem Stock platziert und schon ist das Ding einsatzfähig“, erklärt Huber. Der 1996 geborene Student des Internationalen Management und der Wirtschaftspsychologie an der Fachhochschule Südwestfalen in Meschede ist in Kleinkarlbach (Landkreis Bad Dürkheim) aufgewachsen.

Die Idee zum Umweltfreund, den er auch „Pick!tUp“, nennt, kam ihm bei einem Spaziergang mit dem Stiefbruder. „Es ist zwar gut, was Du machst. Doch was ist, wenn Du Dich dabei schneidest?“, fragte er ihn beim spontanen Aufsammeln von Müll am Wegesrand. Nach insgesamt 16 Anläufen war danach der „Umweltfreund“ entstanden, beim Deutschen Patent- und Markenamt angemeldet und wird nun in Handarbeit hergestellt. Für Huber gehört das „Werkzeug“ in jede Hosentasche oder jeden Rucksack. Das Aufsammeln von Müll ist dann ganz simpel. Übrigens: Beim Fototermin im Oktober im Berntal war der Beutel nach einer knappen halben Stunde schon fast gefüllt.

Text: dot | Foto: Michael Dostal | Info: umweltfreund.earth

Verena Rappaport, Brotbäckerin

Mittwochs Sauerteige herstellen, donnerstags Hauptteige zubereiten und freitags alle Brote im Holzofen backen. Klingt nach einer Menge Arbeit, aber „eigentlich muss man gar nicht viel machen. Man lässt die Zeit für sich arbeiten“, erklärt Dr. Verena Rappaport. Die Biologin und Agrarwissenschaftlerin führt seit Mai 2020 halbtags eine kleine Holzofenbäckerei in Freinsheim. Selbst gebacken werden Brote, Baguettes, Zöpfe und Burger Buns. Das Besondere: Als Triebmittel verwendet die 57-Jährige ausschließlich eigene Sauerteige – der älteste ist sieben Jahre alt –, wodurch sie unabhängig von züchterisch bearbeiteter Hefe natürlich backen kann. „Berufsbedingt habe ich ein Bio-Chemie-Faible“, gibt Rappaport zu, „Sauerteig ist aber auch wirklich faszinierend. Über 1000 verschiedene Arten von Mikroorganismen arbeiten in ihm und je nachdem wie ich den Sauerteig führe, werden die Brote milder oder saurer.“

Die Brotbackkunst hat sich die gebürtige Westfälin vor allem autodidaktisch beigebracht. Eine Prüfung in Sachkunde im Bäckerhandwerk folgte. Rappaport ist auch Vorsitzende des 2018 gegründeten Vereins „Backhaus Freinsheim“, der einmal im Monat Hobbybäckern anbietet, ihr Brot im Holzofen zu backen. Diesen mietet Verena Rappaport jeden Freitag für ihre eigenen Backwaren. Gebacken wird effizient, nämlich erstens mit abfallender Hitze und zweitens das, was vorbestellt wird, plus ein bisschen mehr. In Brotworkshops gibt die Bäckerin Geschichten und Wissen über das Kulturgut Brot weiter.

Text: ayß | Foto: Melanie Hubach | Info: brotgeschichten.de

Olga David, Kunstmalerin

Wenn Olga David malt, dann schaltet sie komplett ab. Sie ist so vertieft in ihr Werk, dass sie die Leute, die ihr über die Schulter schauen, kaum wahrnimmt. Die Zuschauer wiederum sind gebannt von der Live-Malerei. Beispielsweise wenn die Landauer Künstlerin über den Dächern Berlins innerhalb weniger Stunden die abendliche Skyline auf eine 2 auf 1,60 Meter große Leinwand malt. Als die gebürtige Russin 1997 nach Deutschland kam, dachte sie nicht, dass sie mit der Malerei Geld verdienen würde. Sie suchte zunächst Arbeit in ihrem Beruf als Architektin und malte nebenher „alles, was ich gesehen habe: Menschen, Landschaft, Architektur“. Dann kamen die ersten Porträt-Anfragen aus dem Freundeskreis und letztendlich machte sich die diplomierte Tafelmalerin als Künstlerin selbstständig. „Das war eine sehr gute Entscheidung. Ich habe so viele Freiheiten und kann so vielfältig arbeiten.“

Der Mensch, körperlich und mit all seinen Emotionen, steht dabei im Mittelpunkt. In der figürlichen Malerei sind auch weibliche, frivole Akte ein wiederkehrendes Motiv. Ihre Werke stellt sie national und international aus. Für das Projekt „Parteimaskerade“, das Politiker mit mehrdeutigem Mundschutz zeigt, erhielt die Künstlerin 2021 ein Stipendium des Landes Rheinland-Pfalz. Abstrakte Treppenhäuser oder Maschinenteile für Unternehmen malt Olga David, wenn es in den Bereich Corporate Art geht. Ein Zuhause „für immer“ fand sie 2005 in Landau. Die Landschaft hier mit Bergen und Weingärten sei sehr schön und ihrer Heimat in Südrussland sehr ähnlich. „Fehlt nur noch das Schwarze Meer“, fügt sie augenzwinkernd hinzu.

Text: ayß | Foto: Norman Krauß | Info: olga-david.de, aparte-kunst.de

Sarah Fent, Bierbrauerin

Mit Tatendrang, Hartnäckigkeit und Kreativität entstand ihr erstes Pale Ale „Pfälzer Lusthopfen“. Sarah Fent, alias Miss Blacksheep, ist eine junge Frau, die nicht nur weiß, was sie will, sondern auch, wie sie es bekommt. Vom zweiten Corona-Lockdown zum Fernstudium gezwungen – die Mußbacherin studiert Medien- und Kommunikationswissenschaften in Mannheim – hatte sie plötzlich mehr Zeit, weil das tägliche Pendeln wegfiel. „Ich habe ein neues Hobby gebraucht. Wenn ich mich nicht beschäftige, drehe ich durch.“ Die Rettungsschwimmerin konnte keine Kurse geben und reisen war auch nicht drin. Gut, dass sie seit dem letzten Schottland-Urlaub ein Thema nicht mehr losließ: Bier brauen. „Du braust nicht bei uns im Keller“, waren die mahnenden Worte der Mutter. Mit einem alten Schlachtkessel vom Onkel, einem Grillthermometer, Zutaten aus dem Internet und nach dem Lesen einer „halben Bierbibliothek“ machte Sarah Fent genau das. „Du verkaufst aber kein Bier“, lautete der nächste mütterliche Versuch, die Tochter beim Studium zu halten. Dank Crowdfunding und Jobben auf Fuerteventura bekam die junge Bierbrauerin genug Startkapital zusammen, um im August 2021 in einer Mietbrauerei ihren ersten Sud brauen und anschließend vermarkten zu können.

„In der Pfalz bin ich die einzige Frau mit einer eigenen Biermarke. Generell gibt es wenige Frauen, die Bier brauen“, erzählt die 22-Jährige. Ihr „Pfälzer Lusthopfen“ ist ungefiltert, nicht pasteurisiert und sie verwendet nur natürliche Zutaten. Die Pfälzer Lebenslust, die Sarah Fent so sehr an der Region liebt, solle sich im Bier widerspiegeln. Gleich mit den ersten Flaschen konnte sie bei Restaurants und Taprooms landen. Ihr kleines Bierunternehmen möchte sie nebenberuflich weiter ausbauen. Ihr Studium leide nicht darunter, sie profitiere vielmehr von den Praxiserfahrungen.

Text: ayß | Foto: Kai Mehn | Info: miss-blacksheep.de

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